Es wird einem als Anfänger im Thema Schärfen wirklich nicht leicht gemacht.
Ist es schon schwer genug, die eigene Hemmschwelle zu überwinden, selbst schärfen zu wollen, so wird es Dir noch schwerer gemacht, je mehr Du Dich in das Thema reinliest und Du eigentlich mehr verwirrt wirst, als Du es schon vorher warst.
Neue Welten tun sich auf, von künstlichen Steinen zu Natursteinen, mit Wasser oder mit Öl, vorher lange in Wasser einlegen oder nur kurz vorher mit Wasser "besprühen" etc. pp.
Und hast Du es bis dahin immer noch nicht aufgegeben, kommt die Killerfrage, die jeden Willen erst einmal in sich zusammenfallen lässt, die Frage nach der richtigen Körnung des Schärfsteins.
Nein noch schlimmer. Es wird erzählt, man brauche auch noch verschiedene Steine mit verschiedenen Körnungen. Und jeder empfiehlt eine andere Kombination mit anderen guten Argumenten und die meisten haben in sich auch noch Recht damit. Wie soll man das alles verstehen?
Dann recherchierst Du weiter und stellst auf einmal fest, daß die Herstellerindustrie sich auch noch gegen Dich verschworen hat. Man könnte ja glauben, ein Verkäufer will ein Produkt Dir so einfach wie möglich verkaufen und es würde sich mit der Zeit ein Industriestandard durchsetzen. Eine Art weltweite Norm, so wie bei den CDs früher oder den Videorecordern, als Betamax etc. schnell vom Markt verschwanden. Aber weit gefehlt. So einfach machen wir es Dir nicht...
Jede Region und sogar jeder Hersteller in seiner eigenen Produktpalette kocht sein eigenes Süppchen.
So gibt es selbst bei ein und demselben Hersteller innerhalb der verschiedenen Produktlinien bei gleicher Kornzahl unterschiedliche Schärfergebnisse. Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht, denkt man sich da?
Schon die Lust verloren?
Ich hatte die Diamantplatten und Schleifpasten* und Lederriemen und Leinenriemen noch gar nicht erwähnt...
Cool bleiben...
Irgendwann hat man einen Überblick. Manchmal früher, manchmal später. Aber es wird passieren...
Also versuche ich einmal zumindest ein wenig Licht in diesen dunklen Urwald zu bringen, was mir bei meinen Recherchen so aufgefallen ist, damit es für andere Einsteiger in das Schärfen zumindest etwas einfacher wird, die theoretische Seite zu überblicken.
Ich bin mir sicher, daß einige viel erfahrenere Mitglieder hier im Forum noch viel detaillierter helfen können, als ich als Einsteiger in diese Materie. Dafür sind solche Threads ja da. Also immer fleißig Fragen stellen...
Zunächst gibt es je nach Region auf der Welt unterschiedliche Normen für die Angabe des Korns.
In Europa ist es die Fepa Norm, in Japan ist es die JIS Norm. Siehe eine grobe Übersicht hier:
https://messerschaerfen.com/fepa-jis-koernung-korngroessentabelle-schleifmittel/
In der Tabelle dort kann man auch die Partikelgröße sehen. Das ist schon einmal ein Anhaltspunkt, auch wenn es dort nur bis (japanische) 8000er geht.
Das Prinzip je kleiner die Zahl desto gröber das Schärfen/Schleifen ist klar. Es ist aber nicht so, daß der Sprung von einer "Kornklasse" in die nächste immer linear ist. Je höher die Zahlen werden, desto geringer sind die Unterschiede in der Korngröße.
Um also bei den japanischen Bezeichnungen für künstliche Wassersteine zu bleiben ist der Schritt von 1000 auf 2000 größer, als von bspw. 6000 auf 8000.
Wichtig in diesem System ist es zu verstehen, daß man mit mehreren Steinen in nicht zu großen Abstufungen/Lücken zeitlich schneller zu dem gewünschten Ergebnis kommt, als mit weniger Steinen, dafür aber größeren Schritten/Abstufungen/Löchern.
