Forum der Rasur

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Rasiermesser des 18. und frühen 19. Jahrhunderts

Ein paar alte habe ich ja auch , wobei die wenigsten ins frühe 19 Jahrhundert passen .

Dieses hier dürfte Rainer bekannt vorkommen . Seine sehr gekonnt restaurierte Knochenschalen habe ich leider auf dem Gewissen .
Koraat hat neue Schalen angefertigt und mir dabei gleichzeitig bestätigt das die Klingen um ca 1800 rum nach alten Verfahren noch auf Holzkohle geschmiedet wurden .
Uuuuuiiii Toni, .... das hat der Ulrik aber hübsch aufpoliert...!
Bei mir hatten die Klingen 2016 nach meiner Überarbeitung noch ein paar Altersspuren und auch noch kein poliertes Finish.
Schien mir persönlich authentischer zu sein als Hochglanz.
Die Knochenschalen hatte ich mit Reparaturstücken aus Elfenbein "geflickt" die leider etwas zu hell waren...
Man kann mit etwas Phantasie noch die halbrunden Schriftzüge CAST STEEL und WARRANTED erkennen, also wohl englischer Herkunft um 1780-1800.


Hier nochmal eine nostalgische Erinnerung an mein SOTD 26.05.2016

SOTD 2016-05-26 Butterfly Razor 5-8 BN a.jpg


Hast Du dich mal getraut Dich damit zu rasieren...?

Scharfe Grüße aus der Klingenstadt
Rainer
 
Ja super,
da kommen wir ja doch zurück ins 18. Jahrhundert.
Lisbon ist die Marke von Thomas oder William Warburton. Da zusätzlich Cast steel eingraviert ist, sind wir bei einem Datum älter als ca.1772, was den Beginn der kommerziellen Nutzung des Gusstahls anzeigt. Also bei Thomas Warburton. Wohl aber nachgeschliffen, wenn ich mir die Hohlung so anschaue. Sieht aber dem Erhaltungszustand zufolge nach einem guten rasierer aus. Nutzt Du den auch?
P-Herz-Ford hatte ich weiter vorne im thread schon besprochen. Ist die Marke von Jonathan Pitchford. Existiert aber bis etwa Mitte 19. Jh - dein Messer ist ca. 1830-1850 einzuordnen.
Die Schalen sehen nach original Schildpatt aus....?

Gut scharf! hatzicho
Hallo Peter,

das Lisbon ist schon ziemlich schmal und für mich sehr ungewohnt im Handling. Benutzt habe ich das Messer schon mehrere Jahre nicht mehr, aber für die nächste Rasur merke ich mir schonmal die beiden Schönheiten vor.
Ob's sich bei dem Schalenmaterial vom P Ford tatsächlich um echtes Schildplatt handelt, weiß ich nicht. Schön sehen sie auf jeden Fall aus. :)
 
Solltest Du auf jeden Fall tun. Ist wirklich etwas Besonderes, sich mit diesen Messern zu rasieren!

Hier mal zum Vergleich zwei Lisbon aus meiner Sammlung im original Fundzustand, die aus dem gleichen Zeitraum stammen. Sind beide mit Acier Fondu gemarkt.

Lisbon_2.jpg


Ob Messer mit Cast Steel oder dem französischen Acier Fondu gestempelt sind, macht keinen Unterschied, bedeutet das gleiche und ist auch der gleiche Stahl. Ich vermute, dass Anfangs dieser Zeit zumindest die Messer der Sheffielder Hersteller die mit Acier Fondu gestempelt waren, für den französischen Markt bestimmt waren, während die Cast Steel Messer eher für englische Kunden vorgesehen waren. Das kann sich aber im Laufe der Zeit geändert haben, als das Französische generell und besonders Wortschöpfung der französischen Sprache auch in England in Mode kamen.

