Koraat
Hersteller/Händler
Hallo,
vor langer Zeit habe ich mal versprochen einen Thread zum Thema Stahl und geeigneten Legierungen für Rasiermesser aufzumachen. Da ich momentan etwas Zeit übrig habe, habe ich mich hingesetzt und ein bisschen was dazu geschrieben. Nur werden das, so wie es aussieht, Seiten um Seiten durch die sich sicherlich nur die Wenigsten durchkämpfen wollen.
Daher habe ich eine andere Idee.
Ich liste an dieser Stelle ein paar Themen auf die immer wieder angesprochen wurden und zu denen es anscheinend öfter mal Fragen gibt und ihr stellt mir dazu konkrete Fragen.
Die werde ich dann soweit ich kann beantworten.
Sollte das ganze gut laufen könnte man ja irgendwann in einem eigenen Thread übersichtlich alle Fragen und Antworten zusammenschreiben und diesen Thread dann anpinnen.
So dann mal zu den Themen die immer wieder auftauchen:
Alter Stahl vs. Neuer Stahl
Damast/Wootz Vorteile und Nachteile
Rostfrei vs Rostend
Verhältnis von Härte und Spödigkeit
Verhältnis von Härte und Schärfbarkeit
Verhältnis von Härte und Standzeit
Einfluss von Legierung auf die Schärfe/Härte/Standzeit
Das ist natürlich nur eine kleine Auswahl, wenn euch noch andere Sachen einfallen nur zu!
Hier eine Auswahl einiger Fragen und Antworten:
Frage 1: Entsteht die Stahlstruktur durch das Schmieden oder eher durch die Wärmebehandlung? Bekomme ich durch langes Schmieden feineren Stahl und damit bessere Schnitt- und Schärfeigenschaften?
Die Stahlstruktur entsteht ursprünglich beim Gießen des Stahls. Schmieden und Wärmebehandlung beeinflussen diese nur.
Das kann eine positive Beeinflussung ebenso wie eine negative sein, und zwar in beiden Fällen.
Schon wenn der Stahl nach dem Schmelzen fest wird bildet er eine Kristallstruktur. Diese ist von der Stahlart und von der Abkühlgeschwindigkeit abhängig. Sie ist jedoch immer sehr grob, verglichen mit dem gewünschten Endprodukt. Mann spricht hier von Grobkorn nach dem Gießen und bearbeitet den Stahl durch Schmieden und Wärmebehandlung mit dem Ziel im Endprodukt Feinkorn zu erzeugen. Um sich das besser vorstellen zu können: Nach dem Gießen können die einzelnen Stahlkristallite (Körner) im Millimeter Bereich liegen. Im Endprodukt sollten Werte im Bereich von Tausendstel Millimeter erreicht werden.
Das Schmieden:
Beim Schmieden gibt es zwei gegenläufige Effekte. Die hohe Erhitzung und die Verformung des Materials.
Das starke Erhitzen führt zu einem Wachstum des Korns, also einer aus unserer Sicht Verschlechterung des Struktur. Je länger man den Stahl auf hohen Temperaturen hält desto stärker ist der Effekt.
Insofern kann man sagen, dass langes Schmieden eher schlecht ist und man dadurch einen Stahl mit grober Struktur erhält. Zudem kann Stahl bei hoher Temperatur Kohlenstoff verlieren, was ihn schlechter Härtbar macht. Zudem kann er durch Schwefel oder Sauerstoffaufnahme Verspröden.
Die Umformung hingegen, also das austrecken, des Stahls mit dem Hammer führt dazu, dass das Korn feiner wird, also zu einer Verbesserung der Struktur.
Zusammenfassend kann man sagen, dass schnelles und starkes Durchschmieden bei der niedrigst möglichen Temperatur das beste Ergebnis erzielt. Insofern ist Gesenkschmieden wie es häufig gemacht wird optimal.
Die Wärmebehandlung:
Die Wärmebehandlung hat vereinfacht gesagt zwei Ziele. Zum einen eine weitere Verfeinerung des Korns nach dem Schmieden, zum anderen soll der Stahl möglichst weich werden um gut bearbeitet werden zu können.
Ersteres geschieht indem man den Stahl mehrfach in den Bereich der Härtetemperatur erhitzt (je nach Stahl 770-1050 Grad) und rasch wieder abgekühlt. Das ganze ist ähnlich wie das spätere Härten.
Hierbei passiert folgendes: Aufgrund der schnellen Abkühlung entstehen aus dem ursprünglichen großen Korn, durch umkristallisierung mehrere Kleine. Wiederholt man das Ganze vervielfacht sich der Effekt. Als Beispiel: Aus einem Kristall werden 4, aus diesen 4 werden 16 usw.
Allerdings gibt es auch eine Untergrenze die man einfach nicht unterschreiten kann.
Zweiteres passiert in dem man den Stahl knapp unter der Härtetemperatur für längere Zeit glüht (2-5 std). Hierbei werden die Körner nicht größer, denn dieser Effekt tritt erst oberhalb der Härtetemperatur merklich auf. Danach ist der Stahl weich und somit gut zu bearbeiten.
Abschließend ist hier zu sagen, dass in der Wärmebehandlung das höchste Potenzial zur Verbesserung der späteren Eigenschaften liegt.
Frage 2: "Silberstahl". Ist das der günstigste Kompromiss aus Härte/Zähigkeit/Schnitthaltigkeit?