Die Zahlen sind aber nur Anhaltspunkte. Denn kein Stein besteht nur aus Korn der exakt gleichen Größe. Es handelt sich hier um Durchschnittswerte aus Mischformen. Es gibt also im gleichen Stein unterschiedliche Korngrößen, aber durch ihre Mischung im Stein, erzielt man ein Schärfebild, das - so die Theorie - dem der aufgedruckten Zahl entsprechen sollte.
In der Praxis sieht das aber anders aus. So gibt es bspw. 8.000er die laut Aussagen von erfahrenen Anwendern ein ähnliches Schärfebild wie ein 10.000er haben. Im folgenden benutze ich die Kurzform für die .000er Zahlen in K. Also 8K und 10K.
Und damit es auch nicht langweilig wird, hat auch u.a. das benutzte Bindemittel, um im Stein alles zusammenzuhalten, einen Einfluss auf das Schärfeverhalten. Deswegen sind bei dem gleichen Hersteller trotz gleicher Kornangaben unterschiedliche Produktlinien nicht direkt vergleichbar. Ein 1K Stein aus der Naniwa "Traditional line" ist etwas anderes als ein 1K Naniwa "Chosera" oder 1K Naniwa "Gouken".
Genauso kann man nicht wirklich die Steine verschiedener Hersteller mit gleicher Korngröße gleichsetzen. Ein 1K Naniwa ist etwas anderes als ein 1K Shapton Glass Stone oder ein 1K Shapton Pro Stone oder ein 1K Miyabi oder 1K Wüstenhoff etc. pp
Bei Natursteinen ist es noch schwieriger und ohne die Erfahrungswerte von erfahreneren Usern kommt man da gar nicht weiter in der Frage, wann und ob man Natursteine in den eigenen "Workflow" einbinden sollte. Denn viele Natursteine können je nach Anwendung alles in einem abdecken.
Bspw. ein gelber belgischer Brocken (GBB). Bei viel "Slurry" (feiner Schlamm, der beim Reiben auf dem Stein entsteht) ist das Schärfebild eher wie ein 1K bis 3K. Je dünnflüssiger der "Schlamm", desto feiner das Schärfebild. So kann man im Prinzip durch immer weiteres Verdünnen auf ein Schärfebild von 5K-6K kommen.
Das ist also ein komplexe Sache...
Wenn man sich viel durch das Internet durchliest und sich viele Youtube Videos ansieht, wird man feststellen, dass es nicht die eine richtige Art und Weise gibt. Es gibt viele Wege, die nach Rom führen, solange man Grundprinzipien beachtet und sich die Zeit nimmt, das Schärfen von der "Technik" - unabhängig von der Steinwahl - zu lernen. Es ist ein Handwerk, kein Hexenwerk.
Nicht zu unterschätzen sind auch die persönlichen Präferenzen. Das ist sehr subjektiv. Jeder Handwerker hat Vorlieben bei der Wahl seiner Marken, weil er einfach mit derjenigen Marke am besten selber zurechtkommt.
Auch die Ansprüche an die Rasureigenschaften sind unterschiedlich. Der Eine will ultrascharf, der Andere nur sehr scharf, aber dafür auch sanft. Der Eine hat einen "Metallbart", der Andere einen sehr weichen Bart. Der Dritte hat Wuchsrichtungen überall kreuz und quer, der Vierte immer nur in eine Richtung.
Das spielt alles eine Rolle bei der Art, wie das Rasiermesser beim jeweiligen Mann rasieren muss, um ihn zufrieden zu stellen und dementsprechend anders muss das Messer auch geschärft werden mit einem anderen Workflow, anderen Steinen etc.
Man sollte also viel ausprobieren, mit unterschiedlichen Kombinationen experimentieren, um den eigenen, subjektiv bestem "workflow" herauszufinden.
Ein letzter Punkt, der mir momentan noch einfällt: In vielen Anleitungen wird immer gezählt. Wie oft in die eine Richtung, wie oft in die andere. Es dient nur zur Indikation. Mir hat das Zählen nicht geholfen, eher sogar abgelenkt, mich auf die Technik zu konzentrieren. Wenn man in der Technik besser ist/erfahrener ist, ist das dann vermutlich anders
------
*= Schleifpasten haben je nach Wahl noch einmal eine viel kleinere Korngröße und können sehr preiswert die teuren Steine von ca. 6k-10k (notfalls) ersetzen oder auch das letzte Quentchen für das "finish" geben.