Aber zurück zu Thomas Warburton. Seine Rasiermesser sind in jedem Fall etwas Besonderes, auch in schleiftechnischer Hinsicht.
Üblicherweise wurde bei Rasiermessern des 18. Jahrhunderts nach dem Schmieden und grobem Formschleifen die Keilform der Klinge an großen Schleifsteinen herausgeschliffen. Man führt dabei den Messerrohling vom Ansatz der Schneide bis zum Kopf quer über den Schleifstein, also parallel zur Schleifsteinachse. Dabei entsteht, je nach Größe des verwendeten Schleifsteins eine mehr oder weniger ausgeprägte Hohlung. Manche der alten Rasiermessermacher haben den Schneidenbereich gleich oben an der Rückenkante angesetzt, andere haben einen etwas breiteren Rücken belassen und entsprechend tiefer mit dem Schliff begonnen.

Thomas Warburton hat allerdings eine andere Technik verwendet. Er hat eine etwas breitere Rückenpartie stehen gelassen und dann in einer geraden Linie die Keilform längs der Messerachse geschliffen, evtl. auch vorher gefeilt (das Feilen war eine übliche Technik im 18. Jahrundert). Dadurch entsteht eine starke, nach innen abgesetzte Kante, die sich durch Querschleifen so niemals erreichen lässt und dem Messer fast das Aussehen eines sogenannten Faux-Framebacks verleiht.

Lisbon_5.jpg


Es fehlt bei seinen Messern auch der übliche Ansatz, der Schneide und Erl voneinander trennt. Hier geht die Schneide direkt in den Erl über, er hat also das Messer in seiner gesamten Länge längs geschliffen.

Lisbon_4.jpg


Neben Warburton gab es noch den ein oder anderen Schleifer im 18. Jahrhundert, der ähnlich gearbeitet hat. Und auch in späterer Zeit wurde das Einschleifen einer Kannte oder schmalen Hohlung in die Schneide als Stilelement genutzt.

Der sogenannte Längsschliff ist bzw. war übrigens auch gängige Technik beim Hohlschleifen der Rasiermesser nach Hamburger oder auch alter Solinger Art, bevor die Hohlschleifmaschinen aufkamen. „Ausgraben“ nennt sich die Technik, bei der die Hohlung durch Schleifen mit einem schmalen Stein entlang der Längsachse des Messers vorbereitet wird. Natürlich wird dabei jedoch nicht über den Ansatz geschliffen.

Gut scharf! hatzicho
 
Solltest Du auf jeden Fall tun. Ist wirklich etwas Besonderes, sich mit diesen Messern zu rasieren!

Hier mal zum Vergleich zwei Lisbon aus meiner Sammlung im original Fundzustand, die aus dem gleichen Zeitraum stammen. Sind beide mit Acier Fondu gemarkt.

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Ob Messer mit Cast Steel oder dem französischen Acier Fondu gestempelt sind, macht keinen Unterschied, bedeutet das gleiche und ist auch der gleiche Stahl. Ich vermute, dass Anfangs dieser Zeit zumindest die Messer der Sheffielder Hersteller die mit Acier Fondu gestempelt waren, für den französischen Markt bestimmt waren, während die Cast Steel Messer eher für englische Kunden vorgesehen waren. Das kann sich aber im Laufe der Zeit geändert haben, als das Französische generell und besonders Wortschöpfung der französischen Sprache auch in England in Mode kamen.

Aber zurück zu Thomas Warburton. Seine Rasiermesser sind in jedem Fall etwas Besonderes, auch in schleiftechnischer Hinsicht.
Üblicherweise wurde bei Rasiermessern des 18. Jahrhunderts nach dem Schmieden und grobem Formschleifen die Keilform der Klinge an großen Schleifsteinen herausgeschliffen. Man führt dabei den Messerrohling vom Ansatz der Schneide bis zum Kopf quer über den Schleifstein, also parallel zur Schleifsteinachse. Dabei entsteht, je nach Größe des verwendeten Schleifsteins eine mehr oder weniger ausgeprägte Hohlung. Manche der alten Rasiermessermacher haben den Schneidenbereich gleich oben an der Rückenkante angesetzt, andere haben einen etwas breiteren Rücken belassen und entsprechend tiefer mit dem Schliff begonnen.

