Philipp78
Very Active Member
Vor einiger Zeit hatte ich mal kurz über ebay angeboten, Rasiermessern zu schärfen. Vor kurzem hat mich @panchoa bezugnehmend auf dieses Angebot kontaktiert, ob ich nicht zwei seiner Rasiermesser wieder auf Vordermann bringen kann.
Da es dabei nicht nur ums Schärfen, sondern auch um Rost zu entfernen ging, stelle ich das Thema hier unter Restaurierungen ein.
Die Patienten sind ein Artur Müller 4/8 und ein 5/8-er Tula (Erbstück, soweit ich es richtig behalten habe).
Hab leider versäumt die Vorher-Fotos zu machen, aber der panchoa konnte mir damit freundlicherweise aushelfen
Dank dem Beitrag vom @Matchbox (Danke! ) aus diesem Thread (https://forum-der-rasur.de/forum/threads/meine-restaurierungen.3705/#post-89960) bin ich auf Pertoleum als Mittel zur Entrostung gestoßen und nach einigem Googlen hab mich für diese schonende Medizin entschieden. (Hatte schon mal eine Erfahrung mit Essig an ein paar meiner Klingen gemacht, Essig frisst nämlich nicht nur den Rost, sondern auch den Stahl sehr gern )
Tula hatte recht viel Rost am Erllager, so musste eine Niete dran glauben, beim Artur Müller, war das Abmontieren der Schalen nicht notwendig.
Kurz gesagt, das Entrosten mit Pertoleum geht ganz einfach: ins Pertoleum einlegen, ab und an herausholen und die losen Rostteile schonend (z.B. mit einer Messing-Bürste oder feiner Stahlwolle) entfernen. Das Ganze erfordert aber etwas Geduld, da das Wundermittel Zeit braucht, um unter den Rost zu kriechen, und es abzulösen. Nach guten 4 Tagen habe ich die Klingen dann noch mit einer Progression aus feinem Schleifpapier sehr leicht anpoliert. Damit die verbliebenen Rauheiten auf dem Stahl vor erneutem rosten etwas zu schützen, habe ich sie mit Leinölfirnis versiegelt.
Für etwas mehr Details habe ich Video aufgenommen:
OK, nun gehört der Tula wieder "zusammengeschraubt", so hab ich's gemacht:
Das Schärfen vom Artur Müller
Artur Müller ist mir zwar durch etwas weniger hochwertig anmutende Schalenmaterial irritiert, die Klinge hat sich aber als sehr hochwertiges herausgestellt. Das Messer hat ein leichtes Lächeln, sehr dünn ausgeschliffene Holung und sehr schmale, feine und gleichmäßige Facetten. Die Klinge hat auch ein meinem Lein-Gurt ab und zu „gesungen“, das hab ich bei einem 4/8-Rasiermesser bisher nie gesehen.
Der Ausgangszustand der schneidkante war sehr gut, ich konnte keine Scharten/"Chips" finden.
Hier mal ein Bild mit 160-facher Vergrößerung:
Zum schärfen vom Artur Müller kamen folgende Abrasive zum Einsatz:
- 3000-er Schleifpapier zum initialen Stumpfmachen, sowie zum "Abziehen" nach dem erstmaligen setzen der Facetten.
- ein grober Kretischer Ölstein zum eigentlichen Setzen der Facetten. Der Stein war mal hell-grau, ist der schnellste aber auch der gröbste von meinen Kreter, hinterlässt gern mal einen Sägezahn, wenn man darauf etwas herzhafter zur Sache geht Zum Schärfen habe ich den Stein nicht mit Öl, sondern auf Wasser + den kretischen Anreiber verwendet.
- Japaner Ohzuku Asagi zum verfeinern der Facetten (mit Anreibern: Mejiro Mikawa Asano Nagura und Kiita Tomo Nagura ) und für den Finisch auf Wasser.
