kaidecologne
FdR-Pate

Southern Witchcrafts ist ein verhältnismäßig junger Hersteller veganer Körperpflegeprodukte. Seit 2017.
Ich bin nicht sehr vertraut mit der Szene nordamerikanischer Seifenmacher und will nicht ausschließen, daß irgendeine superfoamy hyperglide Soapbase mit kaltgepresstem Groundhog Fat existiert, die diesen Seifen überlegen ist, aber wenn ich die mir bekannten Seifen zum Vergleich heranziehe, dann müssen die Southern Witchcrafts diesen Vergleich nicht scheuen.
Für die Probeschäume kam ein Synthetikpinsel (Black Fibre) zum Einsatz, der die Düfte nicht so annimmt, und obwohl ich sehr mit dem Material knauserte (maximal Erbsengröße) hätte ich mich mit dem entstandenen Schaum gut rasieren können.
Die Konsistenz ist weich, der Schaum eher fett, die Beduftung recht üppig, aber das sind Eigenschaften, die wohl jeder für sich als positiv oder negativ gewichten muss. Gemein ist den Seifen eine Art Unterton, eine Familienähnlichkeit, die ich leicht süßlich nennen würde.
Mein Interesse an den Seifen wurde durch diverse Rezensionen geweckt, die sich an den Düften schieden, welche mitunter speziell sind. Und hier wird es dann auch kompliziert. Wie kann ich die Düfte beschreiben?
Ich greife bei den mir zur Verfügung stehenden Seifen zunächst die offiziellen Beschreibungen mit auf, deren Inspiration zum Teil recht ungewöhnlich ist - auch etwas, das den Reiz für mich ausmacht -, um dann kurz meine Eindrücke zu schildern.
Zu beziehen sind die Seifen außer bei Southern Witchcrafts in Georgia auch bei Maggard Razors.
Alchemist
Ein komplexer Duft, der sich während der Verwendung wandelt. Bilder eines Laboratoriums, wo die Grenzen von Wissenschaft und Natur auf die Probe gestellt werden.
Geruchsnoten: Bergamotte, grün-florale Noten (Rosenstiele, Efeublätter, Hyazinthe), Sandelholz, Fungus, Birkenteer, Myrrhe, Amber, Leder, Plumeria (Frangipani), Rauch.
Blumig? Ein bißchen rauchig? Der Duft lässt sich von mir nicht aufdröseln. Ich finde ihn warm und ganz angenehm, wobei der Blumigkeit eine gewisse Stickigkeit innewohnt.
Autumn Ash
Ein exeplarischer Herbstduft. Dunkel und harzig. Ein würzig, dreckig, rauchig, süßer Akkord, der den Duft von Herbstluft einfängt
Geruchsnoten: Ahorn, Gewürze, Rauch, Amber, Zeder, Oud, Regen, Pflaume, Brombeere, Asche, Birkenteer, Kürbis, Kaffee, Erde, Mehltau.
Oh, ja! Dunkel. Harzig. Dreckig. Das trifft es. Rauch und überreife Früchte. Die gärende Süße des Herbstes. Genau mein Ding.
Desairology
Ein Begriff aus der Bestattungskosmetik. Speziell: das Frisieren Verstorbener. Ein etwas morbide Variante klassischen Barbershop Duftes.
Geruchsnoten: Sandelholz, Moschus, Eichenmoos, Zitrus, Lavendel, Vanille, Oud, weißer Salbei, Palo Santo, Gardenie.
Noch ein Treffer. Barbershop mit einem gewissen Dreh. Palo Santo riecht sehr eigen, Gardenie ebenfalls. Beide sind zu vernehmen und... naja. Man mag es, oder auch nicht.
Druantia
Thematisch an das Yulfest angelehnt. Beschrieben als perfekter Duft für knackige Wintertage.
Geruchsnoten: Zeder, Eichenmoos, Rosenholz, Moos, Zypresse, Tabak, Fungus, Sandelholz, Matsutake, Myrrhe, Amber, Orange, Ingwer.
