Ich melde mich hier mal nach fast einwöchiger Abstinenz zurück. Der Grund war, wie oben schon erwähnt, das vergangene Wochenende, an dem ich unterwegs lieber den Hobel eingesetzt habe. Im Nachhinein hielt ich es erst für einen Fehler, da ich seit dem Unterfangen die ganze Rasur nur mit dem Messer zu erledigen, den Hobel nicht mehr rangelassen habe. Ich fürchtete einfach die erlangeten Fortschritte wieder zu verlieren. Wie der Hobel im Vergleich abgeschnitten hat, habe ich oben ja kurz erwähnt. Und diese Woche habe ich dann die Unkompliziertheit der Hobelrasur wieder richtig genossen.
Aber die kurze Abstinenz hatte auch einen anderen positiven Effekt. Ich habe mir, zum ersten mal übrigens, neu vergegenwärtigt, wie ich denn eigentlich mit dem Hobel an den Stellen vorgehe, die sich mit dem Messer nach wie vor (auch heute noch) als schwerer für mich erweisen. Mir ist das beim Hobeln gar nicht mehr bewusst. Da sind alle Abläufe automatisiert, auch die Gesichtsgrimassen, soweit notwendig, laufen von selbst ohne bewusste Steuerung ab. Beim Messer suche ich mir das alles neu zusammen und habe jetzt mal überlegt, einige der Vorgehensweisen mit dem Hobel vielleicht zu übernehmen. Als ob ob man bei der Arbeit nichts anderes zu tun hat, als über's Rasieren nachzudenken! Das wird tatsächlich hier immer mehr "Anstalt"!
Es hat aber Früchte getragen. Heute habe ich erst mal zwei Durchgänge hintereinander nur "mit" gemacht. Der Haupteffekt war gar nicht mal, dass es viel gründlicher wurde, stellenweise natürlich schon, aber der zweite Durchlauf war so sanft und flüssig in der Handhabung, dass es richtig Spaß gemacht hat. Das Messer lief einfach, selbst mein Muttermal am Kinn, dass eigentlich regelmäßig aufgeschlitzt wurde und das auch manchmal noch dem Hobel zum Oper fällt, wurde heute verschont. Ich habe dann auch beim Durchgang quer/teilweise gegen einige Male die Vorgehensweise mit dem Hobel imitiert, und bin zu besseren Ergebnissen gekommen.
Es nimmt immer mehr Form an und mittlerweile läuft der erste Durchgang dergestallt, dass man von einem "abgeschlossenen" Durchgang reden kann. Ich bin überall drangekommen und das meiste der Haare ist entfernt. Ein zweiter Durchgang, der an manchen Stellen auch schon "gegen" bedeutet ist weitläufig vorhanden, wobei hierbei deutlich wird, wo die Defizite in Sachen Gründlichkeit liegen. Da zeigt sich, dass viele Bewegungen und Züge einfach noch zu unbeholfen sind, um richtig wirken zu können. Und dann kann natürlich im Ergebnis auch nicht das Erwünschte folgen. Die weitere Übung wird das verbessern. Es ist aber auch ein Weiterkommen zu verzeichnen in der Form, dass das Ansetzen und durchziehen des Messers eine immer mehr vertraute Angelegenheit wird. Es hat nirgends mehr gestottert oder gar gehakt. Es liegt/lag also deutlich an mir und nicht am Messer. Wobei mir auffällt, dass ich mir noch nicht einen einzigen "Ansatz-Cut" zugezogen habe. Das mag daran liegen, dass ich von Anfang an den Ansatz nicht aus dem Stillstand, sondern aus der Bewegung heraus versuche. So als ob ein Flugzeug auf der Landepiste aufsetzt. Ich denke, dass macht eigentlich jeder so, auch wenn diese Bewegung bei den Könnern so minimal ist, dass man es nicht wirklich sieht.
Die Haut fühlt sich heute überall entspannt an, außer unter der Nase. Da habe ich, obwohl ich nur einmal dort zugange war, wohl etwas übertrieben. Das ist ein Bereich, den ich schon glaubte meistern zu können, wo ich aber meine, vielleicht doch noch eine andere Vorgehensweise zu überlegen. Lippe über die Zähne ziehen, Zinken zur Seite drücken und dann senkrecht von oben mit dem Messer dran ist das Effektivste, das ich ich bisher probiert habe, aber es greift auch unglaublich stark noch meine Haut dort an. Obwohl es "nur" mit dem Strich ist. Ansonsten ist überall Ruhe und es ist eine "Gründlichkeit" erreicht, mit der ich aus dem Haus gehen würde und sagen kann: "ich bin rasiert"! Mehr ist es noch nicht, aber vor zwei Wochen sah das noch ganz anders aus.
So darf es aber weitergehen und es gibt ein paar Messer, die ich mit Spannung erwarte auszuprobieren. Ich bin gespannt, ab wann ich für mich schon sagen kann, was mir liegt und was nicht.