Die kurzen Videos, die ich ab und zu beim Schärfen gedreht hab, hab ich in diesem Clip zusammengeschnitten:
Noch ein finales Bild der Schneide nach dem Schärfen:
Das Erbstück Tula 5/8
Die Schneidkante des Tulas war in einem deutlich schlechteren Zustand und hatte recht viele, teils sehr große Ausbrüche. Hier mal eine Aufnahme, diese scharte ist sehr deutlich mit bloßen Auge erkennbar.
Beim Tula war das Schärf-Setup ähnlich:
- 3000-er Schleifpapier, um die Scharten herauszuarbeiten sowie zum "Abziehen" nach dem erstmaligen setzen der Facetten.
- ein grober Kretischer Ölstein zum eigentlichen Setzen der Facetten. Der Stein war mal hell-grau, ist der schnellste aber auch der gröbste von meinen Kreter, hinterlässt gern mal einen Sägezahn, wenn man darauf etwas herzhafter zur Sache geht
- Thüringer Brocken für den finisch
- Japaner Ohzuku Asagi, wurde während des Prozesses doch hinzugefügt, da ich festgestellt hab, dass ich nicht in der Lage war, mit dem Thüringer dort anzufangen, wo der Kreter aufgehört hatte. Der jnat hat die Aufgabe ganz gut gemeistert.
nach dem Finisch habe ich festgestellt, dass die Schneide an "der Ferse" nicht bis zur kante durchgeschärft war (Merkzettel an Philipp: künftig mehr darauf schon in den vorherigen Schärfschritten achten), also bin ich wieder zurück auf den Ohzuku mit schleim, die Stelle durchschärfen (hat doch einiges an Zeit in Anspruch genommen), zum Schluß immer noch auf dem Ohzuku die Stelle mit dem Rest der Klinge "verblenden", dann verdünnen und erneut auf dem Thüringer finishen.
Hier das Schärf-Video:
Hier auch noch mal ein Bild der Schneide nach dem Schärfen:
Die Messerchen sind inzwischen wieder auf dem Weg zu ihrem Besitzer.
@panchoa, ich wünsche dir viel Spaß damit und auch einen erfolgreichen Einstieg in das Rasiermesser-Abenteuer!
Philipp
Da es dabei nicht nur ums Schärfen, sondern auch um Rost zu entfernen ging, stelle ich das Thema hier unter Restaurierungen ein.
Die Patienten sind ein Artur Müller 4/8 und ein 5/8-er Tula (Erbstück, soweit ich es richtig behalten habe).
Hab leider versäumt die Vorher-Fotos zu machen, aber der panchoa konnte mir damit freundlicherweise aushelfen
Dank dem Beitrag vom @Matchbox (Danke! ) aus diesem Thread (https://forum-der-rasur.de/forum/threads/meine-restaurierungen.3705/#post-89960) bin ich auf Pertoleum als Mittel zur Entrostung gestoßen und nach einigem Googlen hab mich für diese schonende Medizin entschieden. (Hatte schon mal eine Erfahrung mit Essig an ein paar meiner Klingen gemacht, Essig frisst nämlich nicht nur den Rost, sondern auch den Stahl sehr gern )
Tula hatte recht viel Rost am Erllager, so musste eine Niete dran glauben, beim Artur Müller, war das Abmontieren der Schalen nicht notwendig.
Kurz gesagt, das Entrosten mit Pertoleum geht ganz einfach: ins Pertoleum einlegen, ab und an herausholen und die losen Rostteile schonend (z.B. mit einer Messing-Bürste oder feiner Stahlwolle) entfernen. Das Ganze erfordert aber etwas Geduld, da das Wundermittel Zeit braucht, um unter den Rost zu kriechen, und es abzulösen. Nach guten 4 Tagen habe ich die Klingen dann noch mit einer Progression aus feinem Schleifpapier sehr leicht anpoliert. Damit die verbliebenen Rauheiten auf dem Stahl vor erneutem rosten etwas zu schützen, habe ich sie mit Leinölfirnis versiegelt.
