Eine Rasur, und ich fühle mich genötigt etwas zu dieser Seife zu sagen. Vorweg, die Rasur war grandios!
Aber fangen wir vorne an. Bei der Optik.
Wie oben schon ersichtlich, kommt die Eisbår Seife in einer sehr schönen Verpackung. Sehr geschmackvoll ist das Ganze präsentiert und wenn auch die Optik nichts ersetzen kann, was bei den Qualitäten bezüglich der Rasur möglicherweise fehlen könnte, so ist doch dieser erste Eindruck sehr erhellend. Die Dose selber ist etwas größer als bei Klar oder Haslinger, was das Aufnehmen des Materials leichter machen sollte. Hätte man nun noch die Höhe der Klar-Dose gewählt, und somit dafür gesorgt, dass die Seife nicht wieder einmal mit dem Dosenrand abschließt, sondern ein vielleicht fünf Millimeter hoher Rand übrig bleibt, wäre es perfekt gewesen. Aber nein, man hat wieder einmal gute Chancen eine kleine Sauerei mit Pinsel und Seife anzurichten. Ähnlich wie bei der Klar Dose. Es hielt sich jedoch erstaunlich in Grenzen, vielleicht weil man() mit der Zeit geübter in solchen Dingen ist. Jedenfalls ist das Design für meinen Geschmack gelungen, ich mochte das Eisbärenmotiv schon immer. Jetzt haben wir ja auch die Erklärung, warum es bei Klar verschwunden ist und hier wieder auftaucht. Der Auftritt ist für mein Empfinden jedenfalls gut gemacht.
Zweiter, und schon deutlich wichtigerer Eindruck ist der Duft. Da haben wir nun erst mal zwei zur Auswahl. Vielleicht kommen ja mit der Zeit noch weitere dazu.
Gestern Abend habe ich mich zunächst auf die „01“ gestürzt und beim Probeschäumen den Duft betrachtet. Es ist der stärkere der beiden, in Bezug auf die Intensität. Zumindest hat man den Eindruck. Aus der Dose strömt einem ein warm holziger Duft mit dominanter Himbeere und Oud entgegen. Als Schaum verbindet sich alles zu einer wunderbaren Komposition, für mich leider nur nicht ganz nach meinen Vorlieben. Fruchtig, floral, leicht dunkel auf einem edlen Holzuntergrund. Himbeere, Rose und Oud übernehmen die Regie, Holz und Moschus runden ab. Stimmig und gekonnt verschmolzen. Oud-Fans kommen hier auf ihre Kosten. Aber obwohl Oud hier nicht überbetont ist, wird der Duft bei mir morgens nicht punkten können. Ich bin eben kein ausgewiesener Oud-Fan, aber das ist ja eine persönliche Sache. Der Duft ist klasse. Hat Verwandtschaft zu Klar‘s Klassik. Was dort die Johannisbeere vollzieht, erledigt hier die Himbeere. Was dort eine stärkere Betonung im Leder findet, erfährt hier einen Schwerpunkt im besagtem Oud. Ersteres ist mehr was für mich.
Heute Morgen war dann „02“ am Start und dieser Duft ist dagegen so richtig meins. Auch hier gibt es Florales, aber heller. Die Rose ist nicht dunkel, sondern verbindet sich mit Hölzern und Ambra zu einer weichen, cremig wirkenden, frischen Würzigkeit. Ich fühlte mich ein wenig erinnert an Wickhams Cashmere, die eine ähnlich „saubere“ aber im Vergleich eher kühlere Frische vermittelt. Im Auftritt also auch eher dezent gehalten, obwohl einen der Duft die ganze Zeit umschmeichelt. Ich mag das, wenn ein Duft deutlich präsent ist, aber keineswegs erschlägt. Solche Dinger haben bei mir das Potenzial auf Dauer interessant zu bleiben und noch interessanter zu werden. Auch hier wie bei 01 ist alles sehr gut miteinander verwoben, nichts stolpert heraus, nichts verkantet den Duft in eine unangenehme Ecke. Und bei beiden ist der Grundcharakter für mich tatsächlich wie auf der Umverpackung beworben eine nordisch, eisige Frische. Gefällt mir ausgezeichnet. Die Düfte bleiben übrigens länger auf der Haut, besonders „01“, sodass man länger etwas davon hat, was andererseits aber auch weitere Folgedüfte stören könnte. Ich denke, da sollte man schon in der Duftfamilie bleiben.
So, und nun das Wichtigste. Wie schlägt sich das Zeug nun bei der Rasur. Zunächst einmal ist die Materialaufnahme ziemlich unauffällig. Bei neuen Seifen nehme ich gerne eine Syntie, besonders den Omega EVO 2.0, da diese bei mir zuverlässig ohne viel Schnickschnack und Materialexperimente einer Seife das Beste entlocken können. Ca. 20 Sekunden kreiste der Pinsel auf der Seife. Das reichte locker für vier bis fünf Durchgänge. 10 Sekunden hätten vermutlich auch gereicht. Die Dachse werden länger auf der Seife benötigen. Schaumproduktion verlief spielend leicht. In kürzester Zeit war ein sahnig, cremiger Joghurt hergestellt. Sehr durstig scheint die Seife nicht zu sein, sie reagiert sehr spontan auf Wasserzugabe. Die äußere Erscheinung dieses Schaums ließ schon einiges erwarten und was dann folgte war allerfeinst, zumindest was die Seife angeht. Ich glaube, heute Morgen war die ASS mit der sechsten Rasur schon etwas überfordert. Die Eisbår jedenfalls hat abgeliefert, in allen Bereichen oberstes Regal. Im Ergebnis ein spiegelglattes Gesicht mit zwei kleinen Ausnahmen, die ich auf die verbrauchte Klinge schiebe. Das Aftershave war fast ganz ruhig, was wiederum den hervorragenden Gleiteigenschaften und dem üppig vorhandenen Ghostlather zu verdanken ist. Das Hautbild danach ist samtig gepflegt, so wie es mir entgegenkommt. Die Steuerung des Schaumes im Gesicht lässt ebenfalls keine Wünsche offen. Meine oben beschriebene Wasserenthaltsamkeit entspricht keineswegs einer Überempfindlichkeit, die sich bei so manchen Seifen gerne mal einstellt und dann nicht mehr rückgängig zu machen ist. Insgesamt möchte ich mich noch nicht zu sehr aus dem Fenster lehnen, es ist erst eine einzige Rasur gewesen. Aber eine gewisse Ähnlichkeit zur z.B. PAA liegt mir schon auf der Zunge wenn es um die Performance geht. Nicht ganz so fett und auch nicht ganz so explosiv in der Schaumproduktion wie die der Phoenix-Jungs, aber die Performance kann mithalten.
So, das war es erst einmal. Die Eisbår wird weiter beobachtet und mit einer neuen Klinge geprüft. Aber ich habe nicht den Eindruck, dass diese Seife noch irgendeine Enttäuschung bereit hält.
Vorläufiges Fazit: Gesamtauftritt spitze. Und in allen Einzeldisziplinen wie Rasureigenschaften, Schaumproduktion, Duft (in meinem Fall für die „02“ gesprochen) und Nachbereitung oberste Liga.