Silberstahl (Werkstoffnummer 1.2210) ist sicher ein günstiger Kompromiss, wenn auch sicher nicht der einzige. Viel mehr ist es die Verfügbarkeit die ihn so beliebt macht. Es gibt einige andere Stähle die Ebensogute oder sogar besser Eigenschaften aufweisen, die aber in der heutigen Industrie kaum mehr gebraucht werden und somit auch schwer zu bekommen sind.
Als Beispiel wäre 1.2516 zu nennen.
Allerdings geht es hier nur Nuancen und ebenso um persönlichen Geschmack bezüglich der Standzeit.
Silberstahl ist mit seinem Kohlenstoffgehalt von etwa 1,15% voll Härtbar was eine Grundvoraussetzung bei rasiermessern ist. Die Zusätze an Chrom und Vanadium erhöhen die Standzeit und erleichtern bei der Wärmebehandlung das Erzeugen von Feinkorn.
Frage 3: Wo ist in diesem Zusammenhang Damaszener Stahl einzuordnen. Beim Rasiermesser eher Liebhaberei? Oder bringt die Faltung ein Plus an Eigenschaften?
Damaststahl ist, wenn man von Schlagbeanspruchung absieht, immer nur so gut wie seine Komponenten. Da diese aber ganz normale Stähle sind, kann er nicht mehr Leistung als diese bringen. Vielmehr besteht die Gefahr bei der langwierigen Herstellung von Damast Fehler zu machen und somit die Qualität zu mindern. Meiner Meinung ist ein Dreilagiger Aufbau die beste Möglichkeit die Schönheit von Damast als Zierde zu nutzen. In der Schneide bringt er keinen Vorteil, unter Umständen aber einen Nachteil.
Frage4: Wo liegen die Unterschiede zwischen 1.2442 und 1.2210?
Beide Stähle haben einen mittleren Kohlenstoffgehalt von 1,15%, und sind leicht legiert.
Im Fall des 1.2210 sind Chrom und Vanadium beigesetzt und ergeben in Summe 0,8% an Legierungszusatz.
Beim 1.2442 ist es Wolfram mit etwa 2%, Manche Quellen geben auch noch 0,2% Chrom an, das kann aber als Verunreinigung betrachtet werden.
Beide Stähle sind also übereutektoid, sprich sie haben nach dem Härten noch freien Kohlenstoff um Karbide zu bilden, die die Verschleißbeständigkeit erhöhen.
Beim 1.2210 sind das hauptsächlich Zementit, also Eisenkarbid sowie Chromvanadium Karbide.
Beim 1.2442 sind es hingegen hauptsächlich W2C Karbide.
Bei beiden Stählen lassen sich die Karbide gänzlich in Lösung bringen, und sind demnach durch die Wärmebehandlung zu verfeinern.
Die erreichbare Härte ist beim 1.2442 höher, ein Effekt den man öfters bei wolframlegierten Stählen beobachten kann. Ich denke Ansprungshärten bis zu 68hrc sollten bei den dünnen Abmessungen möglich sein. Durch Anlassen sollte sich eine hohe Gebrauchshärte von etwa 63-64hrc einstellen lassen. Beim 1.2210 werden es eher nur 61-62 hrc sein.
Ein großer Unterschied besteht darin, dass beim 1.2210 auch noch eine volle Härteannahme stattfindet, wenn keine Karbide gelöst sind, beim 1.2442 muss man davon ausgehen, dass erst nach Lösung einer gewissen Menge an W2C genug Kohlenstoff für die Härtung zur Verfügung steht.
Das erklärt auch weshalb die minimale Härtetemperatur hier höher angesetzt ist, als beim 1.2210.
Desweiteren ist beim 1.2442 wahrscheinlich schon die Gefahr gegeben, dass sich beim Spannungsarmglühen (Temperaturbereich 600-700 Grad) das einfache Wolframkarbid WC bildet, welches nicht mehr durch Wärmebehandeln zu beseitigen ist, sondern sich erst durch Aufschmelzen wieder in Lösung begibt. In dem Fall könnte ein zu langes Spannungsarmglühen dazu führen, dass zuviel Kohlenstoff als Karbid gebunden wird und keine volle Härtung mehr möglich ist. Ähnliches ist zumindest vom 1.2562 (1,5%C 3%W) bekannt.
Solltest du ihn schmieden, wovon ich aber nicht ausgehe, würdest du beim 1.2442 eine erhöhte Warmfestigkeit bemerken.
Das Schleifen im weichgeglühten Zustand wird bei beiden Stählen etwa ähnlich leicht gehen, da sich die feinen Karbide in der weichen Grundmasse nicht so bemerkbar machen. Im gehärteten Zustand hingegen, werden die hoch verschleißbeständigen Wolframkarbide zu einem erhöhten Bandverschleiß führen.
Gleiches gilt auch für das Schärfen der Klinge sowie die spätere Standzeit der Schneide. Sie wird beim 1.2442 besser sein.
Bei richtiger Wärmebanhandlung sollte sich in der erreichbaren Schärfe kaum ein Unterschied zeigen. Sie wird beim 1.2442 nur etwas schwerer zu erzeugen sein.
Frage 5: Über welche Legierungselemente lassen sich sehr verschleißfeste Stähle mit dennoch feinem Gefüge einstellen?
Niedrig legierter Werkzeugstahl: Verschleißfestigkeit geht hier von schlecht bis gut. Rostträge sind sie gar nicht. Das Korn ist extrem fein einstellbar, dadurch erreicht man auch eine gute Zähigkeit.
