Forum der Rasur

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W. Wielpütz - Prunus-Werk

MaydayGuard

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Rasiermesser von Walter Wielpütz findet man eher selten. Über diesen Solinger Hersteller gibt es kaum Informationen im Internet oder in Rasiermesser-Foren. Die einzige Quelle, die ich finden konnte, ist eine private Home-Page, auf der eine Reise des Fabrikanten von Solingen nach Ägypten beschrieben wird, die er 1923 antrat, um seine Rasiermesser in Alexandria und Kairo zu verkaufen.
Die Fabrik befand sich in Solingen in der Beckmannstraße 73.

Ich bekam dieses Messer mit der Klingennummer 79 über ein kleineres Konvolut, das ich vor ein paar Monaten kaufen konnte. Das Messer kam altersgemäß mit einigem Rost und die Klinge mit dem französischen Kopf hatte einen Ausbruch, den ich unter Erhalt des auf die Klinge geätzten Motivs beseitigen konnte. Auf diesem Bild ist der Ausbruch kenntlich gemacht.

W_Wielpütz_vorher_0003-2.JPG


Es gelang den größten Teil des Rosts zu entfernen, lediglich auf der Vorderseite der Klinge mußte ich etwas Rost belassen, um das Klingenmotiv nicht weiter zu beschädigen.
Das Original-Etui ist in einen erstaunlich guten Zustand. Hier ein paar Bilder:

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Hier noch Foto des Gebäudes, in dem sich die ehemalige Fabrik befand:

W_Wielpuetz_Fabrik_Solingen_Beckmannstraße_73_0003.JPG
 
Noch ein Nachtrag: Ich habe ein Rasiermesser, bei dem ich den Hersteller nicht kenne. Die Prägung "SOLINGEN EXTRA" auf dem Erl hilft nicht weiter.
Interessanterweise hat es genau das gleiche Klingenmotiv, wie das W. Wielpütz Prunus 79. Da es ursprünglich ein Reise-Etui aus Kunststoff hatte, würde es in die gleiche Zeit verorten. Ich kann nicht einschätzen, ob genau dieses Klingenmotiv noch von anderen Solinger Herstellern verwendet wurde, ansonsten könnte dieses Messer auch aus dem Prunus-Werk stammen.

2021-07-19_Solingen_Extra_0001.JPG
 
Interessanterweise hat es genau das gleiche Klingenmotiv, wie das W. Wielpütz Prunus 79. Da es ursprünglich ein Reise-Etui aus Kunststoff hatte, würde es in die gleiche Zeit verorten. Ich kann nicht einschätzen, ob genau dieses Klingenmotiv noch von anderen Solinger Herstellern verwendet wurde, ansonsten könnte dieses Messer auch aus dem Prunus-Werk stammen.
Zwischenzeitlich habe ich festgestellt, daß das Klingenmotiv keinen Hinweis auf den Hersteller gibt, da es auf dem Klingen von mehreren Herstellern zu finden ist, u.a. auf dem Robert Klaas-Messer, daß der Kollege @The Celebrated hier vorgestellt hat:
 
Über diesen Solinger Hersteller gibt es kaum Informationen im Internet oder in Rasiermesser-Foren.
Über die Firma W. Wielpütz ist in der allgemein zugänglichen Literatur wenig bekannt. In dem Werk „J. Anthony Carter: German Knife and Sword Makers, The definitive directory of makers and marks, from 1850 to 1945, International Military Antiques, Inc., 2015“ wird sinngemäß Folgendes geschrieben:

W. Wielpütz, Prunus-Stahlwarenfabrik; Solingen, Beckmannstraße 73, 1920 -39.
Markenname: PRUNUS-SOLINGEN; Markenzeichen: ein Pflaumenbaumabschnitt zwischen PRUNUS oben und SOLINGEN unten.
Der von Walter Wielpütz gegründete metallverarbeitende Betrieb stellte Besteck, Rasiermesser, Scheren, Taschenmesser sowie Brot-, Fleisch- und Gemüsemesser her. Sonst ist nichts bekannt, und es wird angenommen, dass der Handel entweder gegen Ende oder unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg eingestellt wurde.


Bei meinen Recherchen hatte ich das Glück, mit jemandem in Kontakt zu kommen, dessen Frau eine geb. Wielpütz ist und der mir freundlicherweise Unterlagen aus dem Archiv seiner Familie zur Verfügung gestellt hat. Dabei konnte ich einiges über die Familien- und Firmengeschichte erfahren. Entgegen der oben genannten Quelle existierte das Prunus-Werk auch nach dem Zweiten Weltkrieg bis 1978 weiter.

