Mein erstes, selbstgeschärftes Rasiermesser…
Die Vorgabe zu erreichen wird schwierig, ist aber nicht unmöglich.
Einige denken sich jetzt sicher: „Er hat ja gerade die ersten Schritte im Umgang mit dem Rasiermesser hinter sich
gebracht und nun will er schon schärfen…?!“
Ich meine dazu … Warum nicht? Je früher, desto besser! Es schult nicht nur die Motorik und den Umgang mit dem Rasiermesser, sondern es ist auch Wissen und Können, dass sich lohnt anzueignen. Außerdem ist man nur seinem Spiegelbild verantwortlich, wenn das RM nicht den eigenen Ansprüchen und Vorlieben genügt.
Zum ersten Schärfeinsatz habe ich mir ein Übungsmesser, ich mag den Begriff „Opfermesser“ überhaupt nicht, aus den Kleinanzeigen für kleines Geld gekauft. Es ist ein Solinger Qualität, Hohlschliff, in 5/8, ohne weitere Zuordnung und/oder Label. Leider hat es eine leicht lächelnden Klinge aber ansonsten einen guten Zustand. Keine Scharten, Rostansätze, die Klinge schließt mittig und fest im Heft.
Zum Einsatz kommen u.a. ein USB-Mikroskop, Klapp- und Uhrmacherlupe, Tape (TESA extra Power, transparent),
Edding und Schußzähler und die Steine:
1K Naniwa (setzen der Facette)
5K und 8K Naniwa
10K Naniwa als Pre-Finish
Grey Slate als Finisher
Leder (Natur, ohne Paste o.ä.)
Durch die leicht lächelnde Klinge, war es für mich schwierig eine, über die gesamte Länge der Schneide eine gleichmäßige Facette zu setzen. Von der Mitte jew. nach außen nimmt die Breite etwas ab. Um festzustellen, ob es überhaupt in die richtige Richtung geht, habe ich die alte Facette auf einer Seite mit einem Edding markiert. Die ersten Schübe auf dem 1K zeigten schnell, das es wohl so einfach nicht gehen wird. Wie zu erwarten, sind Anfang und Ende der Schneide schwierig zu erreichen. Im Forum hatte ich gelesen, dass man solche Fehler der Klinge mit Bogenschüben ausgleichen kann. Natürlich gelingt mir das nicht „Profi-Like“, für den ersten Versuch m.M.n. nicht soooo schlecht gelöst. Gelesen hatte ich auch, erst eine Seite die Facette setzen, bis an der ggü. Seite ein Grat zu fühlen ist. Ich konnte schleifen wie ich wollte, gefühlt habe ich da nix, ich habe auch nicht unbedingt feinfühlige, dünnhäutige Finger. Zur Lösung half mir ein Zufall, beim abwischen der Klinge an einem Mikrofasertuch viel mir auf, das man den Grat quasi hören kann. Das Tuch locker aufs Knie gelegt, die Klinge mit der Schneidkante so eben über die Oberfläche streichen, da hört man das leichte ziehende Geräusch, welches der Grat am Gewebe erzeugt. Das hat dann ja auch geklappt. Wieviel Schübe? Keine Ahnung, bei 80 habe ich aufgehört zu zählen…
Die andere Seite von der Klinge ging dann etwas leichter und schneller. So nach gut 50 Schüben wechselte ich zu Doppelschübe. Immer wieder Kontrolle mit der Lupe und erste Versuche, Armhaare zu rasieren…weiter DS…aus Ermangelung an Armhaaren wechselte ich zu Beinhaaren…nach xxx DS war es soweit, die Klinge rasierte auf gesamter Länge die Haare, allerdings am Kopf nur mit etwas Druck. Mit der Weisheit „Fehlende und/oder falsche Vorarbeit auf dem 1K holt später man nicht auf!“ im Kopf habe ich letztendlich noch xx DS extra gemacht…
Urzustand (Man kann auch einen 2. Winkel erkennen)
Nach der Arbeit auf dem 1K
Es folgte der Wechsel des Tapes und dann ging es auf den Naniwa 5K. Hier von Anfang mit DZ und nach ca 80(+) war auch an der Facette erkennbar, das etwas passiert. Immer wieder Kontrolle mit der Lupe und dann kam der 1. Versuch eines Haartests. In Ermangelung längerer Haare, mein Haupthaar halte ich auf knapp 10-12mm, half ich mir im Vorfeld bei einer befreundeten Frisörin mit entsprechenden Material aus. Spannender Augenblick - nix, nada, nein,…Also weiter mit DS, und zwar eine Menge davon. Irgendwann klappte dann an 2-3 Stellen ein durchtrennen eines Haares, aber weit entfernt von drauflegen und durch, dennoch, immerhin…Als ich visuell keine Veränderung an der Facette feststellen konnte, wechselte ich zum Naniwa 8K.