Thomas Warburton hat allerdings eine andere Technik verwendet. Er hat eine etwas breitere Rückenpartie stehen gelassen und dann in einer geraden Linie die Keilform längs der Messerachse geschliffen, evtl. auch vorher gefeilt (das Feilen war eine übliche Technik im 18. Jahrundert). Dadurch entsteht eine starke, nach innen abgesetzte Kante, die sich durch Querschleifen so niemals erreichen lässt und dem Messer fast das Aussehen eines sogenannten Faux-Framebacks verleiht.



Es fehlt bei seinen Messern auch der übliche Ansatz, der Schneide und Erl voneinander trennt. Hier geht die Schneide direkt in den Erl über, er hat also das Messer in seiner gesamten Länge längs geschliffen.



Neben Warburton gab es noch den ein oder anderen Schleifer im 18. Jahrhundert, der ähnlich gearbeitet hat. Und auch in späterer Zeit wurde das Einschleifen einer Kannte oder schmalen Hohlung in die Schneide als Stilelement genutzt.

Der sogenannte Längsschliff ist bzw. war übrigens auch gängige Technik beim Hohlschleifen der Rasiermesser nach Hamburger oder auch alter Solinger Art, bevor die Hohlschleifmaschinen aufkamen. „Ausgraben“ nennt sich die Technik, bei der die Hohlung durch Schleifen mit einem schmalen Stein entlang der Längsachse des Messers vorbereitet wird. Natürlich wird dabei jedoch nicht über den Ansatz geschliffen.

Gut scharf! hatzicho
Das Längsschleifen und das dadurch bedingte Fehlen eines Ansatzes bzw. das Vorhandensein eines schulterlosen Ansatzes hat einen einfachen Grund...

Es war schlichtweg billiger !

Es bedurfte dazu keiner riesengroßen Steine (z.T. im Durchmesser von 1m bis zu 1,5m) und entsprechend großer Antriebe sowie Vorrichtungen.
Auch ersparte man sich die damals übliche und auf Dauer unbequeme Liegeposition über dem großen Stein.
Was auf dem Bild hier so romantisch aussieht war fürchterliche Knochen- und Drecksarbeit... und das 10-12 Sunden an 6 Tagen in der Woche...!

Messerschleifer 1896 Thiers,France C.Amato.jpg


Zum Längsschleifen reichte ein kleiner Stein mit 250 - 500mm Durchmesser, der in der Breite gerade mal die Klingenbreite abdeckte und an dem man in sitzender Position an kleinen und schwächeren Antrieben arbeiten konnte.
Das war insbesondere für die unzähligen Heimarbeits- und kleinen Hinterhof- Familienbetriebe von Vorteil, die den Herstellern zuarbeiteten.


Mit scharfen Grüßen aus der Klingenstadt
Rainer
 
Das Längsschleifen und das dadurch bedingte Fehlen eines Ansatzes bzw. das Vorhandensein eines schulterlosen Ansatzes hat einen einfachen Grund...

Es war schlichtweg billiger !

Es bedurfte dazu keiner riesengroßen Steine (z.T. im Durchmesser von 1m bis zu 1,5m) und entsprechend großer Antriebe sowie Vorrichtungen.
Auch ersparte man sich die damals übliche und auf Dauer unbequeme Liegeposition über dem großen Stein.
Was auf dem Bild hier so romantisch aussieht war fürchterliche Knochen- und Drecksarbeit... und das 10-12 Sunden an 6 Tagen in der Woche...!

