Neues aus der Werkstatt
Mehr ging nicht - weniger aber auch nicht!
…ein Rettungsversuch…
Der Grund dafür, diese Solinger 5/8-Klinge neu zu verheiraten, war eine wohl etwas dilettantische Arbeit des Vorbesitzers. Dieser hatte aus welchen Gründen auch immer das Messer zumindest am Erl neu vernietet und dafür keine Nietrosetten verwendet, sondern Belag- bzw. Unterlegscheiben genommen, die „normalerweise“ zwischen Heft und Klinge eingesetzt werden, um evtl. auftretende Reibung beim Öffnen & Schließen des Messers zu minimieren. Dazu kam, dass sich der Rand einer dieser Unterlegscheiben beim Vernieten durch den entstandenen Druck ein wenig hochgestellt hatte. Alles in allem also kein besonders schöner Anblick. Und da das Auge ja schließlich mitrasiert, erfolgte der Umzug in neue, selbst hergestellte Schalen.
Ich darf vorstellen, das
GlaDesign IV
(Solinger Wertarbeit)
Als Material habe ich diesmal ein Teakholz, welches sich durch seine schöne, dunkle braune Farbe doch recht deutlich von dem allzu bekannten Boots- und Gartenmöbelrot unterscheidet. Für den einen oder anderen mag die Größe oder die Proportionen recht „knapp“ gewählt scheinen, sind aber, und da bin ich ehrlich, eher einem Bearbeitungsfehler denn meinen Designideen geschuldet. Beim Zuschnitt der Rohlinge für die Schalen auf der Dekupiersäge bin ich nämlich auf der Oberseite einmal recht heftig von der aufgeklebten Schablone „abgedriftet“. Zuerst wollte ich schon alles in die Tonne mit der Aufschrift „Heizung“ werfen, entschied mich dann aber doch dazu, zumindest zu versuchen, den Verschnitt einigermaßen zu egalisieren. Am Ende muss ich sagen, dass mir das Ergebnis doch gut gefällt. Das schlanke Profil gibt der 5/8-Klinge eine gewisse Größe und der Blick, der dem Betrachter schon im geschlossenen Zustand auf Teile der Goldätzung möglich ist, macht auch a bisserl neugierig auf den „Rest“.
Als Abstandshalter kam für mich aufgrund der Klingenbreite diesmal kein „Sandwich“ in Frage. Ich habe mich hier für einteilig und Neusilber entschieden. Auch bei der Vernietung verbot die schlanke Bauweise große Nietrosetten, wie etwa die Bullseye aus dem Hause Koraat. Hier habe ich einfache Nietsätze aus dem Hause REVISOR (Solingen) verwendet. Um das Heft gegen widrige, feuchte Einflüsse zu schützen, ging ich bei diesem Heft einen neuen Weg: Anstatt wie bisher mit DanishOil zu arbeiten, habe ich mit selbst hergestelltem Holzschutzmittel (…weiter unten mehr dazu…) aus Leinölfirnis, Bienen- und Carnaubawachs gearbeitet. Da wird die Zukunft zeigen, ob und wie sich das Holz verhalten wird.
…gibt es auch hier nicht viele Besonderheiten zu berichten. Erstmalig habe ich bei diesen Heftschalen mit einer Papiervorlage gearbeitet, von der ich nicht wie sonst den Umriss auf das Holz übertragen habe, sondern ich habe die maßstabsgetreue Papierschablone mit Holzleim auf das Holz geklebt. Dies hat den Vorteil, dass einerseits der Aufriss nicht verwischen kann, andererseits aber den (zugegeben kleinen) Nachteil, dass man beim Aussägen selbst für ein wenig Zugabe sorgen muss. Letzteres hatte ja auch zu meinem Fehler/Verschnitt gesorgt. Die Entfernung der Papierschablone funktioniert mit der Ziehklinge wunderbar und erinnerte mich an meine Lehrzeit mit den ersten Furnierarbeiten an einem Schachbrett, welches ich übrigens noch heute besitze.
Zur Oberflächenbehandlung …
Das Holzpflegemittel, auch „Spoon-Butter“ genannt, habe ich, wie oben bereits erwähnt, selbst hergestellt und es besteht aus Leinöl-Firnis, Bienen- und Carnaubawachs. Letzteres hat dank seines immens hohen Schmelzpunktes einen hervorragenden Oberflächenschutz. Alle Zutaten wurden in einem Wasserbad erhitzt und vermischt. Ich habe Leinöl-Firnis verwendet, da dieser ja im Gegensatz zu „normalem“ Leinöl zur Beschleunigung des Aushärtens entsprechende Zusatzstoffe enthält. Beim Erhitzen ist zu beachten, dass das Carnaubawachs mit ca. 80–88°C einen sehr hohen Schmelzpunkt hat. Um sicherzustellen, dass sich alles gut vermischt, habe ich das „Gemisch“ für 1–2 min. auf >90°C erhitzt.
Das Mischungsverhältnis: 60g Leinöl-Firnis + 35g Bienenwachs + 5g Carnaubawachs
Das Ergebnis dieses Mischungsdreiecks ergibt ein recht hartes Produkt, welches aber dennoch zum Auftragen mit einem fusselfreien Tuch aufgenommen und aufgetragen werden kann. Hier ist letztendlich auch die Vorliebe und der Pragmatismus gefragt: Wer ein weicheres Produkt möchte, gibt etwas mehr Leinöl-Firnis hinzu. Falls man erst hinterher feststellt: „Mir gefällt die Konsistenz nicht“, keine Sorge, einfach das Ganze erneut erhitzen und entsprechend den Bestandteil der Wahl hinzugeben.
Danke und Gruß
Gregor