Der etwas „ungewöhnliche“ Riemen
Wie kam es dazu?
Ich habe letzte Woche ein kurz davor bei Kleinanzeigen erworbenes Zwilling FRIODUR 5/8 erhalten und als ich es voller Vorfreude ausgepackt hatte, wurde mir schnell klar, das Rasiermesser ist nicht so, wie ich es mir anhand der Fotos vorgestellt hatte. Das ein wenig verzogene Heft ist etwas ärgerlich, richtig, aber nichts im Vergleich zu der Schneidkannte am vorderen Teil der Klinge. Mit dieser Klinge ist etwas geschnitten worden oder es wurde versucht etwas zu schneiden, wofür dieses Messer nicht vorgesehen war und ist. Die Schneidkannte war praktisch auf gut 1,3cm Länge mit einer Art Wellenschliff ausgestattet, zwar nicht breit, so um gute 1mm im Ø, aber es reichte mir auf Schlag die Laune zu verderben. Meine Gedanken kreisten sofort um die Schadensbegrenzung und vor allem das Wie. Mit diesen Gedanken um die Enttäuschung und einer Portion schlechter Laune kreisten meine Gedanken darum, wie ich das wieder hinbekommen könnte.
Nachdem sich mein Frust einigermaßen gelegt hatte, besann ich mich nachzudenken und zu konzentrieren. Der erste Gedanke ging Richtung Abziehleder, wurde aber sehr schnell verworfen, da die Klinge dort auch auf einer Seite einen sehr starken Grat durch die Fehlnutzung hatte und garantiert tiefe Scharten auf dem Leder hinterlassen hätte. Dann sah ich mir meinen schmalen HEROLD an, bzw. die Hanfseite des Selbigen, damit sollte zumindest der Grat legalisiert werden können. Ich hatte das Teil schon eingehakt, da kamen mir auch hier Skrupel, den nagelneuen Riemen wollte ich nun auch nicht gleich zerstören.
Wieder nachgedacht, erinnerte ich mich, viele sprechen doch von Baumwollriemen und Co. Meine Riemenbastelei dazu ist noch nicht fertig, wird also nix. Als ich dann den, noch recht steifen HEROLD mit Hanfseite in den Händen hielt, Bilder von Leinen- und Baumwollriemen im Netz anschaute, kam der Geistesblitz!
Ich habe da doch noch was im Keller. Es ist recht steif aber nicht bretthart, es ist aus 100% Baumwolle, es ist 5cm breit und gut 3mm stark, vor allem entbehrlich und unmittelbar verfügbar…
…ein Feldkoppel der Firma…
Also ab in den Keller, ein paar Minuten gestöbert und das Koppel ward gefunden. Wieder oben, das Teil kurz gesäubert und begutachtet, als ob ich es nicht kennen würde, ich habe es schließlich mehr als 12 Jahre beruflich genutzt, aber das ist eine andere Geschichte.
Im direkten Vergleich betrachtet, ist es sogar feiner verwebt als die Leinenseite vom HEROLD und sogar gute 5mm breiter. Aufgrund seiner Stärke von gut 3mm und seiner grundsätzlichen Steifigkeit sollte bei ausreichendem Zug auch ein hochkommen der Seitenränder nicht passieren. Kurzerhand habe ich mir eines meiner Übungsmesser genommen und bei gestraften Riemen ein paar DZ zur Probe gemacht, siehe da, es funktioniert und zwar sehr gut. Dann habe ich das ZWILLING Friodur genommen und auch ein paar DZ gemacht und dabei stellte sich bereits eine sichtbare Legalisierung des einseitigen Grates und des „Wellenschliffs“ ein.
Leinenseite vom Herold (li.) im Vergleich zum Koppel (re.)
Um das Koppel letztendlich in die Reihe meiner „Riemenbasteleien“ aufzunehmen, sollte dies aber auch über die Abmessungen, Möglichkeiten zum Hängen und evtl. eine Art Griff oder Greifmöglichkeit besitzen. Zerlegt ist das Teil schnell, hat ja nur zwei Teile aus Metall, die wohl über sind, das Koppelschloss und der Halter. Letzterer läßt sich ohne Werkzeug durch öffnen einfach entfernen, beim Koppelschloss sollte aber ein Schlitzschraubendreher als Hilfsmittel Verwendung finden. Aus eigener, langjähriger Erfahrung weiß ich, dass das Öffnen durchaus Fingernägel kosten kann! Die Klemmung am Koppelschloss ist schnell geöffnet und das Koppel ist von den beweglichen Metallteilen befreit. An der einen Seite bleibt noch der Endschutz aus Metall, der könnte aber auch dranbleiben, da er über zwei vorhandene Bohrungen verfügt, bietet er sich zur Aufnahme eines Haltebandes quasi an.
Der „Prototy“ mit einfachem Band (durch den Endschutz gefädelt) als Aufnahme.
Da ja bekanntermaßen das Auge mit rasiert, habe ich mich nach den ersten Tests mit dem Riemen entschlossen, ihn ein wenig aufzuhübschen und entsprechend mit Aufhängepunkt und Haltemöglichkeit auszurüsten. Dazu kommen der Breite entsprechende ein D-Ringe ohne Karabiner und eine fertige Karabineraufnahme zum Einsatz. Zuerst wollte ich die Enden einfach umschlagen und durch verkleben und zusätzlichen Buchschrauben fixieren und sichern, aber aufgrund seiner Stärke und Eigensteifigkeit habe ich mich aber für „Laschen“ aus Leder entschieden, zumal ich noch selbiges in der Bastelkiste habe. Beide Enden sind dann aber auch entsprechend mit Patex unter Druck verklebt und anschließend mit Buchschrauben zusätzlich gesichert. Hierbei ist mir leider bei der zweiten Bohrung selbiger etwas „abgedriftet“, daher der Symetriefehler…
Zum ersten Einsatz kommt der Riemen als Vorstufe vor dem Ledern unmittelbar vor einer Rasur, die erste Rasur ohne den Riemen dann folgt die zweite Rasur mit dem Riemen bei gleichem Messer. Das werde ich einige Zeit mit verschiedenen Messern machen und dann natürlich berichten.
Als weitere Einsatzgebiete stelle ich mir vor, ihn z.B. in einer Progression nach einem GBB oder ähnlichem Naturstein zu nutzen, um der Klinge ein wenig die Aggressivität zu nehmen. Vorstellen kann ich mir aber auch den Einsatz als Pastenriemen, besser gesagt eine Seite „Natur“ und die andere Seite z.B. schwarz gepastet.
Gruß
Gregor
Material:
D-Ring
Buchschrauben
Karabinerhaken
Falls jemand neugierig geworden ist, ein gebrauchtes Feldkoppel der Firma gibt es für wenige Euronen (Ø 12.-€, je nach Länge) im Netz. Obacht, achtet darauf, dass es ein Original ist und kein Nachbau, die sind meist aus Kunststoff.