Holzig. Fruchtig. Warm. Zunächst meinte ich Zimt zu riechen, aber der ist gar nicht enthalten. Nächste Assoziation: Fruchtpunsch, weil die Orange ein wenig hervortritt. Ansonsten kann ich höchstens noch Myrrhe erahnen (mir einbilden). Sehr angenehmer Duft, der irgendwie edel wirkt und mich ganz entfernt an ein Parfüm von Lubin erinnert. Welches war es bloß?
Lycanthropy
Die Überschreitung menschlicher Grenzen durch eine animalistische Tranformation in einem duftenden mitternächtlichen Garten im Licht des Vollmondes.
Geruchsnoten: Tanne, Flieder, Moschus, Mehltau, Moos, ägyptischer Jasmin, Palo Santo, weißer Salbei, Ozon.
Die Beschreibung ließ mich die Stirn runzeln: „Werwölfe also...“
Wobei ich sagen muss, diesen Werwolf stelle ich mir als sehr gut gekleidet vor: Beau Brummel mit einem Fell. Flieder hat es etwas schwer bei mir, ich bekomme Kopfschmerzen, wenn ich nur an Lilac Vegetal denke, aber zugleich mag ich seine alles überwältigende Art – er macht keine Gefangenen. Zusammen mit Jasmin eigentlich kaum vorstellbar, hier stecken die beiden aber in einem ätherisch anmutenden Korsett, das ihnen die Biestigkeit nimmt. Gefällt mir, riecht nach Sommernacht.
Necromantic
Ein einzigartiger Duft, der Bilder von Liebe, Romantik und Tod evoziert. Perfekt für eine Rasur auf dem Friedhof.
Geruchsnoten: Rose, Blauregen (Glyzinie), Honig, Rotwein, Erde, Ozon.
Schwülstig honigsüße Rosen. Schwere Blumigkeit, als stünden diese schon zu lange in ihrer Vase. Blumenladen, Leichenhalle, Boudoir? Bin hin- und hergerissen. Anziehung und ein Gefühl von „das ist zuviel“.
Samhain
Wie der Name schon sagt: ein Herbstduft. Das Fest, welches den Beginn der dunklen Jahreszeit ankündigt. Erntedank und Ende des Sommers.
Geruchsnoten: Bourbon, Tabak, Kürbis, Sandelholz, Muskat, Oud, Weihrauch, Amber, Vanille, Haselnuss, verkohltes Holz, Moschus.
Kürbis. Natürlich. Ohne geht es in den VS wohl nicht. Allerdings ist dieser wirklich zum Anbeißen. Bourbongeschwängerte Süße mit einer leichten Würze. Etwas nussig. Lecker, aber dabei nicht gar so schrecklich süß. Mein Geheimfavorit.
Tres Matres
Eine Hommage an Dario Argentos Suspiria bzw. dessen Muttertrilogie (Suspiria, Horror Infernal, Mother of Tears). Ein floraler Akkord auf einer Petrichor Basis mit zitrischen Kopfnoten.
Geruchsnoten: Amber, Eichenmoos, feuchte Erde, Rosenholz, Lavendel, Mandel, Drachenwurz (Calla), Baumwolle, Aldehyde, Grapefruit, Ingwer, Ambra, Ozon, Pfirsich.
Kopfschmerz, here we go. Das ist mir jetzt wirklich zuviel. Sehr matronenhaft. In einer Weise stickig, daß ich die Fenster aufreissen möchte. Beklemmend.
Valley of Ashes
Basierend auf den Beschreibungen des Valley of Ashes von Francis Scott Fitzgerald in 'The Great Gatsby'.
Geruchsnoten: Kohle, Teer, Bourbon, Tabak, Bitterorange, Rauch, Leder, Motoröl, brennender Gummi, Diesel, Gewürznelke, Birkenteer, Bergamotte.
Ich hatte viel Rauch erwartet und einen fast monothematischen Duft irgendwo zwischen Birkenteer und Encre Noire, aber der erste Hauch war unerwartet süß. Aufgeschlagen entwickelt sich tatsächlich eine Anmutung wie von Motoröl, dabei etwas metallisch. Und ja, auch etwas kokeliger Rauch. Wobei das Ganze nicht so extrem ist, wie es klingt. Zitrusnoten und Nelke machen schon klar, daß es sich hier um ein Kosmetikprodukt handelt. Gefällt mir nach einem ersten Schauder richtig gut.