Forum der Rasur

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Paul Drees, Solingen (Adresso, Dreifuss, Sistrum u.a)

Ich darf mich nun auch als glücklicher Besitzer eines Werner Breidenbach Dreifuss Jubiläumsmesser bezeichnen.
Meines ist die 21/70.
7/8", Hornheft, Kullenrücken, beidseitig serriert, vollhohl mit Wall.
Im Gegensatz zu meinen Vorpostern @The Celebrated 20/70 und @j0mber 13/70 war bei meinem noch ein gelb-grüner Thüringer aus dem Escher-Steinbruch dabei.
Klein aber fein ;-)
Damit Rasieren werde ich mich morgen zum ersten Mal, bin gespannt.
Hier noch ein paar Bilder.

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Wow. - Sehr schön!
Und es hat einen Rundkopf, - also bleibt es bei DIr !
 
Der link zum Nachbarforum über dem Teich existiert zwar schon, nachfolgend für das FdR aber auch einmal einen kurzen Abriss über die Geschichte der Firma Paul Drees in deutscher Sprache:

Paul Drees startete sein Geschäft als Rasiermesserschleifer nach dem Ersten Weltkrieg. Die spätere Firma selbst wurde aber zunächst nicht als Paul Drees, sondern als Alfred Drees 1932/33 eingetragen. Bei den bekanntesten Drees Messern, den ADRESSO, steht das "A" demnach für Alfred, der der Sohn von Paul Drees war. Weiter steht „DRES“ abgekürzt für Drees und das bekannte „SO“ für Solingen – Alfred Drees Solingen. Hier ist ein Bild eines alten Alfred Drees -Adresso- Rasiermessers (noch unrestauriert) mit der Kartonage.

IMG_6044.JPG


Aber warum gründete Paul Drees seine Firma unter dem Namen seines Sohnes?
Hier hilft es, etwas über die Organisation des Arbeits- und Fabrikwesens in Solingen im 19. und 20. Jahrhundert zu wissen.
In Solingen wurden viele Arbeiten von Heimarbeitern in Ein-Mann-Betrieben ausgeführt. Die Schleifer hatten ihre kleine Werkstatt - in Solingen "Kotten" genannt - mit allen notwendigen Geräten oft im Keller ihrer Häuser oder in Scheunen in der Nachbarschaft. Manchmal teilten sich ein paar einzelne Heimarbeiter eine Werkstatt.

Paul Drees war ein solcher Heimarbeiter. Wie viele andere auch, arbeitete er für verschiedene Firmen als Rasiermesserschleifer. Er holte die Rohlinge bei den Firmen ab, brachte sie in die Werkstatt, schleifte, pliestete und polierte sie und schickte die fertigen Rasiermesser an die Fabriken zurück. Teilweise gehörte auch das Reiden (in die Schalen montieren) und Abziehen dazu. Grundsätzlich wurden diese Tätigkeiten aber von separaten Fachkräften, den Reidern und Abziehern ausgeführt (das war ein eigener Lehrberuf).

Paul Drees entschloss sich um 1932, Rasiermesser (auch) unter seiner eigenen Marke und für seinen eigenen Geldbeutel herzustellen. Da aber der Beginn der Selbstständigkeit immer schwierig ist und am Anfang noch die Arbeit als Heimarbeiter für andere Firmen finanziell erforderlich war und auch, um den guten Ruf nicht zu verlieren, wurde die Firma unter dem Namen seines Sohnes Alfred gegründet. Später wurde der Firmenname dann in Paul Drees geändert.

Im Alter von 14 Jahren begann Werner Breidenbach seine Lehre bei Paul Drees, 1948. Er wuchs in Solingen inmitten von Rasiermesserschleifern auf und schaute bereits als kleiner Junge den Schleifern durch die Fenster der Kotten zu. Viele seiner Familienmitglieder waren ebenfalls Rasiermesserschleifer oder Reider und Abzieher.

Nach dreieinhalb Jahren legte Werner Breidenbach 1951 seine Prüfung als Rasiermesserschleifer bei Fritz Bracht (Dovo) ab (es war schon zu jener Zeit üblich, dass die Prüfung selbst nicht in dem Betrieb abgelegt wurde, in dem man gelernt hatte).
Die Firma Paul Drees schleifte zu dieser Zeit noch Rasiermesser für andere Firmen, stellte aber auch viel in eigenem Namen her.
Nachfolgener Fotoausschnitt zeigt den jungen Werner Breidenbach im Betrieb Drees bei der Arbeit an der Hohlschleifmaschine ca. Mitte der 1950er Jahre:

WB_Drees.jpg


Markennamen neben Adresso waren Sistrum, Dreifuss und (sehr selten) Sundermann.
Viele Paul Drees-Rasiermesser wurden nach Italien verkauft. Der italienische Markt für Rasiermesser war sehr anspruchsvoll. Italienische Barbiere mochten sehr dünn geschliffene - singende Rasiermesser, die hohe Anforderungen an die Fähigkeiten der Schleifer stellten. Aber dieses hohe Können und die Präsenz auf dem italienischen Markt verhalfen der Firma Paul Drees zu einem längeren Überleben als vielen anderen Rasiermesserherstellern. Ab den späten 1950er Jahren ging der Markt für Rasiermesser im Allgemeinen zurück, Anfang der 1970er Jahre waren die Rasiermesserfirmen nahezu verschwunden. In Solingen konnten zu dieser Zeit nur Rasiermesserfabriken überleben, die nach Italien oder Japan exportierten, da hier das Rasiermesser noch über längere Zeit einen hohen Stellenwert besaß.