Anhang anzeigen 102323

Zum Längsschleifen reichte ein kleiner Stein mit 250 - 500mm Durchmesser, der in der Breite gerade mal die Klingenbreite abdeckte und an dem man in sitzender Position an kleinen und schwächeren Antrieben arbeiten konnte.
Das war insbesondere für die unzähligen Heimarbeits- und kleinen Hinterhof- Familienbetriebe von Vorteil, die den Herstellern zuarbeiteten.


Mit scharfen Grüßen aus der Klingenstadt
Rainer
Interessant an dem Bild finde ich, dass scheinbar auch Frauen als Schleifer(innen) gearbeitet haben. Soviel zu unserer „modernen“ Arbeitswelt
 
Das Längsschleifen und das dadurch bedingte Fehlen eines Ansatzes bzw. das Vorhandensein eines schulterlosen Ansatzes hat einen einfachen Grund...

Es war schlichtweg billiger !

Es bedurfte dazu keiner riesengroßen Steine (z.T. im Durchmesser von 1m bis zu 1,5m) und entsprechend großer Antriebe sowie Vorrichtungen.
Auch ersparte man sich die damals übliche und auf Dauer unbequeme Liegeposition über dem großen Stein.
Was auf dem Bild hier so romantisch aussieht war fürchterliche Knochen- und Drecksarbeit... und das 10-12 Sunden an 6 Tagen in der Woche...!

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Zum Längsschleifen reichte ein kleiner Stein mit 250 - 500mm Durchmesser, der in der Breite gerade mal die Klingenbreite abdeckte und an dem man in sitzender Position an kleinen und schwächeren Antrieben arbeiten konnte.
Das war insbesondere für die unzähligen Heimarbeits- und kleinen Hinterhof- Familienbetriebe von Vorteil, die den Herstellern zuarbeiteten.


Mit scharfen Grüßen aus der Klingenstadt
Rainer
Ja, aber was Du beschreibst, betrifft das Schleifen von Schwerter und Großmesser - nicht aber Rasiermesser!

Rasiermesser wurden früher, je nach Breite auf Schleifsteinen mit maximal 9-10 Zoll Durchmesser geschliffen.
Hier ein entsprechender Auszug aus dem Buch -Die Kunst des Messerschmiedens- von 1836, welches sich weiderum auf Jean Jacques Perrets Werk L'Art de Coutelier von 1771 bezieht.

Kunst des Messerschmiedens_ RM.jpg


Und genau so habe ich es auch noch nach Hamburger Art gelernt. Der erste Stein muss die 9-10 fache Breite des Rasiermessers haben.

Gut scharf! hatzicho
 
Hast Du dich mal getraut Dich damit zu rasieren...?

@SolingerStahl
Hallo Rainer
Schön das Messer im ehemaligen Zustand wieder zu sehen . Original ist Original und du hattest das Knochenheft ganz hervorragen wieder
auf Vordermann gebracht .
Ja ich habe mich mit diesem Messer schon oft rasiert und es sogar in der „Rasur des Tages " entsprechend präsentiert .
Wenn ich mich recht entsinne sogar mit Bilder die zeigen wie man es hält und zu Gesichte führt .

Es rasiert ausgesprochen gut , erstaunlich das man die beiden Klingen nie auf einem Niveau gleich scharf bekommt . Merkt man beim rasieren
aber kaum , zumal die eine Klinge mit dem Wuchs und die andere gegen bei mir arbeiten muss .
Ich denke das waren früher „Reisemesser " um auf Reisen immer eine Scharfe Klinge in Reserve zu haben . Diese Messer hatten sicher damals ihren
Preis , aber Leute die damals länger auf Reise waren gehörten sicher zu den Wohlhabenden .
 
Sieht für mich aus, als dienten die Hunde dem Beschweren der Beine. Damit man nicht vornüberkippt bzw. um die Lage zu stabilisieren?
Das kann ich fast nicht glauben.

Die Menschen haben ja im Brustkorbbereich eine Abstützung. Außerdem bekommst du keinen Hund dazu, ewig so da zu liegen. Vielleicht zwei bis drei Stunden, aber nicht das ganze Tagwerk lang.

