Simpson Trafalgar T1 (Kunstfaser/Synthetik)
Betrachtung aus (etwas humoriger) Sicht eines Pinselnovizen
Ich bin erst seit knapp 5 Monaten der klassischen Nassrasur mit Rasierhobel und Seife, na sagen wir es mal einfach, verfallen. Nach den ersten Versuchen taste bzw. seife und hobel ich mich von Erfahrung zu Erfahrung, über Misserfolg zu Glücksmomenten. Mein Wissensstand über einige Dinge sind noch sehr theoretisch und im Schulvergleich eher so grob auf Grundschule, Mitte der zweiten Klasse einzuordnen. Dies gilt vor allem dem Bereich der Rasierpinsel, dennoch möchte ich mich einmal an eine Vorstellung/Beschreibung eines selbigen wagen.
Mögen mir die Könner, Profis und Pinselbauer in Perfektion unter euch nachsehen, wenn ich das eine oder andere halt anders beschreibe…
Der kleine Engländer von der Insel neben der Insel, er wird auf der Isle of Man von der englischen Pinseldynastie SIMPSON hergestellt und ist der kleinste von drei Trafalgar-Brüdern. Neben dem T1 gibt es noch den T2 und den T3, unterschiedlich ist nur die Größe und die Haptig, Verarbeitung und Material ist bei allen m.W.n. gleich.
Material, da kommen wir schon fast an den Gral der Schaumliebhaber. Die Fa. SIMPSON ist bekannt für sehr hochpreisige Pinsel aus feinstem Dachshaar in Verbindung mit erstklassiger Verarbeitung. Hier jedoch, oh nein, Kunstfaser gepaart mit Erschwinglichkeit und kein schlechtes Gewissen ggü. Tierwohl, Finanzen und der kleinen Tochter, die wissen möchte, woher denn diese weichen Haare kommen.
Wie man bei dieser Erklärung dann aus der Zwickmühle von Tierschutz und Plastik kommt, muss jeder für sich klären, viel Glück.
Geliefert wird der Pinsel in einer vollkommen Plastikfreien und Metallfreien, zweifarbigen Schachtel aus Pappe, die neutral, d.h. ohne Aufdruck, Logo o.ä. gefertigt ist.Lediglich der feine Papierbogen in dem der Pinsel dann fein eingeschlagen bzw. eingerollt ist, wird mit einem kleinen Streifen Klebeband zusammengehalten. Sehr löblich im Vergleich zu manch anderem Produkt von Mitbewerbern, die scheinbar mehr Geld für die Verpackung ausgeben, als für das Produkt selbst.
Das Produkt, genau, das Produkt ist ja das Objekt der Begehrlichkeit. Der Griff des kleinen Engländers besteht aus cremefarbenem Kunststoff und weist mit seiner Schwere ein ausgewogenes Gesamtbild auf. In seiner guten Verarbeitung, es gibt weder irgendwelche Grate, noch Unebenheiten zu erkennen und Spuren der Bearbeitung sind mit bloßem Auge oder feinen Händen nicht wirklich feststellbar. Einzig die beiden Aufdrucke sind etwas grob in ihrer Ausführung. Feine Hände, gutes Stichwort, bei der Größe vom T1 gelten Aussagen wie…“ne Schatz, so mit einem Hobel und Rasierpinsel, nein Danke. Allein der große, klobige Rasierpinsel…“ zählen ab hier nicht mehr wirklich, um auch die Dame(-n) des Hauses von der Hobelei zu überzeugen.
Aus dem Griff ragt er nun, der Puschel. Aus Kunsthaar gebunden und somit absolut vegan. Wobei ich hier bezweifeln würde, dass ihn irgendjemand essen möchte.
Der Knoten ist wirklich sehr, sehr dicht gebunden. Ich persönlich kann da nur den Vergleich mit anderen Pinseln meines, im Vergleich zu anderen hier im Forum und in der Welt da draußen, eher ärmlichen Bestandes an Pinseln zu Hilfe nehmen, einen Mühle RYTMO (Silvertip Fibre)und einen Nom Ole (Black Fibre), beides Kunstfaser und beide seit 4 Monaten in Gebrauch.
Im Falle des T1 hat der Knoten ein Maß von 23mm und die Lofthöhe (?) beträgt 42mm, die Gesamthöhe ist mit 82mm angegeben. Die Borsten, die Haare, die Fasern, die ? Borste ist irgendwie Schwein, Haar ist biologisch, wie soll man den nun das ganze nennen, ohne jemanden gleich zu Haarspaltereien zu nötigen? Ich sage bzw. nenne sie ab jetzt hier mal „Haare“, sie sollen ja wie Haare aussehen, sich so anfühlen, so weich sein etc., wahrscheinlich auch so schmecken…
Wie schon geschrieben, sind die Haare äußerst dicht und kompakt gebunden. Erstaunlich, wie dicht und kompakt das Haar hier verarbeitet wurde. Feine Arbeit ist das schon! Ob sich das allerdings im Bezug auf den „Wasserhaushalt“ des Pinsels auswirkt, wird nur der Praxistest zeigen.