Die beste Wahl aus dieser Gruppe wäre für dich 1.2562. Der ist knapp unter der "magischen Grenze" an Legierungszusatz und hat daher gerade noch keine groben Primärkarbide. Durch die 1,5% Kohlenstoff und 3%Wolfram ist er schon ziemlich verschleißbeständig. Günstig wirkt sich auch aus, dass er sich bis auf 69 hrc härten lässt
Nichtrostende martensitische Stähle: Das sind Stähle mit Kohlenstoffgehalten zwischen 0,5-1% und einem Zusatz an Chrom in höhe von 14-18%. Sie werden so gehärtet, dass auf jeden Fall 14% Chrom in Lösung gehen, also nicht mehr als Karbid vorliegen, dadurch wird der Stahl erst rostbeständig. Mit steigendem Kohlenstoffgehalt und Chromgehalt, bleiben nach der Härtung immer mehr Chromkarbide übrig, die die verschleißbeständigkeit erhöhen, jedoch auch die Zähigkeit herabsetzen und teil recht groß ausfallen. Sie sind aufgrund ihrer Zusammensetzung und Härtung kaum so hart zu bekommen wie niedrig legierte Stähle. Meist reicht es nur für um die 59-61hrc.
Aus dieser Gruppe würde ich persönlich am ehesten AEB-L wählen. Er erreicht eine Feinkörnigkeit wie niedrig legierte Stähle, lässt sich sogar auf bis zu 63-64hrc härten und ist bei normalem Gebrauch rostbeständig. Er ist mangels vieler Karbide aber nicht sehr verschleißfest.
Hochlegierte Stähle: Hier gibt es die Möglichkeit zwischen HSS Stählen und lederburitischen Chromstählen zu wählen. HSS ist zwar überragend in der Verschleißbeständigkeit, hat aber keine gute Zähigkeit, erlaubt keine wirklich feinen Schneiden und ist aufgrund der Zusammensetzung und Härtung im Sekundärhärtemaximum nicht rostbeständig. Somit fällt HSS weg.
Manche der lederburitischen Chromstähle haben genug Chrom um sowohl rostbeständig als auch extrem verschleißfest zu sein. Allerdings weisen sie enorme Karbide auf. Daher muss man hier auf die PM Qualitäten zurückgreifen. Man hat dann einen Stahl der absolut katastrophal zu bearbeiten ist, halbwegs scharf wird und das aufgrund der extremen Verschleißfestigkeit auch sehr lange bleibt. Die Zähigkeit ist gegenüber den niedrig legierten und den nichtrostenden martensitischen Stählen eher als schlecht einzustufen. Ich kann dir hier keinen konkreten Kandidaten nennen. Aber bei den Microclean PM Stählen von Böhler wird man sicher fündig.
Um deine Ausgangsfrage nochmal konkret zu beantworten. Wolfram wäre für mich immer das Legierungselement der Wahl um eine hohe Verschleißfestigkeit bei gutem Gefüge einzustellen. Allerdings führt auch bei Wolfram ein zu hoher Gehalt zu groben Karbiden. Das ist ist bis auf kleine Unterschiede bei allen Karbidbildenden Metallen gleich.
Wenn ich dieses Küchenmesser anfertigen müsste, und diese Vorgaben hätte würde ich einen Sanmai Aufbau (drei Lagen Klinge) wählen.
Einen Kern aus 1.2562 für gute Verschleißbeständigkeit und eine sehr feine Schneide. Und Außenlagen aus einem nichtrostenden Stahl wie V2A oder V4A. Die Klinge ist dann extrem Scharf, gut verschleißbeständig und sehr pflegeleicht. Einzig das Nachschärfen ist hier schon etwas anspruchsvoll.
Was mir nicht ganz klar ist, wodurch wird das Wachstum der Karbide beeinflusst?
Das Wachstum der Karbide wird durch die beiden Faktoren Temperatur und Zeit beeinflusst. Einen weiteren Einfluss können auch diffusionshemmende Legierungszusätze wie Nickel und Cobalt haben, aber das ist dann schon ein extrem spezielles Thema, wo ich an meine Wissensgrenze stoße.
Bei den Karbiden ist es etwas anders, als bei der Stahlmatrix selbst. Dort gilt ja, je höher die Temperatur, desto gröber wird das Korn. Bei den Karbiden gilt das nicht unbedingt, da sie ab einer bestimmten Temperatur ja in Lösung gehen (ausnahme sind Primärkarbide die man nicht lösen kann)
Vereinfacht dargestellt ist es so.
Erhitzt man Stahl bis alle Karbide gelöst sind, und kühlt ihn dann sehr langsam ab, werden die Karbide sehr groß. Es ist einfach viel Zeit für Diffusion gegeben, sodass sich kleinere Strukturen zu größeren zusammenschließen können.
Kühlt man ihn hingegen schnell ab gibt es nur wenig Zeit zur Diffusion und es entstehen viele aber kleine Karbide.
Härtet man ihn hingegen, kühlt ihn also so schnell ab dass der Kohlenstoff gar nicht diffundieren kann und im Gitter "eingesperrt" wird gibt es theoretisch gar keine Karbide. Allerdings werden selbst beim normalen Anlassen zwischen 100-200 Grad bereits wieder feine Anlasskarbide gebildet, welche teils nur Nanometer groß sind. Lässt man einen geeigneten Stahl auf sein Sekundärhärtemaximum an (temp. Bereich um die 500-570 Grad) bilden sich sehr viele solcher Anlasskarbide die ebenfalls noch extrem fein sind.
Man kann also sagen, je höher die Temperatur ist bei der ein karbid ausgeschieden wird, desto größer ist es. Je niedriger die Temperatur desto kleiner wird es sein.