Nachdem der letzte Rasiermesserschleifer mit dem Namen Drees verstorben war, übernahm Werner Breidenbach 1982 die Firma. In den 1990er Jahren bot Werner Breidenbach einigen der größeren (ehemaligen) Rasiermesserfirmen in Solingen an, neue Rasiermesserschleifer auszubilden und zu schulen. Doch zu dieser Zeit gab es kein Interesse seitens der Firmen. Später dann, als Rasiermesser wieder populärer wurden, hätten sie dieses Angebot liebend gerne angenommen und fragten bei Werner Breidenbach mehrmals nach. Aber hier war er bereits im Ruhestand und hatte selbst kein Interesse mehr. Zuvor aber wurde ein Film über ihn und seine alte Handwerkskunst des Rasiermesserschleifens in seiner alten Werkstatt von Paul Drees gedreht.
Im Jahr 2003 wurde die Firma Drees endgültig geschlossen und die Geschichte der Paul-Drees-Rasiermesser damit offiziell beendet.

Nicht aber die Geschichte der Werner Breidenbach Rasiermesser.
Im nächsten Jahr feiert Werner Breidenbach seinen 90. Geburtstag! Noch immer ist er für zwei Solinger Rasiermesserfirmen 1-2 Tage in der Woche tätig. Teilweise schleift er neue Messer, teilweise korrigiert er die mangelnden Arbeiten der anderen Schleifer. Und er schleift selbst unter seinem eigenen Namen oder den alten Drees Zeichen.

Es ist immer eine Offenbarung, ihn beim Arbeiten zuzusehen. Rasiermesserschleifen ist für ihn kein Job oder Zeitvertreib, es ist sein Lebensinhalt. Mit welcher Akribie und Hingabe er die einzelnen Schritte auch noch in diesem hohen Alter ausführt, peinlichst genau auf die Qualität der Werkzeuge, Maschinen und deren Einstellung achtet, ist einfach herausragend. Wenn man ihn beim Arbeiten sieht, versteht man, warum Solingen einst das Mekka der Handwerkskunst im Schneidwarenbereich war.

Gut scharf! hatzicho
 
@Eisenkopf welch ein wunderschönes Messer. Gefunden, oder dort bestellt wo ich es vermute?
Erzähl mal, wie laut das Messer ist. Es müsste von vornherein merkbar dünner/hohler sein, als andere RM:)
 
Sehr schönes Messer @Eisenkopf , jetzt brauchst du nur noch einen Gewerbeschein für's Friseurhandwerk :flucht1
Das glaubt dem keiner.
Oder nimmst du Ernährungstipps von 250 kg + Menschen an? ;)
Ne, lass mal.
Ich hab da so meine Probleme mit SELBST, und vor allem mit STÄNDIG ;)

@Eisenkopf welch ein wunderschönes Messer. Gefunden, oder dort bestellt wo ich es vermute?
Tatsächlich bei eBay gefunden.

Erzähl mal, wie laut das Messer ist. Es müsste von vornherein merkbar dünner/hohler sein, als andere RM:)
Noch nicht mit rasiert, aber Fingenagel-Pling ist schonmal vielversprechend :proud
 
Werner Breidenbach hat sich entschieden, die Marke ADRESSO wieder aufleben zu lassen. Nicht als Standard-Serien, sondern Einzelstücke, ähnlich wie seine Jubiläumsmesser. Unterschiedliche Formen und Größen, mit edelsten Schalen aus verschiedenen Materialien bestückt und mit schönen Ätzungen und Vergoldungen verziert.

Kleiner Appetithappen gefällig…?

IMG_20221202_154415489_HDR.jpg


Der Verkauf beginnt in den nächsten Wochen.

Gut scharf! hatzicho
 
Ja ich bin gerade noch dabei, eine schöne Verpackung für die Messer zu entwerfen.
Ich konnte Werner Breidenbach auch dazu überreden, mal einige 8/8 zu schleifen. Einfach der Wahnsinn, wenn man weiß, welche Arbeit es schon ist, nur ein 6/8 so dünn auszuschleifen, wie es bei den Meistern früher üblich war. Und die 8/8 sind einfach perfekt geworden - einen Klang haben die, da hörst Du jetzt direkt die Weihnachtsglocken klingen. Fantastisch.

Gut scharf! hatzicho
 
Ja ich bin gerade noch dabei, eine schöne Verpackung für die Messer zu entwerfen.
Ich konnte Werner Breidenbach auch dazu überreden, mal einige 8/8 zu schleifen. Einfach der Wahnsinn, wenn man weiß, welche Arbeit es schon ist, nur ein 6/8 so dünn auszuschleifen, wie es bei den Meistern früher üblich war. Und die 8/8 sind einfach perfekt geworden - einen Klang haben die, da hörst Du jetzt direkt die Weihnachtsglocken klingen. Fantastisch.

Gut scharf! hatzicho
Auf die 8/8" bin ich gespannt, die könnten mich gegebenenfalls interessieren. :)
 
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