Für etwas mehr Details habe ich Video aufgenommen:
OK, nun gehört der Tula wieder "zusammengeschraubt", so hab ich's gemacht:
Das Schärfen vom Artur Müller
Artur Müller ist mir zwar durch etwas weniger hochwertig anmutende Schalenmaterial irritiert, die Klinge hat sich aber als sehr hochwertiges herausgestellt. Das Messer hat ein leichtes Lächeln, sehr dünn ausgeschliffene Holung und sehr schmale, feine und gleichmäßige Facetten. Die Klinge hat auch ein meinem Lein-Gurt ab und zu „gesungen“, das hab ich bei einem 4/8-Rasiermesser bisher nie gesehen.
Der Ausgangszustand der schneidkante war sehr gut, ich konnte keine Scharten/"Chips" finden.
Hier mal ein Bild mit 160-facher Vergrößerung:
Zum schärfen vom Artur Müller kamen folgende Abrasive zum Einsatz:
- 3000-er Schleifpapier zum initialen Stumpfmachen, sowie zum "Abziehen" nach dem erstmaligen setzen der Facetten.
- ein grober Kretischer Ölstein zum eigentlichen Setzen der Facetten. Der Stein war mal hell-grau, ist der schnellste aber auch der gröbste von meinen Kreter, hinterlässt gern mal einen Sägezahn, wenn man darauf etwas herzhafter zur Sache geht Zum Schärfen habe ich den Stein nicht mit Öl, sondern auf Wasser + den kretischen Anreiber verwendet.
- Japaner Ohzuku Asagi zum verfeinern der Facetten (mit Anreibern: Mejiro Mikawa Asano Nagura und Kiita Tomo Nagura ) und für den Finisch auf Wasser.
Die kurzen Videos, die ich ab und zu beim Schärfen gedreht hab, hab ich in diesem Clip zusammengeschnitten:
Noch ein finales Bild der Schneide nach dem Schärfen:
Das Erbstück Tula 5/8
Die Schneidkante des Tulas war in einem deutlich schlechteren Zustand und hatte recht viele, teils sehr große Ausbrüche. Hier mal eine Aufnahme, diese scharte ist sehr deutlich mit bloßen Auge erkennbar.
Beim Tula war das Schärf-Setup ähnlich:
- 3000-er Schleifpapier, um die Scharten herauszuarbeiten sowie zum "Abziehen" nach dem erstmaligen setzen der Facetten.
- ein grober Kretischer Ölstein zum eigentlichen Setzen der Facetten. Der Stein war mal hell-grau, ist der schnellste aber auch der gröbste von meinen Kreter, hinterlässt gern mal einen Sägezahn, wenn man darauf etwas herzhafter zur Sache geht
- Thüringer Brocken für den finisch
- Japaner Ohzuku Asagi, wurde während des Prozesses doch hinzugefügt, da ich festgestellt hab, dass ich nicht in der Lage war, mit dem Thüringer dort anzufangen, wo der Kreter aufgehört hatte. Der jnat hat die Aufgabe ganz gut gemeistert.
nach dem Finisch habe ich festgestellt, dass die Schneide an "der Ferse" nicht bis zur kante durchgeschärft war (Merkzettel an Philipp: künftig mehr darauf schon in den vorherigen Schärfschritten achten), also bin ich wieder zurück auf den Ohzuku mit schleim, die Stelle durchschärfen (hat doch einiges an Zeit in Anspruch genommen), zum Schluß immer noch auf dem Ohzuku die Stelle mit dem Rest der Klinge "verblenden", dann verdünnen und erneut auf dem Thüringer finishen.
Hier das Schärf-Video:
Hier auch noch mal ein Bild der Schneide nach dem Schärfen:
Die Messerchen sind inzwischen wieder auf dem Weg zu ihrem Besitzer.
@panchoa, ich wünsche dir viel Spaß damit und auch einen erfolgreichen Einstieg in das Rasiermesser-Abenteuer!
Philipp