Und ebenso gilt für die Abkühlung, langsam=groß schnell=klein.
Wieviel der zulegierten Karbidbildner werden tatsächlich zu Karbid umgesetzt ?
Allgemein gilt, ist genug Kohlenstoff vorhanden und die Zeit zur Karbidbildung gegeben werden alle Karbidbildner zu Karbid umgewandelt. Je nach Zusammensetzung des Stahls bilden sich auch sehr unterschiedliche Karbide. Auch Mischkarbide aus verschiedenen karbidbildnern sind möglich. Dabei wird meist weniger Kohlenstoff gebunden als in einfachen Karbiden. Ein Beispiel für verschiedene Karbide wäre Chrom. Es kann sowohl als Cr7C3 , aber auch als Cr23C6 ausgeschieden werden.
Neigen die etwas selteneren Legierungselemte wie Niob, Hafnium, Titan oder Tantal ebenso zu großen Karbiden?
Die seltenen Erden, haben zumindest die höchste Affinität zu Kohlenstoff. das heißt sie bilden immer zuerst karbide, noch bevor es andere Karbidbildner tun. Am Höchsten ist die Affinität bei Titan. Hier ist es so extrem, dass schon ab 1% Titanzusatz Primärkarbide entstehen die nicht mehr lösbar sind. Zugleich sind Titankarbide schwer fein zu bekommen, weshalb Titan keine sehr gute Wahl ist. Höchstens in winzigen Mengen. Zugleich hat Titan auch so eine hohe Affinität zu Sauerstoff, dass es unter normaler Atmosphäre fast unmöglich ist es in den Stahl zu legieren. Es bindet dort jedes bisschen Sauerstoff und verbindet sich dann mit der Schlacke. Man könnte es also zum reinigen der Schmelze nutzen, nur, dass Aluminium das gleiche bewirkt und viel billiger ist.
Hafnium und Zirkonium verhalten sich ähnlich.
Interessant wird es bei Niob und Tantal, diese beiden lassen sich gut einlegieren und haben den Vorteil, dass sie sehr harte, relativ feine Karbide bilden die zudem kaum zu Seigerungen neigen. Die Menge die man einlegieren kann ist jedoch recht begrenzt, da die Löslichkeit im Stahl gering ist. Überschreitet man die Löslichkeitsgrenze erzeugt man wieder Primärkarbide.
Leider weiß ich auch nicht wie diese sich in Bezug auf die Härte verhalten, da ich nur Härtewerte in Mohs finde. Da ist die Skala zum sinnvollen Vergleichen dummerweise zu grob.
Um dir ein wenig zu helfen, hier einige Härtewerte in Vickers (0-10000 wobei 10000 Diamant ist)
Niob/Vanadium/Titan als einfaches MC Karbid: 2200-3200
Wolfram als WC und W2C Karbid: 2500-3000
Eisen und Molybdän als M2C Karbid: 1400-1700
Chrom als M7C3 Karbid: 1200-1600
Eisen als M3C Karbid (Zementit): 800-1100
Und als Referenz, reiner Martensit: 500-1000
Wie verhält sich Wootzstahl für Rasiermesser?
Also meine ganz persönliche Meinung zu Wootz für Rasiermesser ist die:
Wenn man sich sehr viel Mühe gibt kann man sicher Wootzrasiermesser herstellen die eine gute Leistung erbringen allerdings wäre Wootz nie meine erste Wahl. Das liegt daran, dass man sich für rasiermesser in Regel eine möglichst homogene sehr feinkörnige Schneide wünscht. Wootz hingegen ist per definition nicht homogen sondern ein Verbund aus martensitischer Grundmatrix und sehr groben Karbidsträngen, was auch für die Optik verantwortlich ist. Allerdings handelt es sich bei dem Karbid um Eisenkarbid welches verglichen mit anderen Karbiden (Wolfram Vanadium Chrom....) relativ "weich" ist und zudem recht fein ausgeschieden werden kann. Es lässt sich also auch damit eine brauchbare Schärfe erzielen. Das Risiko von Ausbrüchen ist aber erhöht.
Was langzeiterfahrungen betrifft ist das so eine Sache. Es gibt nämlich nicht DEN Wootz. Wootz kann von 1,5%Kohlenstoff bis 2,5% Kohlenstoff enthalten. Das ist ein breites Spektrum an Eigenschaften. Bei 1,5% sind wir noch im Bereich von niedrig legiertem Werkzeugstahl, während 2,5% schon Gusseisen entsprechen. Messer aus diesen verschienenen Wootzarten werden sich ganz unterschiedlich verhalten. JE höher der C Gehalt desto höher auch die Karbidmenge. Das wiederum erhöht die Verschleißfestigkeit stark setzt aber auch die Elastizität deutlich herab.
Auf lange Sicht wird ein Messer aus so einem Wootz sehr lange leidlich scharf sein.
Während eines mit weniger C Gehalt früher stumpf aber anfangs schärfer wird.
Dass das Interesse abflaut liegt zum einen an der Mode. Wie überall sonst gibt es auch beim Stahl manchaml einen "hype" der dann wieder abnimmt.