Nach dem 5K
Auf diesem Stein im gleichen Prozedere wie vorher und immer wieder die Kontrolle mit Lupe und Haar. Im Vorgehen und Anzahl derDoppelschübe gab es kaum Unterschiede zu 5K, dennoch klappte der Haartest mittlerweile auf größerer Breite der Schneide, zumindest bei meinem ganz persönlichen Art des Haartests. So mit drauflegen und lautem Pling ist da aber leider nix zu machen. Weiter geht es mit DS und Kontrolle. Es folgt dann aber auch der Wechsel zum 10K, vielleicht aus Frust.
Nach dem 8K
Warum auch immer, habe ich das Tape erneut gewechselt, wobei ich hier nicht auf einen zweiten Winkel geschielt habe, dann hätte ich doppelt getapet, sondern ich habe mich, wie auch schon auf dem 5K gewundert, dass plötzlich feine Krümel auf dem Stein waren. Auf die Idee den Ursprung beim Tape zu suchen, kam ich Anfangs nicht, zumal ich durchsichtige nutze. Erfahrung gesammelt und gespeichert. So alle 20 (+) DS kam dann auch wieder der Versuch mit dem Haar. Und siehe da, ich hätte nicht gedacht das der 10K eine solche signifikante Verbesserung bringt. Ein Haar mit 1cm Abstand zu den Fingerspitzen wurde mit wenig Bewegung durchtrennt, nahezu auf ganzer Länge der Schneide. Hurra! Pause…
Nach dem 10K
Nach einer Weile, immer wieder Kontrolle, bildete ich mir ein, mehr geht hier nicht mehr und wechselte zum Finale auf den Grey Slate. Schübe um Schübe folgten. Um vorher und auch jetzt den Überblick nicht zu verlieren, hatte ich mir einen guten alten manuellen „Schusszähler“ gekauft, alle 10 DS einmal drücken und man weiß grob wo man steht. Geht auf alle Fälle einfacher und besser als ne‘ Strichliste. Tja, das Alter…
Das mit dem Haartest drohte irgendwie sich wieder umzukehren, es funktionierte nur noch partiell an 3-4 Punkten der Schneidkannte. Ich war mir keines groben Fehlers bewußt, leichter Frust zu erkennen? In Gedanken war ich zwischen einem „Och nee“ und „vielleicht doch lieber Naturstein?“, machte aber dennoch weiter bis ich so 100 DS oder die 10 auf dem Schußzähler erkannte. Mal schauen, jetzt schon auf das Leder? Mit oder ohne Tape? In Gedanken schon wieder auf dem 5K ging es aber mit Tape zum Ledern. Die ersten 4-5 DZ erschreckten mich seitens der Akustik, schon recht deutlich vernahm ich den mir fremden Klang von einem sich umlegendem Grat. Alle RM die ich bis dato besitze, waren vorher durch den Besitzer oder Hersteller bereits geledert und so erschrak ich etwas, als ich diese Akustik vernahm. Als gelernter Tischler weiß ich durchaus, was z.B. mit einer Hobelklinge passiert, wenn beim Abzug der Grat „fällt“. Zurück am Arbeitsplatz nahm ich ein Haar zwischen die Fingerspitzen und…ja, der Wahnsinn, nahezu ohne Druck oder Zug wird es in zwei Teile geschnitten, und zwar fast durchgängig auf Klingenbreite. Erneut für knapp 50 DZ ans Leder, erneute Kontrolle, gleiches Ergebnis.
Nach GS und Ledern
Mit einem befriedigendem Lächeln beendete ich damit meinen ersten Schärfversuch. Eine Testrasur erfolgt, wenn neuerliche Stoppeln nachgewachsen sind.
Kleines Fazit nach der ersten Rasur:
Wenn ich das Böker (mein Referenzmesser, von
@Alvaro geschärft) als 1 (Schulnoten) sehe, stufe ich mein erstes eigenes Schärfen als befriedigend (+) ein, die Sanftheit als befriedigend (-). Allerdings fehlen mir hier mehr Erfahrungswerte. Alles in allem bin ich mit der ersten Arbeit an den Steinen recht zufrieden. Jetzt heißt es, mehr Erfahrungen sammeln und dem Ziel beharrlich nähern.
Zufrieden und optimistisch bleibt für heute zu melden…alles wohl kein Hexenwerk!
(Anm.: An der Qualität der Detailaufnahmen werde ich noch arbeiten.
)
Gruß
Gregor