Es können also zwei Betriebe den gleichen ungehärteten Stahl geliefert bekommen, aber es hängt von dem Können des Betriebes ab, ob die Qualität des Stahl-Rohlings beim Härten im Betrieb erhalten bleibt.
Ist das eine Frage der Tagesform der Person oder kann man das per Maschine einstellen, damit die gewünschte Bandbreite bei den Temperaturen nicht überschritten werden?
Wenn das der wichtigste Schritt am Anfang der Arbeitskette im Rasiermesserbetrieb ist, welche "Hürden" kommen denn dann noch bei den nächsten Schritten im Verarbeitungsprozess auf den Betrieb zu, bei denen er etwas verbessern oder gar verschlechtern kann?
Wie gesagt, ind er Regel härten die Betriebe nicht selbst sondern bekommen schon die gehärteten Rohlinge geliefert.
Die Rohlinge werden in der Gesenkschmiede geschmiedet und dann einer Härterei übergeben die auf Massenhärtungen in hohen Stückzahlen ausgelegt ist. Diese Rohlinge werden dann noch grob gerichtet und gehen dann an die Schleifer raus.
Soweit ich weiß sind wir quasi die einzigen die die Rohlinge selbst härten. Wobei man sagen muss, dass die Härtereien ihr Handwerk verstehen und man daher davon ausgehen kann, dass die alle ordentlich gehärtet sind. Das Problem liegt eher darin, dass man am gehärteten Rohling nur noch sehr wenig verzieren kann (zumindest nicht mit vernünftigen Mitteln) daher sind uns weichgeglühte Rohlinge lieber. Auch das Richten der Rohling ist bei den hohen Stückzahlen oft mangelhaft und somit landen viele krumme gehärtete Rohlinge in den Schleifereien. Die können dann nur noch entsorgt werden oder man schleift sie eben doch und sie landen als problematische Schärfkandidaten am Markt...
Das Härten sollte heutzutage nicht mehr Tagesform abhängig sein, die Härteöfen sind elektronisch gesteuert und gehen aufs Grad genau. Problematisch wird es nur wenn derjenige der die Klingen entnehmen soll pennt (oder am Klo ist, oder telefoniert....) und die Klingen zu lange drinnen sind. Dann gibt es unter Umständen Entkohlung oder Grobkorn. Es kann auch passieren, dass eine Klinge aus der Halterung rutscht und einige Härtezyklen im Ofen bleibt, dann wäre sie auch massiv entkohlt (Härteverlus) und grobkörnig (spröde). Fehler können also passieren, sind aber sicher nicht die Regel.
Wenn man nur die spätere Rasurqualität im Auge hat, sind die beiden wichtigsten Aspekte in der weiteren Verarbeitung das Erhalten der Härte und das Erzeugen einer guten Geometrie ohne Verzug.
Das Überhitzen und somit ein Verlust an Härte tritt mitunter in der Schleifhexe auf. Hier habe ich Abtrag von beiden Seiten was sehr schnell zu Hitzeentwicklung führt. Das soll durch permanentes Besprühen mit Wasser verhindert werden. Wenn der Schleifer jedoch sehr eilig unterwegs ist und den Anpressdruck der Steine zu stark wählt, kann das Wasser nicht mehr an den Stahl gelangen, zudem erhitzt sich dieser soweit, dass sich eine Dampfhaut bildet die jedes weitere Wasser abweist. Die Klinge kann dann durchaus komplett weichglühen.
Auch beim Polieren bzw. Pliesten der Klinge kann diese so heiß werden, dass sie Härte einbüßt.
Hinsichtlich der Geometrie der Klinge ist es wichtig nicht durch den Rücken zu schleifen. Der Schneidenwinkel wird dadurch zu niedrig was zum Versagen der Schneide führt, zudem ist das Schärfen eine Qual wenn der Rücken dünner ist, als der Erl.
Krumme Klingen müssen rigoros ausgemustert oder falls möglich geradegeschliffen werden.
Der Ausschliff zur Schneide hin muss gleichmäßig und schön dünn erfolgen um ein angenehmes Schärfen zu gewährleisten.
Mich würde interessieren, aus welcher Stahlsorte ein chinesisches Gold Dollar 66 besteht. Gibts hierzu konkrete Angaben oder zumindest Vermutungen, was es sein könnte?
Meine Vermutung wäre, nach den sehr Verständlichen Ausführungen von Ulrik, dass es sich bei dem GD 66 um nichts anderes als "ordinären", in China produzierten, 1.2210 Silberstahl handelt.
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Das sind jetzt reine Vermutungen, aber ich denke auch, dass es sich um einen dem 1.2210 recht ähnlichen Stahl handelt. Es könnte aber auch ein Kohlenstoffstahl wie 1.1545 sein, oder etwas in der Art des 1.2842. Die Stahlnormen in China sind aber ohnehin deutlich anders als bei uns. In jedem Fall ist es ein niedrig legierter Werkzeugstahl oder ein reiner Kohlenstoffstahl.
Was man auch nie vergessen darf ist, dass Stahl kaum ein Preisfaktor ist. Selbst in Europa kostet das Kilo Qualitätsstahl in Großmengen nur ca. 5 Euro. Demnach pro Klinge ca. 25 Cent. Da ist durch die Verwendung von "schlechtem" Stahl der dann "nur" 18 Cent kostet, nicht viel rauszuholen ;-)
Selbst in China wirkt sich da die Arbeitszeit viel deutlicher aus. Von Europa ganz zu schweigen.
mfg
Ulrik