Aber natürlich spielt der Herstellungsprozess ebenfalls eine Rolle und nicht zuletzt sind die Erwartungen durch den Hype so groß, dass das Material dem nicht genügen kann und sich dadurch oft auch Enttäuschung über die Leistung einstellt.
mfg
Ulrik
In Abstimmung mit Ulrik hierhin verschoben, da klassische "Messerkunde"
VG
Hellas
vor langer Zeit habe ich mal versprochen einen Thread zum Thema Stahl und geeigneten Legierungen für Rasiermesser aufzumachen. Da ich momentan etwas Zeit übrig habe, habe ich mich hingesetzt und ein bisschen was dazu geschrieben. Nur werden das, so wie es aussieht, Seiten um Seiten durch die sich sicherlich nur die Wenigsten durchkämpfen wollen.
Daher habe ich eine andere Idee.
Ich liste an dieser Stelle ein paar Themen auf die immer wieder angesprochen wurden und zu denen es anscheinend öfter mal Fragen gibt und ihr stellt mir dazu konkrete Fragen.
Die werde ich dann soweit ich kann beantworten.
Sollte das ganze gut laufen könnte man ja irgendwann in einem eigenen Thread übersichtlich alle Fragen und Antworten zusammenschreiben und diesen Thread dann anpinnen.
So dann mal zu den Themen die immer wieder auftauchen:
Alter Stahl vs. Neuer Stahl
Damast/Wootz Vorteile und Nachteile
Rostfrei vs Rostend
Verhältnis von Härte und Spödigkeit
Verhältnis von Härte und Schärfbarkeit
Verhältnis von Härte und Standzeit
Einfluss von Legierung auf die Schärfe/Härte/Standzeit
Das ist natürlich nur eine kleine Auswahl, wenn euch noch andere Sachen einfallen nur zu!
Hier eine Auswahl einiger Fragen und Antworten:
Frage 1: Entsteht die Stahlstruktur durch das Schmieden oder eher durch die Wärmebehandlung? Bekomme ich durch langes Schmieden feineren Stahl und damit bessere Schnitt- und Schärfeigenschaften?
Die Stahlstruktur entsteht ursprünglich beim Gießen des Stahls. Schmieden und Wärmebehandlung beeinflussen diese nur.
Das kann eine positive Beeinflussung ebenso wie eine negative sein, und zwar in beiden Fällen.
Schon wenn der Stahl nach dem Schmelzen fest wird bildet er eine Kristallstruktur. Diese ist von der Stahlart und von der Abkühlgeschwindigkeit abhängig. Sie ist jedoch immer sehr grob, verglichen mit dem gewünschten Endprodukt. Mann spricht hier von Grobkorn nach dem Gießen und bearbeitet den Stahl durch Schmieden und Wärmebehandlung mit dem Ziel im Endprodukt Feinkorn zu erzeugen. Um sich das besser vorstellen zu können: Nach dem Gießen können die einzelnen Stahlkristallite (Körner) im Millimeter Bereich liegen. Im Endprodukt sollten Werte im Bereich von Tausendstel Millimeter erreicht werden.
Das Schmieden:
Beim Schmieden gibt es zwei gegenläufige Effekte. Die hohe Erhitzung und die Verformung des Materials.
Das starke Erhitzen führt zu einem Wachstum des Korns, also einer aus unserer Sicht Verschlechterung des Struktur. Je länger man den Stahl auf hohen Temperaturen hält desto stärker ist der Effekt.
Insofern kann man sagen, dass langes Schmieden eher schlecht ist und man dadurch einen Stahl mit grober Struktur erhält. Zudem kann Stahl bei hoher Temperatur Kohlenstoff verlieren, was ihn schlechter Härtbar macht. Zudem kann er durch Schwefel oder Sauerstoffaufnahme Verspröden.
Die Umformung hingegen, also das austrecken, des Stahls mit dem Hammer führt dazu, dass das Korn feiner wird, also zu einer Verbesserung der Struktur.
Zusammenfassend kann man sagen, dass schnelles und starkes Durchschmieden bei der niedrigst möglichen Temperatur das beste Ergebnis erzielt. Insofern ist Gesenkschmieden wie es häufig gemacht wird optimal.
Die Wärmebehandlung:
Die Wärmebehandlung hat vereinfacht gesagt zwei Ziele. Zum einen eine weitere Verfeinerung des Korns nach dem Schmieden, zum anderen soll der Stahl möglichst weich werden um gut bearbeitet werden zu können.
Ersteres geschieht indem man den Stahl mehrfach in den Bereich der Härtetemperatur erhitzt (je nach Stahl 770-1050 Grad) und rasch wieder abgekühlt. Das ganze ist ähnlich wie das spätere Härten.
Hierbei passiert folgendes: Aufgrund der schnellen Abkühlung entstehen aus dem ursprünglichen großen Korn, durch umkristallisierung mehrere Kleine. Wiederholt man das Ganze vervielfacht sich der Effekt. Als Beispiel: Aus einem Kristall werden 4, aus diesen 4 werden 16 usw.
Allerdings gibt es auch eine Untergrenze die man einfach nicht unterschreiten kann.
Zweiteres passiert in dem man den Stahl knapp unter der Härtetemperatur für längere Zeit glüht (2-5 std). Hierbei werden die Körner nicht größer, denn dieser Effekt tritt erst oberhalb der Härtetemperatur merklich auf. Danach ist der Stahl weich und somit gut zu bearbeiten.
Abschließend ist hier zu sagen, dass in der Wärmebehandlung das höchste Potenzial zur Verbesserung der späteren Eigenschaften liegt.
Frage 2: "Silberstahl". Ist das der günstigste Kompromiss aus Härte/Zähigkeit/Schnitthaltigkeit?