Um das Wissen über diesen Aspekt der Industriegeschichte Solingens in Erinnerung zu halten, habe ich um die Genehmigung gebeten, Auszüge hier in dem Forum der Rasur zu veröffentlichen. Diese Genehmigung wurde mir gegeben.
Außerdem bekam ich Briefpapier und Briefumschlag des Prunus-Werks im Original für meine eigenen Unterlagen geschenkt, beide stelle ich hier als Bild ein.

Prunus-Briefkopf.jpg


Prunus-Briefumschlag.jpg
 
Zusammenfassung der Familiengeschichte von Walter Wielpütz

Der Kaufmann Ernst Wielpütz wohnte um 1920 in der Weyerstraße 19 in Solingen-Merscheid. Ernst Wielpütz und seine Frau Clara waren auch die Besitzer des Hauses Beckmannstraße 73, in dem sich später das "Prunus"-Werk befand. Ernst und Clara Wielpütz hatten drei Söhne und wohl zwei Töchter. Die Söhne hießen Walter, Cuno und Richard. Richard Wielpütz gründete eine Stahlwarenfirma, Walter war als Fabrikant ebenfalls im Stahlwarengeschäft tätig und Cuno arbeitete als Handelsvertreter in der Stahlwaren-Branche.

Über die sich dem Militärdienst anschließende Ausbildung von Walter Wielpütz (*6.5.1888 in Solingen †2.12.1968 in Solingen) ist nichts bekannt. Im Februar 1912 heiratete er in Solingen seine Frau Elfriede Busbach (*3.12.1891 in Solingen †9.2.1952 in Solingen); ihr einziges Kind kam im selben Jahr in Köln zur Welt: Ernst Friedrich Kurt Wielpütz (*1.9.1912 in Köln †30.1.1999 in Husum).

Die Familie Busbach stammt aus dem Rheinland und lässt sich über mehrere Generationen zurückverfolgen. Es wird vermutet, dass sie in direkter Linie von Engelbert Peter Busbach abstammt, der 1794 in Rösrath bei Köln lebte und als Nagelschmied arbeitete.

Im Jahre 1921 wurde das Haus Beckmannstraße 73 auf Walter Wielpütz übertragen. Hier wohnten die Familie Friedrich Busbach (Schwiegervater von Walter Wielpütz) und die Familie Walter Wielpütz bis zu ihrem Tode.


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Haus in der Beckmannstraße 73 um 1955

Fabrikant in Solingen

Im Februar 1920 wohnte die Familie Walter Wielpütz in der Rheinstraße 2 in Solingen-Ohligs. 1921 übertrugen Ernst Wielpütz und seine Frau ihrem Sohn Walter das Haus in der Beckmannstraße 73, wo Walter 1922 seine Stahlwarenfabrik "Prunus" eröffnete. Kurze Zeit später gründete sein Schwiegervater die Firma Busbach. Die beiden Unternehmen kooperierten eng miteinander, Walter als Kaufmann und Friedrich als Handwerker.

In der Solingen Schneidwarenindustrie hatten sich im 19. Jahrhundert zwei Typen des Unternehmers entwickelt, die sich beide "Fabrikant" nannten. Der eine gründete einer Fabrik, in der geschmiedete Schneidwaren und andere Erzeugnisse gefertigt wurden, der andere war ein sogenannter Verleger. Dieser bezog vorgefertigte Rohstoffe von Kleinbetrieben und Heimarbeitern, die Klingen und andere Produkte herstellten, zusammensetzten und veredelten. Der Verleger besorgte nur noch das Abziehen der Klingen, schlug das Firmen-Logo ein, ölte die Ware und verpackte sie. Dann war es seine Hauptaufgabe die Ware zu vertreiben. Das Verlagssystem ermöglichte es den Fabrikanten, sich vielseitig zu spezialisieren und sich schnell an die Kundenwünsche anzupassen. Daher verfügte die Fa. Wielpütz eine sehr umfangreiche Kollektion von Schneidwaren, darunter Rasiermesser und vielfache Formen von Besteck-Garnituren.


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Ein Geschäft in einer österreichischen Stadt

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Werbeanzeige "Prunus" Stahlwarenfabrik

Kurt Wielpütz
Walters Sohn Kurt absolvierte nach der Schulzeit in der Firma seines Vaters eine kaufmännische Lehre und stieg als Junior bei seinem Vater ein.
Kurt arbeitete als Prokurist im väterlichen Betrieb und kümmerte sich um den Außendienst.

Nach 1945
Die Firma Prunus wurde nach dem Zweiten Weltkrieg von Walter Wielpütz und seinem Sohn Kurt weitergeführt; man produzierte Bestecke und vertrieb Waren wie Porzellan, Kleidung, Wäsche und Haushaltsgeräte.
Walter Wielpütz starb 1968 und die Firma wurde im Juni 1978 aufgelöst.
 

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