Gebrüder Rauh, Gräfrath

[Paula]

Die Firma "Gebrüder Rauh" mit dem Sitz in Gräfrath bei Solingen wurde 1876 [1] gegründet bezeichnete sich selbst als "Stahlwarenfabrik und Versandhaus 1. Ranges". Besonders gefällt mir ein Zitat aus einer alten Werbeanzeige: "Wir bemerken, dass nur elegante, gediegene und preiswürdige Ware zum Versand kommt".

Hier zeige ich mein Messer der Gebrüder Rauh mit der Nr.222. Leider ist die Klinge nicht mehr im Originalzustand und wurde nachbearbeitet. Soweit ich es beurteile wurde sie zu einem Geradkopf und am Erlende umgeschliffen. Über einen Großteil ihrer Länge ist sie aber (nur) noch gute 9/16 breit und die letzte Ziffer der Modellnummer xx2 deutet auf einen Ganzhohlschliff.



Die Perlmutteinlagen und floralen Verzierungen der Schalen haben es mir unmöglich gemacht, das Messer nicht mitzunehmen.


Der "verschliffene" Kopf:



So wie ich es sehe, ist das Messer immer noch ein toller und meinetwegen auch "gediegener" Rasierer. Wenn ich das nach so langer Zeit noch sage, dann hat die Firma Rauh wohl damals nicht übertrieben.

[1] https://alte-beitel.de/index.php/he...utsche-hersteller-haendler/207-rauh-gebrueder

 

[efsk]

Danke für's zeigen ud die exta Infos! Diese Alte Beitel haben mehr interessantes für uns.

 

[Paula]

Bevor ich nach den Gebr. Rauh suchte, wusste ich nicht einmal was ein Beitel ist

 

[Paula]

Weil in diesem Thread hier nichts los ist, hole ich einfach noch so einen gediegenen Rasierer raus. Diesmal wurde es ein 1/2 hohles Gebrüder Rauh #200 von ca. 1905 - 1910, welches mir in die Hände fiel.

Ich habe mich echt gefreut, dieses Rauh mit original Kopf zu finden, zum abgeschrägten Erlende sage ich ganz am Ende noch was. Die Klinge ist aus Sheffield Silberstahl und das Messer war leicht zu schärfen. Die diagonal verlaufenden Riefen stammen nicht von mir. Das habe ich so in der Art auch zuvor noch nicht gesehen. Ich bin mal gespannt, wie es rasiert. Wer es wissen will, muss dann meinen Post bei der RdT vom 27.01.2019 suchen.


Die Punze sieht etwas anders aus, als am 222 vom Post zuvor. Das Firmenlogo ist aber gleich. Vielleicht haben sich die Brüder zerstritten und deswegen steht bei dem Messer oben nur noch "Rauh" drauf. Die Schalen sind aus Kunststoff und haben so eine Art Maserung.


Der Beschreibung nach, sollte es 1/2 hohl sein. Vielleicht wurde es aber mal nachgeschliffen (siehe diagonale Riefen oben) und ist eher 3/4. Die Hohlung misst 9/16, so ungefähr.

So, hier ist dann der ernste Teil vorbei.

Jetzt wird es interessant: Der original Preis war 1,50 Mark. Das war damals die sogenannte Goldmark, die bis 1923 gültig, und deren Wert ursprünglich(!) in Gold gedeckt war. 1,50 Mark in 1910 entsprächen heute (2019) so ungefähr einem Wert von 8€. Zum Vergleich: Für 9€ gibt es heute einen Gillette Fusion 5, das Griffstück mit einem 5 Klingen Systemkopf. Da will ich mal sehen, ob jemand einen gebrauchten Fusion in hundert Jahren noch mal wieder flott macht.

Und jetzt kommt meine Schande. Eigentlich war ich mit dem groben Schmirgeln schon fast fertig und war wohl schon in Gedanken bei der gediegenen Rasur, als es plötzlich "Pling" machte und ich eine Ecke aus der Klinge raus gebrochen hatte. Die sah nämlich noch ganz ordentlich aus, als ich das Messer kaufte. So war der Fundzustand:

Da war das Erlende der Klinge noch in Ordnung. Damit klärt sich auch, weshalb die Klinge jetzt am Erlende abgeschrägt ist. Daran bin ich Schuld, habe aber die Scharte ganz gut selbst ausgewetzt. Beim nächsten Mal passe ich besser auf.

 

[SolingerStahl]

Kann ja wohl nicht sein, daß es ausser @Paula 's gezeigten Messern seit 4 Jahren hier keines mehr der Gebr.Rauh gegeben hat...
Schliesslich hat RAUH den deutschen Markt um die Jahrhundertwende herum mit Rasiermessern , sowie anderen Stahl- u. Schneidwaren geradezu überschwemmt...!

Hier ein Auszug aus dem Versandkatalog Nr.31 von 1911



und hier einige RAUH Rasiermesser aus meiner Sammlung

 

[MaydayGuard]

seit 4 Jahren hier keines mehr der Gebr.Rauh gegeben hat...