Silberstahl (Werkstoffnummer 1.2210) ist sicher ein günstiger Kompromiss, wenn auch sicher nicht der einzige. Viel mehr ist es die Verfügbarkeit die ihn so beliebt macht. Es gibt einige andere Stähle die Ebensogute oder sogar besser Eigenschaften aufweisen, die aber in der heutigen Industrie kaum mehr gebraucht werden und somit auch schwer zu bekommen sind.
Als Beispiel wäre 1.2516 zu nennen.
Allerdings geht es hier nur Nuancen und ebenso um persönlichen Geschmack bezüglich der Standzeit.
Silberstahl ist mit seinem Kohlenstoffgehalt von etwa 1,15% voll Härtbar was eine Grundvoraussetzung bei rasiermessern ist. Die Zusätze an Chrom und Vanadium erhöhen die Standzeit und erleichtern bei der Wärmebehandlung das Erzeugen von Feinkorn.
Frage 3: Wo ist in diesem Zusammenhang Damaszener Stahl einzuordnen. Beim Rasiermesser eher Liebhaberei? Oder bringt die Faltung ein Plus an Eigenschaften?
Damaststahl ist, wenn man von Schlagbeanspruchung absieht, immer nur so gut wie seine Komponenten. Da diese aber ganz normale Stähle sind, kann er nicht mehr Leistung als diese bringen. Vielmehr besteht die Gefahr bei der langwierigen Herstellung von Damast Fehler zu machen und somit die Qualität zu mindern. Meiner Meinung ist ein Dreilagiger Aufbau die beste Möglichkeit die Schönheit von Damast als Zierde zu nutzen. In der Schneide bringt er keinen Vorteil, unter Umständen aber einen Nachteil.
Frage4: Wo liegen die Unterschiede zwischen 1.2442 und 1.2210?
Beide Stähle haben einen mittleren Kohlenstoffgehalt von 1,15%, und sind leicht legiert.
Im Fall des 1.2210 sind Chrom und Vanadium beigesetzt und ergeben in Summe 0,8% an Legierungszusatz.
Beim 1.2442 ist es Wolfram mit etwa 2%, Manche Quellen geben auch noch 0,2% Chrom an, das kann aber als Verunreinigung betrachtet werden.
Beide Stähle sind also übereutektoid, sprich sie haben nach dem Härten noch freien Kohlenstoff um Karbide zu bilden, die die Verschleißbeständigkeit erhöhen.
Beim 1.2210 sind das hauptsächlich Zementit, also Eisenkarbid sowie Chromvanadium Karbide.
Beim 1.2442 sind es hingegen hauptsächlich W2C Karbide.
Bei beiden Stählen lassen sich die Karbide gänzlich in Lösung bringen, und sind demnach durch die Wärmebehandlung zu verfeinern.
Die erreichbare Härte ist beim 1.2442 höher, ein Effekt den man öfters bei wolframlegierten Stählen beobachten kann. Ich denke Ansprungshärten bis zu 68hrc sollten bei den dünnen Abmessungen möglich sein. Durch Anlassen sollte sich eine hohe Gebrauchshärte von etwa 63-64hrc einstellen lassen. Beim 1.2210 werden es eher nur 61-62 hrc sein.
Ein großer Unterschied besteht darin, dass beim 1.2210 auch noch eine volle Härteannahme stattfindet, wenn keine Karbide gelöst sind, beim 1.2442 muss man davon ausgehen, dass erst nach Lösung einer gewissen Menge an W2C genug Kohlenstoff für die Härtung zur Verfügung steht.
Das erklärt auch weshalb die minimale Härtetemperatur hier höher angesetzt ist, als beim 1.2210.
Desweiteren ist beim 1.2442 wahrscheinlich schon die Gefahr gegeben, dass sich beim Spannungsarmglühen (Temperaturbereich 600-700 Grad) das einfache Wolframkarbid WC bildet, welches nicht mehr durch Wärmebehandeln zu beseitigen ist, sondern sich erst durch Aufschmelzen wieder in Lösung begibt. In dem Fall könnte ein zu langes Spannungsarmglühen dazu führen, dass zuviel Kohlenstoff als Karbid gebunden wird und keine volle Härtung mehr möglich ist. Ähnliches ist zumindest vom 1.2562 (1,5%C 3%W) bekannt.
Solltest du ihn schmieden, wovon ich aber nicht ausgehe, würdest du beim 1.2442 eine erhöhte Warmfestigkeit bemerken.
Das Schleifen im weichgeglühten Zustand wird bei beiden Stählen etwa ähnlich leicht gehen, da sich die feinen Karbide in der weichen Grundmasse nicht so bemerkbar machen. Im gehärteten Zustand hingegen, werden die hoch verschleißbeständigen Wolframkarbide zu einem erhöhten Bandverschleiß führen.
Gleiches gilt auch für das Schärfen der Klinge sowie die spätere Standzeit der Schneide. Sie wird beim 1.2442 besser sein.
Bei richtiger Wärmebanhandlung sollte sich in der erreichbaren Schärfe kaum ein Unterschied zeigen. Sie wird beim 1.2442 nur etwas schwerer zu erzeugen sein.
Frage 5: Über welche Legierungselemente lassen sich sehr verschleißfeste Stähle mit dennoch feinem Gefüge einstellen?
Niedrig legierter Werkzeugstahl: Verschleißfestigkeit geht hier von schlecht bis gut. Rostträge sind sie gar nicht. Das Korn ist extrem fein einstellbar, dadurch erreicht man auch eine gute Zähigkeit.
