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J.A. Schmidt & Söhne DREITURM Solingen Gräfrath 1829-

J.A. Schmidt & Söhne DREITURM Solingen Gräfrath 1829-

Auch zu diesem Solinger Hersteller habe ich wieder einmal einen persönlichen Bezug... wie und warum erfahrt ihr dann ganz am Schluß...
Nehmt Euch etwas mehr Zeit und Ruhe zum Lesen... es dauert wieder etwas länger... :flucht1


Im Jahre 1829 gründet Johann Abraham Schmidt, gelernter Tischmesserreider, die Firma J.A. Schmidt & Sohn am Schlagbaum, damals gehörig zu Gräfrath bei Solingen.

Zwei Jahre vorher verkauft sein Vater, der Messerfabrikant Carl Wilhelm in der Behausung des Wirthen Wilhelm Schmidt am Schlagbaum, seine gesamten Immobillien zu Stockdum bei Gräfrath.

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Carl Wilhelm und Johann Abraham beginnen 1829 mit der neu gegründeten Firma J.A. Schmidt & Sohn am Schlagbaum mit der Produktion von Taschen-, Tisch- und Fleischmessern.
Die erzeugten Waren werden vor allem auf der Naumburger und der Leipziger Messe vertrieben.
Die Familienchronik schreibt dazu:
„Die Reise nach Leipzig wurde zu Fuß in 10 Tagen á 10 Marschstunden zurückgelegt, in späteren Jahren per Postkutsche ab Elberfeld in 3 Tagen und 3 Nächten langer Fahrt, wozu man sich schon 8 Tage im voraus einschreiben lassen mußte“.

1856 Das Markenzeichen "DIE THÜRME" wird dem Kaufmann Johann Abraham Schmidt erstmals eingetragen.

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Hier ein Vorlegebesteck aus dieser frühen Zeit, noch mit S & S für Schmidt & Sohn gestempelt...

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Vor 1884 verstirbt der Firmengründer Johann Abraham und dessen ältester Sohn Johann Carl Wilhelm Schmidt wird Inhaber mit Bruder Gustav Schmidt als Teilhaber.

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1891 richtet man in Berlin eine Zweigniederlassung Für J.A. Schmidt & Söhne ein.

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1992 stirbt Johann Carl Wilhelm im Alter von 66 Jahren in seiner neu erbauten Firmenvilla an der Wernerstr. 6.

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Als der jüngste Sohn Gustav Schmidt den Betrieb übernimmt, produzierte man bereits in neuen Gebäuden an der Wernerstraße 6-9.

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Gustav läßt 1894 ein Gebrauchsmuster für ein Taschenmesser eintragen, das durch die Drehung einer Schalenbacke mittels einer Feder geöffnet wird.

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1895 läßt er ein Warenzeichen eintragen mit einem B darüber ein Kreuz und C.B. zusammenhängend, darunter ein S… die Bedeutung ist mir unklar... noch nie so gesehen…

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1899 beschäftigt man den Reisevertreter Max Schaeffer (ein Schwiegersohn?), der später sogar Prokura erhalten wird.

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1901 tritt der 27-jährige Sohn von Gustav, Kaufmann Ernst Schmidt als Teilhaber ein.

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1907 ist Ernst bereits alleiniger Inhaber. Vater Gustav hat sich mit 68 aufs Rententeil zurückgezogen. Hier eine Werbemarke aus dieser Zeit…

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In diesem Zeitraum dürfte auch mein großes DREITURM Klappmesser für die Chem. Werke BAYER in Leverkusen produziert worden sein.

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1910 wird das Warenzeichen DREITURM erneuert und 1911 erhält Max Schaeffer zu Leipzig die Prokura für den Hauptsitz in Solingen.

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Die Belegschaft von J.A. Schmidt & Söhne in der Zeit vor dem 1.WK

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In diesem Zeitraum wurde mein ältestes DREITURM Rasiermesser #28 produziert.

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1914 stirb der Seniorchef Gustav im Alter von 75 Jahren.

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und die Ehefrau von Ernst Schmidt, Hedwig geb. Küpper erhält Prokura.

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1920-25 dürfte mein DREITURM Rasiermesser #40 hergestellt worden sein.

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Ende der 1920er... der erste Dienstwagen wird angeschafft…

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Bis in die 1930er Jahre führen Ernst und Ehefrau Hedwig das Unternehmen mit ihren Söhnen Erich und Werner.

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In dieser Zeit erobert ROSTFREI Stahl den Schneidwarenmarkt, hier mein kleines DREITURM Herren-Taschenmesser

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1938 sind die Brüder Erich und Werner Schmidt Inhaber von J.A. Schmidt & Söhne.

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Auf Messen präsentiert sich J.A. Schmidt & Söhne Solingen Stahlwaren Fabrik mit einem großen Stand

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Mein schlichtes DREITURM Rasiermesser ohne Nummer und silbergrauem Celluloid-Melange-Heft dürfte noch in dieser Zeit vor dem 2.WK entstanden sein.

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Aus dem Kriegsgeschehen des 2.WK hält man sich wohl weitestgehend heraus... Grabendolche, Dienstmesser o.ä. sind von DREITURM nicht bekannt.

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Nach dem 2. WK bietet man weiterhin Tafelbestecke, Küchenmesser, Scheren und Maniküre-Produkte an.

1973 tritt der heutige Geschäftsführer, Axel Schmidt, Sohn eines der beiden Inhaber von 1938, in den Betrieb ein.

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Trotz seines stattlichen Alters führt er immer noch die Firma J.A. Schmidt & Söhne, mittlerweile in der 5. Generation.

Seine Tochter, Maike Schmidt, verh. Gäbel, arbeitet seit 2004 im Unternehmen mit und bildet zusammen mit dem Betriebsmeistern Knuth Bender und Gerd Hofmann nach einem Praktikum in 2014 meinen Sohn Frederick von 2016-2019 zum Industriemechaniker im Fachbereich Schneidwaren- u. Instrumenten-Technik aus.

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Zu dieser Zeit besteht die Belegschaft nur noch aus 6 Mitarbeitern. Die meisten Produkte werden fremdgefertigt, im Haus DREITURM findet nur noch Finish, Endkontrolle und Verpackung statt.
Frederick kann nach der Lehre nicht übernommen werden und geht zur TONDEO Tochter UST um hochwertige JAGUAR Friseurscheren zu fertigen.

Die letzten DREITURM Rasiermesser hat J.A. Schmidt & Söhne um 2010-15 mangels Fachpersonal und bereits entsorgter Maschinen, bei Hugo Herkenrath schlagen und bei Giesen & Forsthoff schleifen und reiden lassen.
Leider kein Ruhmesblatt, da trotz gutem Stahl und Rohling die Verarbeitung bei G&F aus Kostengründen und Mangel an Fachwissen zu wünschen übrig ließ…
Nachgearbeitet sind es jedoch hervorragende Rasiermesser…

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Den Lagerbestand dieser letzte Generation DREITURM Rasiermesser habe ich 2018 komplett übernommen, überarbeitet und abverkauft.
Einige wenige Exemplare in 6/8 mit Pflaumen-, Oliven- und Ebenholzheft und eins mit zweifarbigen Hornschalen sind auf Anfrage noch verfügbar…


Zum Abschluß hier noch meine kleine DREITURM Sammlung … mit den bereits oben gezeigten Rasiermessern, Klapp- u. Taschenmesser, einem 6-Personen Buckelsklingen-Horngriff Tafelbesteck aus 1910-20, kleiner Hautschere und einem Päckchen DE-Rasierklingen mit Handabzug !

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Bleibt zu wünschen, daß diesem Solinger Familienbetrieb auch weiterhin eine erfolgreiche Zukunft gegeben ist und er nicht mit der heutigen Generation wegstirbt wie bereits viele andere Solinger Schneidwarenproduzenten in der jüngsten Vergangenheit …



Mit scharfen Grüßen aus der Klingenstadt
Rainer
 
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Lausberg & Winkhaus, Düsseldorf , R.L&W. (Capello Hut) 1880-1912​


Lausberg & Winkhaus, Düsseldorf , R.L&W. (Capello Hut) 1880-1912

1870 macht der junge Commis (Handlungsgehilfe) Rudolf Lausberg seine Ausbildung zum Kaufmann in Düsseldorf. Er wohnt mit seiner verwitweten Mutter an der Bolkerstr.41 in der Düsseldorfer Altstadt. Die Familie Lausberg stammt aus der Gegend um Halver und hat bereits eine lange Historie als Besitzer und Betreiber von diversen Eisenhammer- Stahl- und Walzwerken, die im 19. Jahrhundert zum Teil in Tuchfabriken umgebaut werden. 1879 wird das Puddlingswalzwerk Lausberg & Winkhaus in Vorhall bei Herdecke an die Gebr. Brüninghaus aus Werdohl verkauft und Rudolf sucht sich eine neue Aufgabe als Kaufmann.

1866 kauft der Eisenwaarenhändler August Winkhaus aus Halver eine Düsseldorfer Firma, die ihre Produktion mit Vorhängeschlössern einstellt. 1869 verstirbt August Winkhaus unverhofft und zu früh, daß der erst 15-jährige Sohn Rudolf das Geschäft übernehmen könnte. Seine Mutter Marie Pauline muß einen familienfremden Geschäftsführer einstellen, bis Rudolf schließlich 1879 übernimmt, nachdem ein Brand die Produktionsanlagen in Düsseldorf völlig zerstört hat.
Er zieht an den Südrand von Münster am Bohlweg und baut dort das Geschäft mit Kleineisenteilen und Vorhangschlössern neu auf. Der jüngere Bruder Ewald Winkhaus bleibt in Düsseldorf.

Am 13. Mai 1880 wird beim Königlichen Amtsgericht zu Düsseldorf die offene Handelsgesellschaft R. Lausberg & Winkhaus mit den Kaufleuten Rudolf Lausberg und Ewald Winkhaus als Inhaber eingetragen.

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Die Handlung beschäftigt sich überwiegend mit dem Export von Metallwaren aller Art, insbesondere der o.g. Vorhängeschlösser und Baubeschläge, läßt jedoch auch anspruchsvollere Produkte in eigenem Namen in Solingen und Remscheid fertigen.

Zu diesem Zweck wird am 30. Nov. 1880 das Warenzeichen Nr.60 „Capello Hut“ für Eisen- Stahl- und Messingwaaren eingetragen.

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Der Capello oder auch Saturno Hut ist ist übrigens ein italienischer Priester- oder Bischofshut, ähnlich dem englischen Bowler, scherzhafterweise auch Don Camillo Hut genannt...

Das Warenzeichen wird immer in Verbindung mit dem Kürzel R.L&W. oder L&W geschlagen.

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1884 arbeitet man mit der Fa. Ferd. Evertz Sohn u.a. Solinger Herstellern zusammen.

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Aus dieser Zeit dürfte eines meiner liebsten Rasiermesser stammen, bei dem ich lange herumgerätselt habe, welchem Hersteller ich es zuordnen soll…

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Dank Michael @MaydayGuard der mir heute sagen konnte, wem das Warenzeichen gehört, war der Rest nur noch eine Fleißaufgabe…

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Diese Klinge wird zwar nicht zwangsläufig von Ferd. Evertz in Höhscheid, bzw. seinem Cousin Wilhelm Evertz in Gräfrath hergestellt worden sein, aber wohl nahe dran, denn sie sieht mir doch sehr nach einer #46 von Abraham Knyn aus Gräfrath / Kohlfurt aus.

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1886 tritt Rudolf Lausberg als Teilhaber aus der Handelsgesellschaft aus

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und 1890 ist auch seine Prokura erloschen.
Ewald Winkhaus und seine Ehefrau Maria führen die Geschäfte bis 1992 weiter.
In diesem Jahr geht das Handelsgeschäft an die Kaufleute Heinrich Neufeld und Wilhelm Lienarz in Düsseldorf über.

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1909 scheidet Heinrich Neufeld aus und der Kaufmann Erwin Linden aus Remscheid-Vieringhausen tritt an seine Stelle.

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1910 wird R.Lausberg & Winkhaus nochmal im deutschen Industrieregister erwähnt…
scheinbar handelt man jetzt mit allem was einem so in die Quere kommt… aber das tun andere auch…

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1912 wird im Oktober das Konkursverfahren eröffnet…

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…und im Dezember 1912 ist die Konkursmasse bereits an den Farbikanten Karl Heidmann in Remscheid verhökert, der mit Erwin Linden und Georg Grabensee als gleichberechtigte Geschäftsführer die Rheinische Export Gesellschaft mbH mit Sitz in Düsseldorf eintragen läßt.

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1913 wird dann das Konkursverfahren aufgehoben

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1914 ist dann die Firma R. Lausberg & Winkhaus endgültig erloschen.

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Auf der Internetseite HOLZWERKEN wird in der Warenzeichenliste das Zeichen "Hut mit Capello" für Hugo Linder DELTAWERK AG genannt, jedoch nicht abgebildet.
Interessant wäre, ob Hugo Linder dieses Warenzeichen nach 1912 evtl. für seine Werkzeuge übernommen hat.

Da nur noch extrem wenige Produkte zu finden sind, die mit R.L&W. und dem Capello Hut gestempelt sind, habe ich zwar keine große Hoffnung, daß hier noch jemand ein solches Rasiermesser vorzeigen kann, würde mich aber doch sehr darüber freuen...!


Mit scharfen Grüßen aus der Klingenstadt
Rainer
 
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