...wie auch? Die schönsten scheinst Du Dir ja gesichert zu haben.
Im Ernst, die gefallen mir alle gut .

 

[METRO]

Wow, die Schalen haben es mir angetan.

 

[SolingerStahl]

Wow, die Schalen haben es mir angetan.

Na die schwarzen Schalen aus Bakelit sind's bestimmt nicht... ... wohl eher die Hornheftschalen mit geschnitzten und schwarz eingefärbten Elementen...
Die scheint RAUH sich damals exklusiv irgendwo beschafft zu haben, denn nirgendwo anders habe ich sie je gesehen...

Mit scharfen Grüßen aus der Klingenstadt
Rainer

 

[Paula]

Weil der Link im Eingangsposting nicht mehr funktioniert, habe ich mal schnell recherchiert, ob sich evtl. eine andere Quelle finden lässt, aus der hervorgehen könnte, seit wann es die Fa. Rauh gab.

Auszug aus dem "Handbuch der Leistungsfähigkeit der gesammten Industrie Deutschlands, Oesterreichs Elsass-Lothringens und der Schweiz, Band 1 Von Christoph Sandler · 1873" gefunden auf: Google Books

Dort wird das Jahr 1840 für die Gründung der "J. Wilh. Rauh, Stahl- und Eisenwaarenfabrik (sic.)" angegeben. Der Schnipsel ist zwar kein Beleg für das oben angegebene Gründungsjahr von 1876 der Fa. Gebrüder Rauh, aber es wäre zumindest denkbar, daß es sich bei den Gebrüdern Rauh um Nachkommen von Joh. Wilhelm Rauh handelt und das gediegene Versandhaus I. Ranges von 1876 aus der "J. Wilh. Rauh, Stahl- u. Eisenwaarenfabrik" hervorgegangen ist. Immerhin wurden dort schon 1873, also 3 Jahre vor 1876 Rasirmesser hergestellt, wie der Schnipsel belegt.

Hornheftschalen mit geschnitzten und schwarz eingefärbten

Wow, die sind echt hammergeil!

 

[SolingerStahl]

Weil der Link im Eingangsposting nicht mehr funktioniert, habe ich mal schnell recherchiert, ob sich evtl. eine andere Quelle finden lässt, aus der hervorgehen könnte, seit wann es die Fa. Rauh gab.

Auszug aus dem "Handbuch der Leistungsfähigkeit der gesammten Industrie Deutschlands, Oesterreichs Elsass-Lothringens und der Schweiz, Band 1 Von Christoph Sandler · 1873" gefunden auf: Google Books

Dort wird das Jahr 1840 für die Gründung der "J. Wilh. Rauh, Stahl- und Eisenwaarenfabrik (sic.)" angegeben. Der Schnipsel ist zwar kein Beleg für das oben angegebene Gründungsjahr von 1876 der Fa. Gebrüder Rauh, aber es wäre zumindest denkbar, daß es sich bei den Gebrüdern Rauh um Nachkommen von Joh. Wilhelm Rauh handelt und das gediegene Versandhaus I. Ranges von 1876 aus der "J. Wilh. Rauh, Stahl- u. Eisenwaarenfabrik" hervorgegangen ist. Immerhin wurden dort schon 1873, also 3 Jahre vor 1876 Rasirmesser hergestellt, wie der Schnipsel belegt.

Knapp vorbei, aber nicht ganz daneben...

Joh.Wilh. RAUH (auch im Handelsregister 1862 Am Schlagbaum-Solingen mit Proc. Wilh.Otto Rau erwähnt) und Friedr.Wilh. RAU (1860 Ittertal, Wald-Solingen) bildeten ca. 1899 die GEBR. RAUH mit der Betriebsstätte in Gräfrath-Solingen. Ein genaues Gründungsdatum ist nirgends zu finden. Die Wortmarke BRILLIANT und das Zeichen GRG(Messer schneidet Zweig)imDreieck wurden aber erst 1900 registriert.

Carl RAUH bewarb aber bereits 1897 seinen Versand-Geschäft für Solinger Stahlwaaren.



F.W.RAU produzierte ab 1883 die Halbwaren im neuen Betrieb an der Foche-Solingen und GEBR.RAU (wohl Wilh.Otto Rauh + Carl Rauh) stellten sie in Gräfrath fertig.

Das hier und da erwähnte Gründungsdatum 1876 bezieht sich auf die GEBR.RAUH G.M.B.H. (GERAO) Messerschlägerei-Stahlwarenfabrik-Metallgiesserei, Hildener Str.25, Ohligs-Solingen und wird oft mit GEBR. RAUH in Gräfrath verwechselt, war aber auch nur ein Zulieferbetrieb wie F.W.RAUH.



Hier zur Ergänzung die Geschichte von F.W. RAUH Foche-Solingen

Mit scharfen Grüßen aus der Klingenstadt
Rainer