Mein erster Vintage-Riemen
Bei meinen Postings zu Anziehriemen ging es (zumindest) bei den letzten Berichten immer um Eigenkreationen, heute ist es quasi genau das Gegenteil: Ich möchte euch meinen ersten Vintage-Abziehriemen zeigen.
Es handelt sich um einen Abziehriemen „MEDALL OF AWARD RAZOR STROP Nr. 813“ aus Pferdeleder, „GENUINE HORSESIDE WARRANTED“, mit einem zusätzlichen Leinenriemen. Angeboten wurde der Riemen auf einer der üblichen Plattformen und er wurde als „guter gebrauchter Zustand“ beschrieben und ich kann bestätigen, dass diese Angabe(n) vollkommen zurecht so benannt wurden. Das Leder wies lediglich einen kleinen, nur oberflächlichen Minicut von knapp 1cm auf, ansonsten waren keine Beschädigungen erkennbar. Einzig der Gesamtzustand des Leders war doch recht „pflegebedürftig“, sehr trocken und leider an den Kanten fast durchgängig hochgewölbt. Der Leinenriemen wies überhaupt keine Beschädigungen auf, lediglich kleinere Flecken sind sichtbar gewesen. Die ledernen „Handgriffe“ und „Beschlagsleder“ waren bzw. sind an den Nähten hier und da etwas angestoßen, ansonsten gibt es die üblichen Abnutzungen durch den Gebrauch. Schön ist der Zustand aller goldfarbenen Prägungen, die sich über die Zeit der Nutzung gut erhalten haben. Lediglich die obere Aufhängung/Beschlag ist sehr stark mit Rost befallen.
(Aufnahmen-Collage aus den Bildern der V-Anzeige)
Letzteres veranlasste mich auch, das obere „Beschlagleder“ (?) zu öffnen, um die Aufhängung mit Hilfe der Elektrolyse bestmöglich vom Rost zu befreien. Dazu gibt es hier einen
ausführlicheren -Bericht. Das Leder habe ich mit Schleifpapier verschiedener Körnungen (400–1200) abgeschliffen, wobei ich nicht alle Flecken entfernen konnte, den Leinenriemen habe ich mit Schwamm und Waschpaste (Rei in der Tube …) zu Leibe gerückt und konnte so den groben Schmutz entfernen. Alles in allem bin ich mit der Aufarbeitung zufrieden und bis auf das Vernähen stellte alles auch keine große Schwierigkeit dar. Ich hatte erst überlegt, das obere „Beschlagleder“ durch einen Sattler, Schuhmacher oder dergleichen wieder mit einer Maschine vernähen zu lassen, einerseits war es auch vorher „nur“ maschinell vernäht, andererseits habe ich nicht derart feines, farblich passendes Material in meiner Lederwerkstatt. Leider gibt es hier im Umkreis keinerlei der o. a. niedergelassenen Berufsstände mehr. Zu einem „Mister Minit“ wollte ich den Riemen definitiv nicht bringen, also was tun? Na klar, selbst ist der Kerl … und zwar per Hand, und natürlich mit einer Sattlernaht. Ich mache es im Gegenteil zum Vernähen kurz … hat geklappt. Ob ich das nochmal mache? Sagen wir es so: Ich werde vorher ausgiebigst darüber nachdenken …
Am Ende habe ich dem Lederriemen noch ein entsprechendes Pflegemittel gegönnt (hier gilt mein Dank unserem lieben Mitforisten
@BoSs für seine Unterstützung).
(Bilder aus der Werkstatt)
Eine Sache noch zum Thema „Erfahrungswerte sammeln“…
Ich habe ja schon den einen oder anderen Abziehriemen selbst gebaut und dabei habe ich auch die Abziehriemen aus Rindleder einer Progression mit immer feiner werdendem Schleifpapier unterzogen. Selbige wurden dann selbstverständlich mit Tuch, Bürste und Staubsauger gereinigt und es gab nie Probleme beim ersten und danach folgenden Einsatz. Bei der Aufarbeitung dieses Riemens bin ich bei der Reinigung genauso vorsichtig vorgegangen, erlebte aber beim ersten Probieren (der Riemen war noch zerlegt) eine ziemlich schlechte Überraschung. Obwohl ich weder etwas gefühlt noch gesehen habe, waren noch Schleifkörner im Leder und verwandelten beim ersten Doppelzug die Schneidkante meines geliebten Schulze in ein PUCK-Sägeblatt. Wer sich also nicht genauso ärgern möchte, wie ich es getan habe und immer noch tue, der nutze zuerst ein Küchenmesser o. Ä. um zu prüfen/testen, ob sich noch Schleifkörner im Leder befinden. Vielleicht lag es ja am erstmals verwendeten, neuen Schleifpapiermarke, vorher hatte ich immer auf Baumarkt gesetzt, diesmal war es „Profiqualität“ aus dem Lackierbereich…wer weiß, es war und ist mir zumindest eine Lehre…
ERFAHRUNG IST DAS, WAS MAN BEKOMMT, WENN MAN NICHT DAS KRIEGT, WAS MAN WILL!!
Wie is‘ er denn nu?
Der Abziehriemen (Leder) hat einen nahezu „gripfreien“ Abzug. Nutzt ich ihn ohne Druck auf Messerrücken und Schneidkannte bei normaler Spannung ist kaum etwas zu spüren, mit Erhöhung des Durchhangs ändert sich das in einen kleinen, aber (für mich) sehr angenehmen Gripp/Widerstand. Alles in allem ein sehr feiner, weicher Abzug. Ob und wie sich der Riemen auf das Messer/die Schärfe/das Rasurverhalten auswirkt, muss sich natürlich noch zeigen, da kann und werde ich nach erst 1-2 „Probeläufen“ noch nix zu sagen…Schäumen wir mal…
Die Maße:
Länge über alles: 64 cm
Länge der max. Nutzfläche (Leder): 40 cm
Länge der max. Nutzfläche (Leinen): 38 cm
Breite: 6,4 mm
Das Ergebnis meiner Bemühungen
Danke und Gruß
Gregor