W. Holzhauer, Marburg (Teil II) — Die Firma W. Holzhäuser 1868 bis 20. Jahrhundert
Bei der weiteren Recherche konnte ich auf einige Adressbücher der Stadt Marburg zurückgreifen.
Das Adressbuch von 1868 ist das älteste zugängliche und wurde von Kollege
@Brille bereits erwähnt. Wann genau die Firma „W. Holzhauer“ gegründet wurde und ob sie unter Umständen vom Vater oder sogar vom Großvater übernommen wurde und dann in „W. Holzhauer“ umbenannt wurde, konnte ich nicht ermitteln.
Folgender zeitlicher Ablauf kann anhand der Marburger Adressbücher nachvollzogen werden:
Im
Adressbuch 1868:
Holzhauer, Wilh., chirurg. Instrumentenmacher, Lager chirurg. Instrumente, sowie Stahlwaren, Renthof 341.
Im
Adressbuch 1884 ist Wilhelm noch Firmeninhaber mit der neuen Anschrift Neustadt 2, während sich dann
im
Adressbuch 1887 folgendes findet:
Holzhauer, J., Instrumentenmacher (Firma: W. Holzhauer), Neustadt 2
Holzhauer, W., Rentier, Hainweg 8
Hier einmal beispielshaft eine Kopie aus dem Adressbuch von 1887:
J. Holzhauer steht für Jacob Holzhauer. Wie die verwandtschaftlichen Beziehungen zu (Christoph) Wilhelm Holzhauer waren, konnte ich nicht ermitteln. Anhand von Informationen aus dem Internet gehe ich davon aus, dass Wilhelm nicht verheiratet war und keine Kinder hatte, so daß wahrscheinlich jemand aus dem breiten Marburger Verwandtenkreis die Firma übernommen hat. Alternativ kann ich nicht ausschließen, dass die Informationen im Internet zu lückenhaft sind und es sich bei Jacob doch um einen Sohn handelt. Der Zeitpunkt der Übernahme muß zwischen 1884 und 1887 gelegen haben. Ab dann ist Wilhelm „Rentier“ (Rentner).
Aus 1887 stammt auch die folgende Anzeige:
Es wurden seinerzeit also neben chirugischen Instrumenten bereits orthopädische Maschinen und künstliche Extremitäten hergestellt.
Im
Adressbuch 1889 trägt Jacob die Berufsbezeichnung „Fabrikant“.
Laut
Adressbuch 1896 gibt es in Marburg drei chirurgische Instrumentenmacher: Dula, Holzhauer und Vogel.
Der Name Wilhelm Holzbauer taucht letztmalig auf, was zum o.g. Todesjahr 1896 paßt.
1905 findet sich im Adressbuch der Eintrag Holzhauer, Jacob, Fabrik., Steinweg 1. Die neue Adresse soll einige Jahrzehnte bestehen bleiben. Es taucht gleichzeitig ein (anderer) Wilhelm Holzhauer auf, der in der Wettergasse 21 wohnt und Ober-Postassistent ist und vermutlich nicht zum engsten Familienkreis gehört.
Hier einmal eine Anzeige aus dem Zentralblatt für Chirurgie, 36. Jahrgang (Leipzig 1909). Rasiermesser scheinen nicht der Schwerpunkt des Portfolios zu sein
.
Adressbuch 1910: Holzhauer, Jakob (diesmal mit k geschrieben), Fabrikant, Firma: Wilh. Holzbauer, Fabrik med. Bedarfsartikel, Steinweg 1
Auch 1915 ist Jakob Holzhauer noch Firmeninhaber, aber es taucht jetzt auch der Kaufmann Wilhelm Holzhauer auf, dessen Adresse ebenfalls mit Steinweg 1 angegeben ist.
Zwischen 1915 und 1921 findet erneut ein Inhaberwechsel statt: Adressbuch 1921: Wilh. Holzhauer, Fabrik chirurg. Instrumente, Inh. Wilhelm und Gottlieb Holzhauer
Die weitere Suche habe ich mit größeren zeitlichen Abständen betrieben und nur noch stichprobenartig in den Adressbüchern nachgeschlagen.
Adressbuch 1936/1937: Hildegard Holzhauer, Witwe des Fabrikanten, Wilhelm-Roser Straße 5 (Mitinhaberin der Firma Wilh. Holzhauer, Steinweg 1).
Adressbuch 1953/1954: Holzhauer, Wilhelm, Chirurgie- und Orthopädie-Mechanik, Steinweg 1; im Branchenverzeichnis findet sich „Orthopädische Werkstätten“
Im
Branchenverzeichnis 1969 findet sich der Eintrag Orthop. Werkstätten, W. Holzhauer oHG, Steinweg 1.
Im
Telefon-/Branchenverzeichnis von 1989/1990 taucht das Unternehmen nicht mehr auf.
Das könnte man bestimmt zeitlich noch weiter einschränken, aber mein Bedarf an Recherche war für den Marburger Zweig hiermit erst einmal gedeckt.
Aus speziellem Anlaß heraus habe ich versucht, noch über einen anderen Zweig der Holzhauer Sippe Informationen zu bekommen. Dazu dann mehr in Teil III.
Fazit: Die Firma W. Holzhauer Marburg war ein Hersteller für chirurgische Instrumente und Orthopädie-Produkte. Nach meiner Einschätzung dürften Rasiermesser nur eine untergeordnete Rolle gespielt haben. Vielleicht findet man sie deshalb relativ selten. Ich wage zu bezweifeln, daß die hergestellten Rasiermesser in Konkurrenz zur Solinger Schneidwarenindustrie stehen sollten und daß sie für die tägliche Rasur gedacht waren. Ich würde stattdessen vermuten, daß ihr Einsatzzweck die Entfernung von Körperbehaarung vor operativen Eingriffen war und sie zur Komplettierung des Portfolios von chirurgischen Instrumenten angeboten wurden. Das ist eine ganz persönliche Einschätzung, die ich aber nicht belegen kann.