Die beste Wahl aus dieser Gruppe wäre für dich 1.2562. Der ist knapp unter der "magischen Grenze" an Legierungszusatz und hat daher gerade noch keine groben Primärkarbide. Durch die 1,5% Kohlenstoff und 3%Wolfram ist er schon ziemlich verschleißbeständig. Günstig wirkt sich auch aus, dass er sich bis auf 69 hrc härten lässt

Nichtrostende martensitische Stähle: Das sind Stähle mit Kohlenstoffgehalten zwischen 0,5-1% und einem Zusatz an Chrom in höhe von 14-18%. Sie werden so gehärtet, dass auf jeden Fall 14% Chrom in Lösung gehen, also nicht mehr als Karbid vorliegen, dadurch wird der Stahl erst rostbeständig. Mit steigendem Kohlenstoffgehalt und Chromgehalt, bleiben nach der Härtung immer mehr Chromkarbide übrig, die die verschleißbeständigkeit erhöhen, jedoch auch die Zähigkeit herabsetzen und teil recht groß ausfallen. Sie sind aufgrund ihrer Zusammensetzung und Härtung kaum so hart zu bekommen wie niedrig legierte Stähle. Meist reicht es nur für um die 59-61hrc.
Aus dieser Gruppe würde ich persönlich am ehesten AEB-L wählen. Er erreicht eine Feinkörnigkeit wie niedrig legierte Stähle, lässt sich sogar auf bis zu 63-64hrc härten und ist bei normalem Gebrauch rostbeständig. Er ist mangels vieler Karbide aber nicht sehr verschleißfest.
Hochlegierte Stähle: Hier gibt es die Möglichkeit zwischen HSS Stählen und lederburitischen Chromstählen zu wählen. HSS ist zwar überragend in der Verschleißbeständigkeit, hat aber keine gute Zähigkeit, erlaubt keine wirklich feinen Schneiden und ist aufgrund der Zusammensetzung und Härtung im Sekundärhärtemaximum nicht rostbeständig. Somit fällt HSS weg.
Manche der lederburitischen Chromstähle haben genug Chrom um sowohl rostbeständig als auch extrem verschleißfest zu sein. Allerdings weisen sie enorme Karbide auf. Daher muss man hier auf die PM Qualitäten zurückgreifen. Man hat dann einen Stahl der absolut katastrophal zu bearbeiten ist, halbwegs scharf wird und das aufgrund der extremen Verschleißfestigkeit auch sehr lange bleibt. Die Zähigkeit ist gegenüber den niedrig legierten und den nichtrostenden martensitischen Stählen eher als schlecht einzustufen. Ich kann dir hier keinen konkreten Kandidaten nennen. Aber bei den Microclean PM Stählen von Böhler wird man sicher fündig.
Um deine Ausgangsfrage nochmal konkret zu beantworten. Wolfram wäre für mich immer das Legierungselement der Wahl um eine hohe Verschleißfestigkeit bei gutem Gefüge einzustellen. Allerdings führt auch bei Wolfram ein zu hoher Gehalt zu groben Karbiden. Das ist ist bis auf kleine Unterschiede bei allen Karbidbildenden Metallen gleich.
Wenn ich dieses Küchenmesser anfertigen müsste, und diese Vorgaben hätte würde ich einen Sanmai Aufbau (drei Lagen Klinge) wählen.
Einen Kern aus 1.2562 für gute Verschleißbeständigkeit und eine sehr feine Schneide. Und Außenlagen aus einem nichtrostenden Stahl wie V2A oder V4A. Die Klinge ist dann extrem Scharf, gut verschleißbeständig und sehr pflegeleicht. Einzig das Nachschärfen ist hier schon etwas anspruchsvoll.
Was mir nicht ganz klar ist, wodurch wird das Wachstum der Karbide beeinflusst?
Das Wachstum der Karbide wird durch die beiden Faktoren Temperatur und Zeit beeinflusst. Einen weiteren Einfluss können auch diffusionshemmende Legierungszusätze wie Nickel und Cobalt haben, aber das ist dann schon ein extrem spezielles Thema, wo ich an meine Wissensgrenze stoße.
Bei den Karbiden ist es etwas anders, als bei der Stahlmatrix selbst. Dort gilt ja, je höher die Temperatur, desto gröber wird das Korn. Bei den Karbiden gilt das nicht unbedingt, da sie ab einer bestimmten Temperatur ja in Lösung gehen (ausnahme sind Primärkarbide die man nicht lösen kann)
Vereinfacht dargestellt ist es so.
Erhitzt man Stahl bis alle Karbide gelöst sind, und kühlt ihn dann sehr langsam ab, werden die Karbide sehr groß. Es ist einfach viel Zeit für Diffusion gegeben, sodass sich kleinere Strukturen zu größeren zusammenschließen können.
Kühlt man ihn hingegen schnell ab gibt es nur wenig Zeit zur Diffusion und es entstehen viele aber kleine Karbide.
Härtet man ihn hingegen, kühlt ihn also so schnell ab dass der Kohlenstoff gar nicht diffundieren kann und im Gitter "eingesperrt" wird gibt es theoretisch gar keine Karbide. Allerdings werden selbst beim normalen Anlassen zwischen 100-200 Grad bereits wieder feine Anlasskarbide gebildet, welche teils nur Nanometer groß sind. Lässt man einen geeigneten Stahl auf sein Sekundärhärtemaximum an (temp. Bereich um die 500-570 Grad) bilden sich sehr viele solcher Anlasskarbide die ebenfalls noch extrem fein sind.
Man kann also sagen, je höher die Temperatur ist bei der ein karbid ausgeschieden wird, desto größer ist es. Je niedriger die Temperatur desto kleiner wird es sein.