Zum wärmen glaub ich auch nicht, wahrscheinlich war es im Winter schon kalt, aber bei der Menge Menschen in einem Raum sind ausreichend Heizelemente da…
 
Durch Längsschleifen kann man aber keine dünne Wate schleifen. Der Schliff ist immer sehr ballig. Vielleicht war die Stahlqualität damals auch noch nicht überall gut genug für dünnen Auschliff. Und wie Hatzicho'Kotten oben schon schrieb, braucht man beim Hohlschleifen immer den gnau passenden Durchmesser für jeden Arbeitsgang. Längsschleifen geht mit einem Stein für alles.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Ja, aber was Du beschreibst, betrifft das Schleifen von Schwerter und Großmesser - nicht aber Rasiermesser!

Rasiermesser wurden früher, je nach Breite auf Schleifsteinen mit maximal 9-10 Zoll Durchmesser geschliffen.

Gut scharf! hatzicho
Ja, das gilt für das Hohlschleifen nach Hamburger Art, wie es dann auch in Solingen übernommen wurde.

Aber vor der Einführung des Hohlschliffs wurden Wedge-Klingen durchaus auf größeren Steinen ausgeschliffen.
Hier ein Bild aus dem Buch The steel manufactures of Sheffield: The ‘Hull,’ or workshop, of the razor-grinders...
Da sitzen Schleifer über 60-80cm durchmessenden Steinen und bearbeiten Rasiermesserklingen... und ganz rechts im Bild sieht man noch die großen Liegesteine...

TheSteelManufacturesOfSheffield TheHullOrWorkshopOfTheRazorGrinders.jpg


Mit scharfen Grüßen aus der Klingenstadt
Rainer
 
Das kann ich fast nicht glauben.

Die Menschen haben ja im Brustkorbbereich eine Abstützung. Außerdem bekommst du keinen Hund dazu, ewig so da zu liegen. Vielleicht zwei bis drei Stunden, aber nicht das ganze Tagwerk lang.

Zum wärmen glaub ich auch nicht, wahrscheinlich war es im Winter schon kalt, aber bei der Menge Menschen in einem Raum sind ausreichend Heizelemente da…
Die Hunde auf dem historischen Kupferstich sind tatsächlich keine Phantsie des Künstlers... das war damals in England wie in Frankreich usus...!

Hier ein Photobeweis aus Thiers um 1910

Messerschleifer 1910 Thiers,France.jpg


Mit scharfen Grüßen aus der Klingenstadt
Rainer
 
An allen Schleifsteinen Funkenflug, trotz langsamen Antriebs (Riemen) aber gefüllte Wassereimer in unmittelbarer Nähe? Schleifen ohne Kühlmitteleinsatz kann ich mir nun gar nicht vorstellen. Wie kommt das auf so ein Bild bzw, welchen Denkfehler mache ich?
 
An allen Schleifsteinen Funkenflug, trotz langsamen Antriebs (Riemen) aber gefüllte Wassereimer in unmittelbarer Nähe? Schleifen ohne Kühlmitteleinsatz kann ich mir nun gar nicht vorstellen. Wie kommt das auf so ein Bild bzw, welchen Denkfehler mache ich?
Auch beim Rasiermesserschleifen können in den ersten Abrichtschleifgängen trotz Wasser mal die Funken fliegen, was nicht heissen muss, daß die Klinge blau anläuft und die Härte verlorengeht... wie hart er da ran gehen darf sind Erfahrungswerte des Schleifers... da wurde nicht vorsichtig rumgespielt, das war Massenware und die Stückzahl hat das Geld gebracht. Beim Schärfe abziehen sollten natürlich keine Funken fliegen. Beim Langmesserschleifen und Pliesten dicker Klingen ist der Funkenflug dagegen eher "normal" .