Von oben her, fühlen sich die Haare sehr weich an, bieten aber in Richtung Knoten doch schon ein spürbares Rückrad, wohl auch „Backbone“ genannt. Im trockenen Zustand ist das Gesamtbild, bei seitlichen Bewegungen, sehr weich und äußerst angenehm. Kein piecksen, kein stechen und in den Spitzen möchte ich ihn schon als weich beschreiben. Allein der optische Vergleich mit „echten Dachsen“ ( tatsächlich, ich besitze gleich zwei, bislang aber ungenutzte Exemplare), sollte selbst einem Laien schnell zu erkennen geben, dass es sich um synthetisch hergestellte Haare handelt. Vielleicht aber auch Absicht des Hauses SIMPSON um nicht zu große Konkurrenz für die eigenen Dachsrudel im Hause zu kreieren.
In der Praxis habe ich den Pinsel von der Insel bis jetzt 3 mal aktiv zur Rasur und 2 mal nur zum Aufschlagen genutzt, sowohl mit Rasierseife als auch Rasiercreme. Der kleine liegt gut in der Hand, sofern es, wie bei mir eher kleine Hände sind. Bei größeren Gefäßen oder tiefen Tiegel wie etwa bei Mühle oder Erbe wird der Pinsel von der Insel schnell zum Yellow Submarine und geht auf Tauchfahrt, er ist halt ein kleiner Engländer. Ich nehme die Seife immer im Tiegel/Gefäß auf, die eigentliche Schaumschlägerei mache ich dann in einer flachen, mit Rillen am Boden ausgestatteter Rasierschale aus Keramik. Ausnahme ist hier bei der Nutzung von Rasiercreme zu nennen, hier kommt ein kleiner Spatel oder die Finger zum Einsatz, um die Portion RC in die Schale oder in die Pinselhaare zu verbringen um dann direkt im Gesicht aufzuschlagen.
Bei der Aufnahme der Rasierseife macht sich allerdings schon jetzt die Kompaktheit des Knotens bemerkbar. Ich habe mir angewöhnt, jeden Pinsel vor der Nutzung zu wässern, obwohl es bei Kunstfasern ja nicht nötig ist, ich bin der Meinung schaden wird es aber auch nicht. Der kleine Engländer hat einen recht guten Durst und nimmt auch Wasser auf, hier im Vergleich zu o.a. Pinsel aber weniger und er gibt es schon bei leichtem Ausschlagen bereitwillig und gerne wieder her. Das kommt aber natürlich bei der Aufnahme der Seife zu tragen. Bei der RS von Proraso (Red), welche bekanntlich sehr weich ist und eher einer RC gleicht, ist es auch aufgrund von weniger gespeichertem Wasser eine deutlich kleinerer Menge als z.B. mit dem Nom Ole Fibre. Das gleiche war bei mir auch bei Verwendung der RS von ToOBS, Sandelholz zu bemerken.
Das eigentliche Aufschäumen in der Rasierschale gelingt ganz gut, sofern man(n) den Wasserhaushalt genau im Blick hat. Hier muss bei allen von mir genutzten RS und RC letztendlich Wasser hinzugegeben werden. Allerdings sei hier bemerkt, dass ich mich bemühe, die Seifen-bzw. Cremetiegel bei der Entnahme nicht zu fluten.
Im Gesicht macht sich die Kompaktheit und das Rückrad des Pinsels zumindest für mich sofort bemerkbar. Auch bei ein dezentem Druck auf die Kunstfasern läßt kein Spreizen oder Auffächern des Pinsels bemerken. Da ist der Mühle und der Nom deutlich weicher und für mich auch angenehmer im Gesicht. Für mich hat sich bis dato. zum Vorteil gereicht, von kreisenden Bewegungen eher in Richtung streichenden Bewegungen zu gehen, zum Auftragen angenehmer, beim Aufschäumen im Gesicht (RC), schon etwas kniffeliger aber machbar. Das Aufschäumen von RC im Gesicht gelingt unter Berücksichtigung der Bewegungsrichtung und sofern man auch hier den Wasserhaushalt im Blick hat.
Ob sich die gewisse Steifigkeit bzw. Kompaktheit in der Praxis noch etwas legen wird, muss sich über die Zeit zeigen.
Technische Daten SIMPSON Trafalgar T1:
Gesamthöhe: 82 mm
Griffhöhe: 40 mm
Knotenhöhe: 42 mm
Knotendurchmesser: 23 mm
Preis: Z.Z. im Netz bei verschiedenen Händlern im Schnitt 25.-€ (+-)
Genutzte RS: PRORASO Red, ToOBS Sandelholz MÜHLE Aloevera
Genutzte RC: ToOBS Sandelholz
Vergleichspinsel: Mühle RYTMO, Silvertip Fibre und Nom OLE, Black Fibre
Anm.: Die hier beschriebenen Eindrücke sind natürlich rein subjektiv und sind somit nicht allgemein gültig oder verbindlich.
Gruß Gregor