Ich wollte hier dann auch mal von meinen ersten Erfahrungen mit dem Grey Slate berichten. Für die Möglichkeit dazu danke ich
@kratziger_graf herzlich für die Zusendung der Fliese.
Beim freundlichen Steinmetz von nebenan habe ich dann ein kleines Stück der Fliese als Anreiber abschneiden lassen. Er was auch so freundlich, kleine Unebenheiten am Rand der Fliese zu begradigen. Das Ganze hat mich beim Steinmetz dann 10€ als Aufwandsentsschädigung gekostet.
Vergleiche über Schleifsteine anzustellen ist natürlich, wie bei vielen Themen im Rasurbereich, sehr subjektiv. Ich versuche mir - FÜR MICH - einen gewissen Eindruck von einem Finisher zu machen indem ich ein Messer tags zuvor auf meinem GBB schärfe - den kenne ich mittlerweile am besten - und in Rasurbereitschaft bringe. Danach rasiere ich mich damit. Später schärfe ich das Messer nochmals auf dem GBB kurz, um die Klinge sozusagen wieder in den originalen Zustand vor der Rasur zu versetzen und gehe dann auf den zu testenden Finisher. Danach wird wieder rasiert und "verglichen".
Als Testobjekt diente mir mein Thiers-Issard Frameback mit 69er Klinge, das ich bei einem ersten Schärfversuch zwar rasurtauglich bekam, bei dem aber definitiv noch einiges herauszuholen war. Es wurde also eine neue Facette gesetzt und ganz von vorne geschärft. Zunächst auf einem 1000er King, dann auf dem GBB mit viel Slurry, dann auf die 6000er Seite des Kings und von da aus langsam in Richtung Finish auf dem GBB. Am nächsten Tag erfolgte die gewohnt sanfte Rasur (so langsam bekomme ich die Messer auch auf dem GBB auf eine sehr befriedigende Endschärfe wie es scheint).
Da man ein Messer nach der Rasur ja 24 Stunden ruhen lassen soll, habe ich dann zunächst mit meinem alten Biedermeier ein wenig auf der Fliese herumgespielt. Eigentlich eher ganz unverbindlich, um mal ein Gefühl für den Stein zu bekommen und ihn etwas "einzuarbeiten". Das Feedback des Steins beim Schleifen finde ich übrigens wirklich schön. Ich habe dazu das Biedermeier kurz auf der 6000er Seite meines Kings etwas "neutralisiert", danach dann nur mit Slurry auf dem Grey Slate weitergearbeitet. Der ist eher etwas dünn und milchig, aber er tut was er soll. Slurry immer weiter verdünnt und dann nur noch mit Wasser auf dem Grey Slate gefinisht. Danach gelang mir überraschenderweise der beste Haartest, den ich bisher hinbekommen habe (was für mich nicht unbedingt gleichbedeutend ist mit einer guten Rasur, aber zumindest schonmal ein guter Indikator ist für die Schärfe der Klinge).
Die Rasur mit dem Biedermeier am nächsten Tag war dann auch wirklich enorm scharf und ziemlich sanft. Für meinen Geschmack vielleicht einen Zacken zu "bissig", aber das sagt natürlich nichts, zumal ich auch ziemlich sinnlos und vor allem lange auf dem Stein gefinishet habe.
Das Ergebnis erweckte in mir aber die Hoffnung, dass das auf dem GBB geschärfte Thiers-Issard mit dem Grey Slate als Finisher das für mich optimale Gleichgewicht von Sanftheit und Schärfe ergeben würde. So kam es dann auch. Ich habe das Thiers-Issard etwa 40DZ über den Grey Slate machen lassen. 20-30 hätten vielleicht auch gereicht.
Langer Rede kurzer Sinn: Der Stein liefert ein wirklich unglaublich gutes Ergebnis was Schärfe und Sanftheit anbelangt, wobei man es auf dem Stein vielleicht nicht übertreiben darf (aber das ist ja Geschmackssache, abhängig vom Messer und sicherlich auch vom Können des Schleifers/Messerers). Was mich am meisten beeindruckt hat, nach den Rasuren mit beiden Messern, war die enorme Nachhaltigkeit der Rasuren! Ich habe mich gestern Morgen rasiert und kann bis jetzt mit dem Strich kaum Bart erspüren - und ich habe eher kräftigen Bartwuchs. Nach der Rasur mit dem Biedermeier dachte ich, ich bilde mir das nur ein oder habe einfach einen Sprung mit meiner Rasurtechnik gemacht, aber jetzt nach der zweiten Rasur glaube ich, es gibt da einen Zusammenhang. Unter der Lupe ist das Schleifmuster so engmaschig, wie ich das sonst nur von Bildern synthetischer Schleifsteine kenne, trotzdem fehlt das etwas kratzige Gefühl, das ich bei auf Synthetiksteinen oder Pastenriemen gefinishten Klingen oft (unangenehm) wahrnehme.
Auf jeden Fall ein faszinierender Stein und bei dem Preis sicherlich auch eine ernstzunehmende Alternative zu deutlich teureren Finishing-Varianten.
Vielen Dank auch an Alvaro für die wertvolle Entdeckung und Verbreitung seines Geheimwissens.