Ist es schon schwer genug, die eigene Hemmschwelle zu überwinden, selbst schärfen zu wollen, so wird es Dir noch schwerer gemacht, je mehr Du Dich in das Thema reinliest und Du eigentlich mehr verwirrt wirst, als Du es schon vorher warst.
Neue Welten tun sich auf, von künstlichen Steinen zu Natursteinen, mit Wasser oder mit Öl, vorher lange in Wasser einlegen oder nur kurz vorher mit Wasser "besprühen" etc. pp.
Und hast Du es bis dahin immer noch nicht aufgegeben, kommt die Killerfrage, die jeden Willen erst einmal in sich zusammenfallen lässt, die Frage nach der richtigen Körnung des Schärfsteins.
Nein noch schlimmer. Es wird erzählt, man brauche auch noch verschiedene Steine mit verschiedenen Körnungen. Und jeder empfiehlt eine andere Kombination mit anderen guten Argumenten und die meisten haben in sich auch noch Recht damit. Wie soll man das alles verstehen?
Dann recherchierst Du weiter und stellst auf einmal fest, daß die Herstellerindustrie sich auch noch gegen Dich verschworen hat. Man könnte ja glauben, ein Verkäufer will ein Produkt Dir so einfach wie möglich verkaufen und es würde sich mit der Zeit ein Industriestandard durchsetzen. Eine Art weltweite Norm, so wie bei den CDs früher oder den Videorecordern, als Betamax etc. schnell vom Markt verschwanden. Aber weit gefehlt. So einfach machen wir es Dir nicht...
Jede Region und sogar jeder Hersteller in seiner eigenen Produktpalette kocht sein eigenes Süppchen.
So gibt es selbst bei ein und demselben Hersteller innerhalb der verschiedenen Produktlinien bei gleicher Kornzahl unterschiedliche Schärfergebnisse. Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht, denkt man sich da?
Schon die Lust verloren?
Ich hatte die Diamantplatten und Schleifpasten* und Lederriemen und Leinenriemen noch gar nicht erwähnt...
Cool bleiben...
Irgendwann hat man einen Überblick. Manchmal früher, manchmal später. Aber es wird passieren...
Also versuche ich einmal zumindest ein wenig Licht in diesen dunklen Urwald zu bringen, was mir bei meinen Recherchen so aufgefallen ist, damit es für andere Einsteiger in das Schärfen zumindest etwas einfacher wird, die theoretische Seite zu überblicken.
Ich bin mir sicher, daß einige viel erfahrenere Mitglieder hier im Forum noch viel detaillierter helfen können, als ich als Einsteiger in diese Materie. Dafür sind solche Threads ja da. Also immer fleißig Fragen stellen...
Zunächst gibt es je nach Region auf der Welt unterschiedliche Normen für die Angabe des Korns.
In Europa ist es die Fepa Norm, in Japan ist es die JIS Norm. Siehe eine grobe Übersicht hier:
https://messerschaerfen.com/fepa-jis-koernung-korngroessentabelle-schleifmittel/
In der Tabelle dort kann man auch die Partikelgröße sehen. Das ist schon einmal ein Anhaltspunkt, auch wenn es dort nur bis (japanische) 8000er geht.
Das Prinzip je kleiner die Zahl desto gröber das Schärfen/Schleifen ist klar. Es ist aber nicht so, daß der Sprung von einer "Kornklasse" in die nächste immer linear ist. Je höher die Zahlen werden, desto geringer sind die Unterschiede in der Korngröße.
Um also bei den japanischen Bezeichnungen für künstliche Wassersteine zu bleiben ist der Schritt von 1000 auf 2000 größer, als von bspw. 6000 auf 8000.
Wichtig in diesem System ist es zu verstehen, daß man mit mehreren Steinen in nicht zu großen Abstufungen/Lücken zeitlich schneller zu dem gewünschten Ergebnis kommt, als mit weniger Steinen, dafür aber größeren Schritten/Abstufungen/Löchern.
Die Zahlen sind aber nur Anhaltspunkte. Denn kein Stein besteht nur aus Korn der exakt gleichen Größe. Es handelt sich hier um Durchschnittswerte aus Mischformen. Es gibt also im gleichen Stein unterschiedliche Korngrößen, aber durch ihre Mischung im Stein, erzielt man ein Schärfebild, das - so die Theorie - dem der aufgedruckten Zahl entsprechen sollte.
