Nach zehn Benutzungen des Parker Variant ist es Zeit für ein kleines Resümee. Und als bekennender Fan des Progress traue ich mich kaum, den Parker für mich so zu bewerten, wie er sich in den letzten Tagen dargestellt hat. Der Vergleich mit dem Progress drängt sich natürlich auf, ist er doch quasi die Kopie von ihm. Und die Foren sind auch voll von Vergleichen gerade dieser beiden Hobel.
Der Reihe nach.
Zunächst mal die Optik und Verarbeitung. Für mein Empfinden sehr wertig und auch vom Design gelungen. Ich habe nichts festgestellt, was mir nicht passen würde. In Natura macht sich die Oberfläche besser, als das auf den Bildern zu vernehmen ist. Er ist schwer, gut ausbalanciert und er lässt sich sicherer greifen als der Progress. Er vermittelt mir rundum ein wertiges Hobelgerät, auch wenn er vom Design für meinen Geschmack nicht mit dem Progress mithalten kann. Dieser, der Progress, ist einfach eine Stil-Ikone und da kommt so schnell nichts an ihm vorbei.
Der Griff ist um einiges länger, was mir persönlich eher nicht entgegen kommt und auch die Wölbung der Kopfplatte ist deutlich stärker ausgeprägt bzw. die Rundung nach oben ist einfach wulstiger ausgearbeitet.
In der Praxis zeigt sich der Parker sehr umgänglich. Der etwas längere Griff stört mich wie zunächst vermutet eigentlich gar nicht, was aber auch daher kommen kann, dass ich vor dem Parker den noch längeren 39c in der Testphase hatte. Trotz der guten Handllichkeit empfinde ich den Progress als wesentlich wendiger, was ich sehr mag. Bisweilen wirkt der Parker im direkten Vergleich da ein klein wenig sperriger.
Das Justieren der Rändelschraube hat eine angenehme Schwergängigkeit, läuft flüssig und ist sehr gut auf den Punkt zu bringen. Hier aber auch bei meinem Parker die Kritik, dass er mit Klinge in Nullstellung schon fast auf der „1“ landet. Die etwas ausladendere Wölbung hat unter den Nasenlöchern keine Schwierigkeiten bereitet bei dem Erwischen auch der letzten kleinen Stoppeln. Es gelingt mit dem Progress aber noch unkomplizierter.
Nun die Rasurqualitäten selbst. Er scheint sich als sehr klingenkompatibel zu erweisen. Bisher war keine Klinge dabei, die nicht funktionierte. Bis auf die schwarze 7 o'clock, die im Progress bei mir die Nr.1 ist. Die hat im Parker ein wenig gezickt. Komisch!
Das Feedback der Klinge ist ähnlich dem des Progress, wobei sich alles tatsächlich ein wenig aggressiver anfühlt. Entgegen vielen Beurteilungen empfinde ich den Parker als etwas „spürbarer“, um dieses leichte Mehr an Aggressivität nicht in unangenehme Ecke zu rücken. Das Ganze bei einer Einstellung von „2“, was ich beim Progress bei in etwas „2,5-3“ verorten würde. Der Sound ist heller und nicht ganz so attraktiv wie der des Progress. Aber da scheint der Progress sowieso nicht von einem Hobel schagbar zu sein.
Das, was dann aber an Rasurergebnis hinterher herauskommt, kann ich nur als absolute spitze beschreiben. Spielend leicht gelingt eine Gründlichkeit, die der Progres zwar auch kann, die aber dort doch oftmals ihren Lohn in Form von leichten Reizungen einfordern kann. Ich habe den Progress für mich im Griff, weiß was ich mit ihm machen kann und muss, um das Topergebnis zu erhalten. Der Parker aber hat das ganz locker drauf und es hat nicht den Eindruck, als ob er mir irgendetwas im Nachhinein einschenkt, was mich Laufe des Tages dann doch noch beschäftigt. Egal mit welcher Klinge, egal wie unbefangen ich durchs Gesicht gefegt bin, es kam (fast) immer eine extrem gründliche und sehr nachhaltige Rasur dabei raus. Diesbezüglich hat mich der Parker in den vergangenen Tagen ziemlich beeindruckt und ich würde ihn in der Leichtigkeit, dieses Spitzenergebnis zu erreichen, über dem Progress einstufen. Nicht in der Qualität des Ergebnisses selber, das bekomme ich mit Progress ebenfalls genauso und zuverlässig reproduzierbar hin. Aber der Weg dahin scheint einfacher. Es ist schon toll, wenn ein Hobel solch eine Spiegelglätte produziert, und weder das AS danach irgendwelche Anstalten macht auch nur im Ansatz so etwas wie ein leichtes Brenne aufkommen zu lassen, noch irgendwann hinterher im Laufe des Tages irgenwelche Nachwirkungen zu spüren sind. Einfach eine Spitzenrasur abliefern, das kann er gut, der Parker.
Dabei gibt es aber noch einen für mich erheblichen Kritikpunkt zu vermelden. Und dieser Punkt macht mich ein klein wenig stutzig, weil er mir eigentlich ein wie oben beschriebenes Ergebnis verhindern müsste. Die beiden Seiten des Kopfes rasieren spürbar nicht gleich. Eine der beiden Seiten ist deutlich aggressiver, bzw. die andere eben sanfter. Bei jeder Klinge und bei allen Versuchen beim Zuschrauben die Klinge irgendwie in eine Richtung ausrichten zu wollen. Was aber nur bedingt möglich ist, da die Klinge im Grunde überhaupt kein Spiel aufweist, was ich grundsätzlich sehr schätze. Aber dieses Manko stört mich doch sehr, obwohl es auf das Ergebnis keine Auswirkung zu haben scheint. Ich möchte beim Rasieren halt nicht darauf achten müssen, welche Hobelseite ich jetzt benutzen muss, um sanfter voran zu kommen. Das muss beidseitig im flüssigen Wechsel funktionieren, wie ich es auch von allen anderen Hobeln gewohnt bin. Auch ist rein optisch von mir aus nichts zu erkennen, was diese Ungleichheit verursachen könnte. Beide Seiten scheinen identisch zu sein. Da ist kein Klingenspalt, Klingenüberstand oder Neigungswinkel erkennbar anders als auf der anderen Seite. Kennt irgenjemand vielleicht dieses Phänomen beim Parker?
Ich habe mit Brian von Executive Shaving versucht Kontakt aufzunehmen, aber bisher keine Antwort erhalten.
Aber alles in allem ist der Parker Variant für mich ein toller Hobel, trotz des beschriebenen Mankos. Ich kann ihn vollumfänglich empfehlen, sollte dieser Fehler, der bei meinem Exemplar auftritt, ein Einzelfall sein. Selbst so überzeugt er auf ganzer Linie in den Rasurqualitäten. Die Optik ist immer Gechmackssache und da hat er sich für mich dann doch hinter dem Progress einzuordnen. Und wenn man einen Kultfaktor noch zusätzlich mit veranschlagt, dann sowieso. Aber das ist ja nicht jedem wichtig. Rasieren kann er schon fast sensationell gut, und darauf kommt es ja eigentlich an.