Zudem muss man bedenken, daß der Künstler einer Kohlezeichnung oder eines Kupferstichs damals immer versucht hat, dem Betrachter auch die Geräuschkulisse visuell zu vermitteln und duch den (evtl. vor Ort gar nicht vorhandenen) Funkenflug einen Erlebnis-Effekt beim Betrachter zu erzeugen... ;)
 
Ja, das gilt für das Hohlschleifen nach Hamburger Art, wie es dann auch in Solingen übernommen wurde.

Aber vor der Einführung des Hohlschliffs wurden Wedge-Klingen durchaus auf größeren Steinen ausgeschliffen.
Hier ein Bild aus dem Buch The steel manufactures of Sheffield: The ‘Hull,’ or workshop, of the razor-grinders...
Da sitzen Schleifer über 60-80cm durchmessenden Steinen und bearbeiten Rasiermesserklingen... und ganz rechts im Bild sieht man noch die großen Liegesteine...

Anhang anzeigen 102349

Mit scharfen Grüßen aus der Klingenstadt
Rainer
Ja das Bild zeigt sehr schön die Größe der verwendeten Schleifsteine im Vordergrund. Die betragen auch hier alle etwa zwischen 20 und 40 cm. Und wir Rainer schon selbst treffend gesagt hat, wird hier die Vorarbeit am Rasiermesser gezeigt, das grobe Formschleifen. Nicht zu sehen ist der Schliff der Schneide, um dass es aber ja ging.

Die Hunde im Bild der frnzösischen Messerschleifer an der Durolle dienen übrigens dazu, und das ist kein Witz, dem Schleifer ein Gegengewicht zu geben, da er ja beim Langmesserschleifen einen hohen Druck mit dem messer auf den Schleifstein ausüben musste un dadurch das Momentum ihn nach unten zog.

Gut scharf! hatzicho
 
Ein toller Faden! Gucke hier immer wieder gern rein!
Mein ältestes Messer ist dieses Wolf. Ich schätze Ende 18. Jahrhundert. Ein guter Rasierer!

40217294fd.jpg
Wunderbares Messer und mit Deiner Einschätzung liegst Du absolut richtig!
Das Rasiermesser stammt von John Sheppard, der ab 1770 Messer mit der Marke "Krone - Wolf" anfertigte.
Hier der Eintrag in Sketchley's von 1774:

Sheppard_Sketchleys.jpg


Die Delle im vorderen Kopfbereich datiert das Messer damit etwa in den Bereich um 1780 herum (Henry T. Lummus grenzt den Bereich, in dem diese Formelemente von Sheffielder Herstellern geschmiedet wurde, etwa in den Bereich um 1765 - 1789 ein).

Die Firma wurde in den 1830ern von John Barber übernommen, der auch die Marke Wolf weiterführte. Er schreibt 1839 über sich selbst: "...successors to Mr. George Shepherd's trade of the genuine WOLF razors". George Sheppard war zu der Zeit Inhaber der Firma als Nachfolger des Gründer John, der Name Shepherd ist äquivalent zu Sheppard zu lesen.

Hier mal ein Foto mit zwei Messern der Marke Wolf aus den unterschiedlichen Jahrhunderten. Oben ein John Sheppard, gemarkt mit Acier Fondu, etwa auch aus dem Bereich um 1780, unten ein Wolf von John Barber, etwa um 1840-1850.

IMG_20230207_101729112.jpg


Gut scharf! hatzicho
 
Sieht für mich aus, als dienten die Hunde dem Beschweren der Beine. Damit man nicht vornüberkippt bzw. um die Lage zu stabilisieren?

Da hattest du offensichtlich recht.


Die Hunde im Bild der französischen Messerschleifer an der Durolle dienen übrigens dazu, und das ist kein Witz, dem Schleifer ein Gegengewicht zu geben, da er ja beim Langmesserschleifen einen hohen Druck mit dem Messer auf den Schleifstein ausüben musste und dadurch das Momentum ihn nach unten zog.

Sehr spannend, vielen Dank!
 
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