Mal wieder etwas aus der Kategorie "Opa erzählt vom Krieg..."
Als ich mir als allerersten Stein anno 2009 einen blauen Belgier gekauft habe, galt dieser noch als der häßliche, kleine Bruder vom gelben. Wenn man sich gerade nichts Besseres leisten konnte, konnte man den mal kaufen.
Eigentlich war er ja für nichts wirklich gut aber als Zwischenstein, naja. Und relativ günstig war er, für meinen 200x90 hab ich ca. 70€ bezahlt. Heute gibt es für das Geld nur noch deutlich schmalere Steine.
Dann, 2011, kam Bart Torfs mit der BBW-study um die Ecke und der blaue Belgier gewann etwas an Ansehen. Aber wie das halt so ist, halten sich die alten Vorurteile ziemlich hartnäckig und für die meisten ist der blaue immer noch der häßliche, kleine Bruder des gelben.
Ich selber kann mich von diesen Vorurteilen auch nicht ausnehmen. Ich habe zwar immer mal wieder Anwandlungen bezüglich Cotis gehabt aber bisher nichts nachhaltiges. Um 2016 hab ich mir meinen ersten "La Grise" zugelegt, war aber mit dem nicht wirklich glücklich. Er ist langsam, mit der unicote Methode hab ich spätestens bei der 6 Rasur einen starken Verfall der Schärfe und per dilucote nicht wirklich ausreichende Schärfe, gerade im Verhältnis zum Zeitaufwand. Zu der Zeit hab ich den blauen dann mal wieder aus der Versenkung geholt und die Methode aus der BBW-study versucht. Ja, es kam ein rasierfähiges Messer bei raus aber wirkliche Begeisterung kam nicht auf. Ok, ist kein Wunder, ist der blaue doch der häßliche, kleine Bruder des gelben...
Anfang diesen Jahres kam bei mir, mal wieder, der Gedanke an den Coti auf und so hab ich wieder den "La Grise" hervor gekramt und mich daran versucht. Methode ala Bastlwastl, sprich angerieben eine Seite auf den Stein, rasche Züge hoch und runter, dabei etwas Druck bei der Bewegung die Schneide voran. Schübe zählen funktioniert bei dem Tempo (in etwa wie man etwas ausmalt) nicht, also quasi Sekunden zählen. Im ersten Durchgang bis 20, Messer wenden, wieder bis 20. Das gleiche Spiel bis 15, dann 10 und dann noch bis 5 und im Anschluß noch ein paar Wechselschübe. Vorher das Messer an der Kante des Steins abgestumpft und danach konnte ich wieder Unterarmhaare rasieren. Jetzt die Hälfte des Schleifschlamms abgespült und das Ganze von vorne. Dann wieder die Hälfte runter und noch mal das Ganze.
Als Abschluß den Stein und das Messer sauber machen und unter fließendem Wasser 50 Wechselschübe. Haartest danach, naja, Violine... Noch mal 50 Wechselschübe und jetzt wird das Haar gegriffen und wenigstens gespalten. 50 mal auf Jeansriemen und 50 mal auf Lederriemen abgezogen wird der Haartest besser aber nicht überzeugend. Rasur so lala, gefühlt nicht ausreichend scharf aber auch nicht aggressiv.
Haben die Amis Recht? Die sehen den Stein eher als für den Hausbau geeignet an, denn als guten Coti. Oder taugt meine Technik nichts?
Egal, diesmal will ich es wissen und im Mitgliederhandel ist auch gerade ein für mich passender Coti im Angebot. Nachfragen, Überlegen und Abschluß dauert so seine Zeit, eigentlich nichts für einen ungeduldigen Menschen wie mich.
In der Zwischenzeit fiel mir dann mein blauer Belgier ein. Hmm, kann man mit dem ja noch mal spielen aber wo ist der noch gleich? Ok, lag da wo er liegen sollte aber mit einer dicken Staubschicht drauf. Sauber gemacht und mit der gleichen Technik wie beim "La Grise" los gelegt. Beim ersten Durchgang schien sich nicht mal der Schleifschlamm zu verfärben. Gut, ist ja nur der häßliche, kleine... Aber, äh was ist das? Unterarm ließ sich richtig gut rasieren. Oh. Weiter gemacht, nach dem gleichen Rezept. Auch bei ihm nach den 50 Wechselschüben nur Violine, also noch weitere 50 hinterher. Haartest jetzt möglich. Kein Spalten, sondern ab. Na gut, nur sehr nah am Haltepunkt aber besser als nach dem gelben. 50 mal Jeansriemen, 50 mal Leder und ein passabler Haartest möglich. Besser als nach meinem "La Grise". Rasur auch besser, nicht überragend scharf aber sehr sanft.
Hmm, kleiner, häßlicher Bruder? Abschluß nur auf dünnem Schlamm mit Zügen wie beim Ledern möglich? Quatsch mit Sauce. Das Ding ist besser als mein "La Grise"!
Mag sein das ich mit dem Stein Glück habe, mag sein das ich mit dem "La Grise" Pech habe, mag sein das meine Technik nichts taugt, ABER solltest Du einen blauen Belgier besitzen und bisher auch so über ihn gedacht haben wie ich, dann solltest Du ihn vielleicht einfach noch mal ausprobieren. Möglicherweise ist er wesentlich besser als erwartet.
Ok, ich gebe zu das der "neue" gelbe nochmal etwas mehr Schärfe liefert ohne deutlich aggressiver zu sein aber der war deutlich teurer als ein blauer und evtl. ginge bei dem blauen mit mehr Wechselschüben auch noch mehr.
Aber da ich meinen Spieltrieb mit dem Neuen ausleben mußte, hab ich jetzt im Moment kein Messer mehr das einer Schärfung bedürfte...