Und ebenso gilt für die Abkühlung, langsam=groß schnell=klein.
Wieviel der zulegierten Karbidbildner werden tatsächlich zu Karbid umgesetzt ?
Allgemein gilt, ist genug Kohlenstoff vorhanden und die Zeit zur Karbidbildung gegeben werden alle Karbidbildner zu Karbid umgewandelt. Je nach Zusammensetzung des Stahls bilden sich auch sehr unterschiedliche Karbide. Auch Mischkarbide aus verschiedenen karbidbildnern sind möglich. Dabei wird meist weniger Kohlenstoff gebunden als in einfachen Karbiden. Ein Beispiel für verschiedene Karbide wäre Chrom. Es kann sowohl als Cr7C3 , aber auch als Cr23C6 ausgeschieden werden.
Neigen die etwas selteneren Legierungselemte wie Niob, Hafnium, Titan oder Tantal ebenso zu großen Karbiden?
Die seltenen Erden, haben zumindest die höchste Affinität zu Kohlenstoff. das heißt sie bilden immer zuerst karbide, noch bevor es andere Karbidbildner tun. Am Höchsten ist die Affinität bei Titan. Hier ist es so extrem, dass schon ab 1% Titanzusatz Primärkarbide entstehen die nicht mehr lösbar sind. Zugleich sind Titankarbide schwer fein zu bekommen, weshalb Titan keine sehr gute Wahl ist. Höchstens in winzigen Mengen. Zugleich hat Titan auch so eine hohe Affinität zu Sauerstoff, dass es unter normaler Atmosphäre fast unmöglich ist es in den Stahl zu legieren. Es bindet dort jedes bisschen Sauerstoff und verbindet sich dann mit der Schlacke. Man könnte es also zum reinigen der Schmelze nutzen, nur, dass Aluminium das gleiche bewirkt und viel billiger ist.
Hafnium und Zirkonium verhalten sich ähnlich.
Interessant wird es bei Niob und Tantal, diese beiden lassen sich gut einlegieren und haben den Vorteil, dass sie sehr harte, relativ feine Karbide bilden die zudem kaum zu Seigerungen neigen. Die Menge die man einlegieren kann ist jedoch recht begrenzt, da die Löslichkeit im Stahl gering ist. Überschreitet man die Löslichkeitsgrenze erzeugt man wieder Primärkarbide.
Leider weiß ich auch nicht wie diese sich in Bezug auf die Härte verhalten, da ich nur Härtewerte in Mohs finde. Da ist die Skala zum sinnvollen Vergleichen dummerweise zu grob.
Um dir ein wenig zu helfen, hier einige Härtewerte in Vickers (0-10000 wobei 10000 Diamant ist)
Niob/Vanadium/Titan als einfaches MC Karbid: 2200-3200
Wolfram als WC und W2C Karbid: 2500-3000
Eisen und Molybdän als M2C Karbid: 1400-1700
Chrom als M7C3 Karbid: 1200-1600
Eisen als M3C Karbid (Zementit): 800-1100
Und als Referenz, reiner Martensit: 500-1000
Wie verhält sich Wootzstahl für Rasiermesser?
Also meine ganz persönliche Meinung zu Wootz für Rasiermesser ist die:
Wenn man sich sehr viel Mühe gibt kann man sicher Wootzrasiermesser herstellen die eine gute Leistung erbringen allerdings wäre Wootz nie meine erste Wahl. Das liegt daran, dass man sich für rasiermesser in Regel eine möglichst homogene sehr feinkörnige Schneide wünscht. Wootz hingegen ist per definition nicht homogen sondern ein Verbund aus martensitischer Grundmatrix und sehr groben Karbidsträngen, was auch für die Optik verantwortlich ist. Allerdings handelt es sich bei dem Karbid um Eisenkarbid welches verglichen mit anderen Karbiden (Wolfram Vanadium Chrom....) relativ "weich" ist und zudem recht fein ausgeschieden werden kann. Es lässt sich also auch damit eine brauchbare Schärfe erzielen. Das Risiko von Ausbrüchen ist aber erhöht.
Was langzeiterfahrungen betrifft ist das so eine Sache. Es gibt nämlich nicht DEN Wootz. Wootz kann von 1,5%Kohlenstoff bis 2,5% Kohlenstoff enthalten. Das ist ein breites Spektrum an Eigenschaften. Bei 1,5% sind wir noch im Bereich von niedrig legiertem Werkzeugstahl, während 2,5% schon Gusseisen entsprechen. Messer aus diesen verschienenen Wootzarten werden sich ganz unterschiedlich verhalten. JE höher der C Gehalt desto höher auch die Karbidmenge. Das wiederum erhöht die Verschleißfestigkeit stark setzt aber auch die Elastizität deutlich herab.
Auf lange Sicht wird ein Messer aus so einem Wootz sehr lange leidlich scharf sein.
Während eines mit weniger C Gehalt früher stumpf aber anfangs schärfer wird.
Dass das Interesse abflaut liegt zum einen an der Mode. Wie überall sonst gibt es auch beim Stahl manchaml einen "hype" der dann wieder abnimmt.
Aber natürlich spielt der Herstellungsprozess ebenfalls eine Rolle und nicht zuletzt sind die Erwartungen durch den Hype so groß, dass das Material dem nicht genügen kann und sich dadurch oft auch Enttäuschung über die Leistung einstellt.
mfg
Ulrik
In Abstimmung mit Ulrik hierhin verschoben, da klassische "Messerkunde"
VG
Hellas
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator: