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Merkur 37c vs 39c

maranatha

FdR-Pate
Gold FdR-Pate
Als ein Fan davon, dass jeder Hobel seinen eigenen Strang bekommt, lese ich genauso gerne Vergleiche zwischen Rasurgeräten. Sofern sie denn eine gewisse Verwandtschaft in der Charakteristik oder der Optik aufweisen. Vergleiche von Gerätschaften, die sich überhaupt nicht gleichen, machen da mMn weniger Sinn. Allenfalls die Ergebnisse der jeweiligen Rasur sind da noch heranzuziehen, aber dann könnte man auch ein Messer mit einem Mach3, ein Kart mit einem Golf vergleichen. Beides rasiert bzw. fährt. Und die Vergleiche innerhalb der jeweiligen Stränge zu suchen, ist meist recht mühsam. So manches mal bin ich froh gewesen, in anderen Foren explizit einen Strang zum Vergleich bestimmter Rasurutensilien zu finden und mache deshalb mal diesen Vergleich auf.


Nun haben wir hier zwei Geschwister, die sich zum Vergleich geradezu anbieten, obwohl der eine oder andere auch fragen könnte, in was die sich denn großartig unterscheiden sollen. Der 37c und 39c von Merkur haben so viel gemeinsam, dass es auf den ersten Blick schwer zu sein scheint, ihnen unterschiedliche Anwendungsmethoden oder Vorgehensweisen zukommen zu lassen. Und natürlich sind es keine völlig verschiedene Rasierer, aber ich empfinde sie doch als verschieden genug, um darauf einzugehen. Außerdem gehen mir diese beiden „Urgesteine“ im allgemeinen Edelstahl-Trend, den ich gut verstehen kann, und dem momentanen SE-Hype, den ich noch viel mehr verstehen kann, ein wenig zu sehr unter. Es sind richtig gute Rasierer, die immer noch von vielen als Exithobel angesehen werden und auf die deren Verehrer nichts kommen lassen.

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Gleich zu Beginn möchte ich darauf hinweisen, dass seit ich mir über die Existenz dieser beiden, in erster Linie des bekannteren 37c, bewusst war, es die Diskusion über deren angebliche Aggressivität gibt. Ich weiß nicht, wo diese Mähr ursprünglich herkommt, dass diese Schrägen besonders aggressiv, direkt und „blutrünstig“ seien, und gehörten nur in geübte und erfahrene Hände. Das wurde teilweise so stur behauptet, dass man als jemand, der diese Schrägen von Merkur nicht kennt, erst einmal die Finger davon lässt. Dementsprechend verwundert war ich, als ich bei einem trotzdem durchgeführten Test feststellen musste, dass ich bis dahin kaum etwas sanfteres im Gesicht hatte (vor allem auf den 39c bezogen). Sanft und effizient. Da kommt dann zwar doch das Argument des Geübt-Seins im Hobeln zum Tragen, denn was die Effektivität anbelangt, kann es bisweilen etwas knifflig werden bzw. dauern, bis man das Optimum erreicht hat. Dennoch, ein Monster ist keiner von beiden. Und dieser Eindruck wurde eine Zeit lang vermittelt. Alles unter Vorbehalt meiner eigenen Handhabung und Bedingungen. Andere Rasuristi machen vermutlich durchaus auch andere Erfahrungen. Aber dazu später mehr.

Kommen wir zunächst einmal zu den Gemeinsamkeiten.

Die beiden sind Torsioner und mit baugleichem Kopf ausgestattet. Ob es da in der Vergangenheit einmal Unterschiede gab, auch was versilberte Modelle anbelangt, vermag ich nicht zu sagen. Vielleicht können dazu Sammler etwas mehr sagen. Ich besitze nur diese beiden gängigen Modelle, den 39c seit ca 5 Jahren, den kleineren Bruder etwa 3 Jahre länger. Beide sind Zweiteiler und das Einlegen der Klinge ist ebenfalls identisch, wobei der Hobel am unteren Ende des Griffes mit einem Drehelement festgezogen wird. Hierzu existiert sogar ein eigener Strang, in dem die Ausrichtung der Klinge separat behandelt wird. Es gibt nämlich ein wenig Spiel mit der Klinge, welches sich so stark auswirken kann, dass die Klinge nicht mehr parallel zur Kopfplatte sitzt. Diese Ausrichtung sollte die Klinge nach Meinung der meisten nämlich aufweisen. Bei mir gab es diesbezüglich eher weniger Notwendigkeit zur Nachfrage, weil bei beiden Modellen dieser Sitz der Klinge automatisch mit dem Festdrehen des Hobels erfolgt. Ich ging von Anfang an daher davon aus, dass es so sein muss. Man könnte auch sagen „Glück gehabt!“.

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Technisch wie optisch sind die Köpfe also baugleich, inwiefern es aus der Erfahrung bei diesen Modellen größere Fertigungstoleranzen gibt, weiß ich nicht. An sich sollte es keine Unterschiede geben und die Köpfe sollten für sich allein genommen identisch funktionieren.

Kommen wir zu den Unterschieden. Sie liegen ganz offensichtlich in der Länge, Form und Beschaffenheit des Griffes. Der 37c hat den kürzeren, etwas klassischer gehaltenen Griff, der an den des in etwa gleich großen Kollegen 34c erinnert. Die Riffellung ist recht markant und in Form einer Raute, 45 Grad zur Griffrichtung angelegt. Wir haben eine Gesamtlänge von 83mm, was wieder der des 34c entspricht. Der große Bruder verfügt über den längeren Griff, der in einer nach rechts unten drehenden Spirale geriffelt ist. Gesamtlänge hier 102mm, was schon ein ordentliches Stück Mehr an Länge und Gewicht ist, und damit eine Veränderung des Schwerpunktes bewirkt. Der Gewichtsvergleich zeigt 78g für den 37c, und 114g für den 39c. Außerdem wurde für die Optik des 39c eher der Barbershop-Stil gewählt, sodass er z.B. über einen deutlich dickeren Drehknubbel verfügt, der den Fingern das Ende des Griffes deutlicher signalisiert. Die unterschiedliche Riffelung erwähne ich deshalb so stark, weil in manchen Foren darauf Bezug genommen wurde. Auch Geofatboy hat in seiner Vorstellung des 39c darauf hingewiesen. Manche Linkshänder bewerten diese nach rechts unten gedrehte Spirale als „Mangel“, weil sie bewirkt, dass der Daumen beim rasieren nach unten rutscht bzw. der Hobel im Führen verdreht wird. Das mag manch einer so erfahren haben. Ich selbst bin Linkshänder, und habe bisher keinerlei Vor- oder Nachteile dadurch erlebt.

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Das Plus an Länge und Gewicht sorgt nun so wie ich es erlebe für ein deutlich unterschiedliches Verhalten der beiden, was für mehr Unterschiede in Sachen Gründlichkeit und Nachwirkungen für die Haut sorgt, als ich das erwartet hatte. Dass man sich etwas umstellen muss, wenn man von einem auf den anderen Hobel wechselt, war klar. Aber dass die Vorliebe und Effektivität bei mir so weit auseinander liegt, verwundert mich immer wieder so sehr, dass ich die weiter oben angesprochenen eventuellen Fertigungstoleranzen ein wenig mit in die Überlegungen mit einbeziehe.


Wie rasieren die beiden denn nun? Ich sagte es schon, ich empfinde das Auftreten beider grundsätzlich mal als sanft. Die Klingenposition ist grundsätzlich flach gehalten. Also kein Schaben wie beim R41, sondern ins Gegenteil gerichtet. Dadurch ist ein Feedback der Klinge gerade noch zu spüren, und auch die Geräuschentwicklung hält sich in Grenzen. Durch die Gewöhnung an andere Hobel fährt man ja gerne die oftmals als ideal bezeichneten 30 Grad und hier können beide durchaus schon überzeugen. Für meinen Geschmack aber nicht mit den Ergebnissen anderer Hobel mithalten. So ist es brauchbar, aber mehr auch nicht. Richtig spitze wird es, wenn der Hobel mehr auf der Kopfplatte geführt wird. Und hier kommt zum Tragen, was ich schon ansprach. Das Alleroptimalste beider herauszuholen, erfordert zumindest bei mir Training, kommt nicht auf Anhieb. Vier, fünf Rasuren mindestens, wenn vorher lange andere Rasierer am Start waren. Und das auch nur, weil ich v.a. dem 39c schon mal längere Zeit genutzt habe und weiß, was er zu können in der Lage ist, wenn er richtig behandelt wird. Da kann ich verstehen, wenn manche sagen, er ist nichts Anfänger, weil sich dieses Ergebnis evtl. erst einmal gar nicht einstellt. Hat man den Punkt gefunden und kann es reproduzieren, gehören diese beiden zu denen, die in der Effizienz mit den Besten mithalten können. Aber der Weg dahin kann beschwerlich sein. So easy, wie ich das mit der General/Schick Kombi erhalte, geht es bei mir nicht. Konzentration und Sorgfalt wollen bei mir da immer wieder aufgefrischt werden. Kann man natürlich auch zur Gewohnheit machen und das stellt sich mit der Zeit auch richtig ein und macht Spaß. Muss aber nicht jedermanns Weg beim rasieren sein. Um es kurz zu sagen, dieses Optimum, das mit allem mithalten kann, was ich persönlich an Rasuren kenne, ist vielleicht manchen einfach so „in die Finger gelegt“, mir aber nicht. Ich muss mich bemühen, aber dieses Bemühen macht zumindest mit dem 39c richtig Spaß.

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Zum Unterschied, den ich zwischen den beiden empfinde. Grundsätzlich stehe ich auf kurze Griffe. Sie liegen mir besser in der Hand und ich habe gerne den kleinen Finger unter dem Ende des Griffes. Beim 34c z.B. ploppt das mit nasser Fingerkuppe manchmal so schön. Ich habe das tatsächlich einmal bei B&B in einem Strang gelesen, dass einige das bemerkt haben und total drauf stehen. Als ich das las, stellte ich fest, dass es bei mir genauso ist, und…

Aber lassen wir das. Das ist ein anderes Thema.

Deshalb bevorzuge ich den kurzen 34c vor seinen längeren Kollegen. Deshalb benutze ich meinen General nicht mit dem originalen langen, sondern meinem kurzen Windrose Griff. Deshalb sollte mir der 37c eigentlich auch besser liegen als sein großer Bruder. Tut er aber nicht!

Ich glaube, die beiden wollen mit überhaupt keinem Druck zum Ergebnis geführt werden. Wenn es ein wenig Druck gibt, dann quittieren sie es schon mal mit leichten bis stärkeren Reizungen. Bei mir scheint es so zu sein. Und hier kommt die Stärke des größeren und schwereren 39c zur Geltung. Es fällt nicht auf, wenn der Hobel nah am Kopf gefasst wird. Wenn die Führung jedoch in der Mitte oder gar am Ende des Griffes erfolgt, verlagert sich der Schwerpunkt stark zum Kopf hin, was einem wiederum die Möglichkeit eröffnet, den Hobel seine Aufgabe allein durch sein Gewicht machen zu lassen. Das erfordert ein wenig Übung, aber hat man den Dreh einmal raus, stellt sich das Ergebnis fast von alleine ein. Führt man den Hobel wie oben erwähnt zusätzlich „ride the cap“, kommen die Spitzenergebnisse zustande, die ihn auf den Level dessen heben, was bei mir als Maximum zu erreichen ist. Ich empfand den Weg dahin als mühsam, hatte früh morgens oft nicht den Nerv, mich mit dem Erlernen eines Hobels so intensiv beschäftigen zu müssen. Aber ein Urlaub mit Rasuren zu gemäßigter Zeit hatte dann den Durchbruch gebracht. Andere tun sich da leichter und erreichen das spielend, einfach so. Auch schön.

Der 37c liefert mir das allerdings nicht und ich weiß nicht warum es mir nicht gelingt. Ich vermute zuerst, dass ich infolge des kurzen Griffes nicht mit null Druck unterwegs bin. Denn er schenkt mir regelmäßig Blutpunkte und gereizte Haut ein. Mit der gleichen bzw. der selben Klinge wie im 39c. Ich komme in diesem Fall mit ihm nicht richtig klar, wenn ich ein top Ergebnis haben möchte. Und mein Exemplar ist der zweite, denn ich habe, so dass ich die erwähnten Toleranzen in der Verarbeitung fast ausschließen kann. Es liegt wohl an mir.

Mein Fazit: der große 39c ist von den beiden eindeutig meiner. Schade, dass es ihn nicht in Goldausführung gibt wie den kleineren 37c. Beide jedoch sind großartige Rasierer, die es lohnt einmal ausprobiert zu haben.

Ich hatte in der Vergangenheit angesprochen, dass infolge des etwas klobigeren Kopfes bei mir Schwierigkeiten unter der Nase entstehen. Diese haben sich mittlerweile bei fast allen Hobeln erledigt, weil ich eigentlich immer eine MGG Rasur fahre, auch unter der Nase. Und damit komme ich meist sehr erfolgreich auch an das letzte Haar an der Nasenöffnung heran.
Die Nachhaltigkeit der Rasur ist vor allem natürlich mit dem 39c bei mir hervorragend. Und in der Gesamtheit gehört er bei den DE Hobeln zu denjenigen, die das Maximum abliefern können.

Ein weiterer angenehmer Punkt ist, dass die beiden offensichtlich recht klingentolerant sind und durch den flachen Einsatz der Klinge die Standzeiten auch eher zu den längeren gehören im Vergleich zu anderen DE Hobeln. Ich habe hier für mich noch keine Lieblingsklinge ausgemacht, dafür war der Vergleich jetzt zu kurz. Aber Voskhod, ASP, GSB, Wilkinson und Sputnik liefen alle in etwa gleich gut. Die Ladas nicht ganz so sehr.
 
Einfach Wahnsinn. Deine Beiträge @maranatha sind immer wieder eine Klasse für sich. Sehr schöner Vergleich. Ich besitze nur den 37c und bin mit ihm mehr als zufrieden. Ein toller Hobel, der mich tatsächlich auch schon daran denken ließ, einen 39c zu kaufen. Aber bisher konnte ich dem widerstehen. Der " Sledge Hammer" gefällt mir rein von der Optik her richtig gut. Der größere Griff hat was.
 
Hier bestätigt sich mal wieder, was unterschiedliche Griffe am selben (oder hier am gleichen) Hobelkopf für Unterschiede bewirken können. Eine Sache, die m. E. gewaltig unterschätzt wird.
Das sehe ich auch so. Und nicht nur wie @maranatha schön beschreibt durch die Länge, sondern auch durch eine unterschiedliche Balance durch das Verhältnis Gewicht Griff / Gewicht Kopf.
 
Ich empfand den Weg dahin als mühsam, hatte früh morgens oft nicht den Nerv, mich mit dem Erlernen eines Hobels so intensiv beschäftigen zu müssen.
Schöner Bericht, und zeigt mir mal wieder, dass ich mich mit dem 37c doch länger hätte beschäftigen müssen.
Mir brachte er damals keine Vorteile und verwirrte mich zusätzlich durch die schräge Bauart.
Aber schön fand ich ihn, den 37c. Der 39c sprach mich weniger an.
Einen zweiten Versuch startete ich dann nochmal mit dem Parker Slant, konnte mich aber auch nicht begeistern.
 
Klasse Bericht und vollste Zustimmung zum Thema "Slant"...
Den 39C habe ich nicht (ich mag keine langen, schweren Griffe) - aber mein 37C ist schon ne Weile mein "Go-To" - Hobel...
In Verbindung mit ner PermaSharp ein eingespieltes Team... Solltest mal testen...
 
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