In der Praxis sieht das aber anders aus. So gibt es bspw. 8.000er die laut Aussagen von erfahrenen Anwendern ein ähnliches Schärfebild wie ein 10.000er haben. Im folgenden benutze ich die Kurzform für die .000er Zahlen in K. Also 8K und 10K.
Und damit es auch nicht langweilig wird, hat auch u.a. das benutzte Bindemittel, um im Stein alles zusammenzuhalten, einen Einfluss auf das Schärfeverhalten. Deswegen sind bei dem gleichen Hersteller trotz gleicher Kornangaben unterschiedliche Produktlinien nicht direkt vergleichbar. Ein 1K Stein aus der Naniwa "Traditional line" ist etwas anderes als ein 1K Naniwa "Chosera" oder 1K Naniwa "Gouken".
Genauso kann man nicht wirklich die Steine verschiedener Hersteller mit gleicher Korngröße gleichsetzen. Ein 1K Naniwa ist etwas anderes als ein 1K Shapton Glass Stone oder ein 1K Shapton Pro Stone oder ein 1K Miyabi oder 1K Wüstenhoff etc. pp
Bei Natursteinen ist es noch schwieriger und ohne die Erfahrungswerte von erfahreneren Usern kommt man da gar nicht weiter in der Frage, wann und ob man Natursteine in den eigenen "Workflow" einbinden sollte. Denn viele Natursteine können je nach Anwendung alles in einem abdecken.
Bspw. ein gelber belgischer Brocken (GBB). Bei viel "Slurry" (feiner Schlamm, der beim Reiben auf dem Stein entsteht) ist das Schärfebild eher wie ein 1K bis 3K. Je dünnflüssiger der "Schlamm", desto feiner das Schärfebild. So kann man im Prinzip durch immer weiteres Verdünnen auf ein Schärfebild von 5K-6K kommen.
Das ist also ein komplexe Sache...
Wenn man sich viel durch das Internet durchliest und sich viele Youtube Videos ansieht, wird man feststellen, dass es nicht die eine richtige Art und Weise gibt. Es gibt viele Wege, die nach Rom führen, solange man Grundprinzipien beachtet und sich die Zeit nimmt, das Schärfen von der "Technik" - unabhängig von der Steinwahl - zu lernen. Es ist ein Handwerk, kein Hexenwerk.
Nicht zu unterschätzen sind auch die persönlichen Präferenzen. Das ist sehr subjektiv. Jeder Handwerker hat Vorlieben bei der Wahl seiner Marken, weil er einfach mit derjenigen Marke am besten selber zurechtkommt.
Auch die Ansprüche an die Rasureigenschaften sind unterschiedlich. Der Eine will ultrascharf, der Andere nur sehr scharf, aber dafür auch sanft. Der Eine hat einen "Metallbart", der Andere einen sehr weichen Bart. Der Dritte hat Wuchsrichtungen überall kreuz und quer, der Vierte immer nur in eine Richtung.
Das spielt alles eine Rolle bei der Art, wie das Rasiermesser beim jeweiligen Mann rasieren muss, um ihn zufrieden zu stellen und dementsprechend anders muss das Messer auch geschärft werden mit einem anderen Workflow, anderen Steinen etc.
Man sollte also viel ausprobieren, mit unterschiedlichen Kombinationen experimentieren, um den eigenen, subjektiv bestem "workflow" herauszufinden.
Ein letzter Punkt, der mir momentan noch einfällt: In vielen Anleitungen wird immer gezählt. Wie oft in die eine Richtung, wie oft in die andere. Es dient nur zur Indikation. Mir hat das Zählen nicht geholfen, eher sogar abgelenkt, mich auf die Technik zu konzentrieren. Wenn man in der Technik besser ist/erfahrener ist, ist das dann vermutlich anders
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*= Schleifpasten haben je nach Wahl noch einmal eine viel kleinere Korngröße und können sehr preiswert die teuren Steine von ca. 6k-10k (notfalls) ersetzen oder auch das letzte Quentchen für das "finish" geben.
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