Forum der Rasur

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Rasiermesser des 18. und frühen 19. Jahrhunderts

@SolingerStahl und @Hatzicho's Kotten,
ich finde das hier ist der beste Thread zum Thema Rasiermesser und Stahlwarenherstellung überhaupt und die meiste Zeit lese ich staunend mit und bin beeindruckt, auf welchem Niveau ihr Euch die Bälle zuspielt und darüber hinaus Eurer Wissen mit zahlreichen passenden Beispielen aus Euren Messer-Sammlungen belegt und hier teilt.

Ich hoffe auch, daß es noch eine Weile weitergeht.
Deshalb möchte ich gerne mein ältestes Messer zeigen. Mir wurde gesagt, es sei um 1820 entstanden. Ursprünglich bin ich davon ausgegangen, daß es sich um ein französisches Messer handelt. Ich hatte es Peter auch schon einmal über PN gezeigt und nach seiner Einschätzung ist es höchstwahrscheinlich ein englisches Messer. @SolingerStahl, Du kennst dieses Messer vermutlich am besten ;). Kannst Du eventuell noch etwas zur Bestimmung beitragen?

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Hallo Michael @MaydayGuard , schön zu sehen, daß dieses seltene Messer erneut wieder in gute Hände gekommen ist...!
Als ich es damals bekommen habe, war es sehr verschliffen und das handgravierte Knochenheft schrie immer nach Ausbesserung oder Ersatz, aber irgendwie konnte ich mich nur dazu überreden die Klinge zu begradigen und auch Toni @Fila Brasileiro war der Meinung man solle die Geschichte des Messers würdigen indem man das Heft so beläßt...
Wie auch immer, ich habe zu dem Messer damals viel recherchiert und nie ein gleiches oder einen Hinweis zu dem S mit 5 Sternen und Keltenkreuz gefunden, bin aber immer sicher gewesen, daß es ein SMITH aus Sheffield war.
Im 1774er Sketchley Directory ist GEORGE SMITH & SONS Peacroft mit dem S und dem Keltenkreuz registriert.
Im 1787er Gales&Martin Directory hat THOMAS SMITH ScotlandSt. die beiden Zeichen übernommen.
Die 5 Sterne können durch einen Zusammenschluß mit einem anderen Fabrikanten dazu gekommen sein...
Im 1849er Sheffield Directory ist SMITH & HAWKSLEY Razor Manufacturers 118 RockinghamSt. gelistet... zusätzlich WILLIAM SMITH Razor Manufacturer (S.&Hawksley) StantonBroom an seinem eigenen Standort... aber auch THOMAS SMITH Razor Maufacturer SuffolkWorks 228 ShrewsburyPlace ... das passt schon eher zum Herstellungszeitraum des Messers, einer von denen wird es hergestellt haben. Da aber SMITH in Sheffield genau so mühsam zu recherchieren ist, wie SCHMITZ in Köln könnte es noch etwas dauern, bis man sich da festlegen kann...

Mit scharfen Grüßen aus der Klingenstadt
Rainer
 
Aber nun mal wieder zurück zu den frühen Stubtail-Rasiermessern, obwohl ich davon schon soviele gezeigt habe, daß mir die jetzt so langsam ausgehen... :rolleyes:

Hier jetzt ein G. JOHNSON & Co. mit dem HAMMER Markenzeichen (noch ohne die 7 Sterne) und einem schön erhaltenen PLURIBUS UNUM LIBERTY Hornheft, auf dem der US-Freiheitsadler mit den Sternen der damals noch 14 US-Staaten und Persönlichkeiten wie PREBLE, WASHINGTON, FRANKLIN und SHAKESPEARE abgebildet sind...

Johnson,G.&Co. Sheffield HAMMER 6-8 SQ Stub Horn PLURIBUS UNUM Preble,Washington,Franklin,Shak...jpg


...was eine Datierung von 1791 (Vermont wurde 14. US-Staat) bis 1835 (Johnson registriert den HAMMER + 7 STERNE) zuläßt. Hier scheint aber das Heft älter als die Wedge-Klinge zu sein, die ich um 1810-20 einstufen würde. Vermutlich wurde das gepägte Hornheft mal als Ersatzheft für das übliche glatte Hornheft verbaut.

Johnson,G.&Co. Sheffield HAMMER 6-8 SQ Stub Horn PLURIBUS UNUM Preble,Washington,Franklin,Shak...jpg


Hier noch eine GEORGE JOHNSON & CO. Werbeanzeige von 1835 mit dem neuen HAMMER & 7 STARS und dem 1698er PIPE & DART Markenzeichen, das ehemals von BRADSHAW und LINLEY verwendet wurde, die es zu dieser Zeit jedoch nicht mehr als Hersteller gab..

Johnson,G. Sheffield 1835 Hammer&7Stars + 1698 Pipe&Dart TM Werbung.jpg


Mit scharfen Grüßen aus der Klingenstadt
Rainer
 
Hier noch ein Sheffielder stubtail umme 1800 rum, eher 1810-20... ein MILNS WARRANTED mit dem HORSESHOE brand im VULCANITE- (Hartgummi) -Heft mit Silbereinlage. Auffällig ist hier der stark durchgebogene Rücken der NearWedge Klinge.

Anhang anzeigen 102467

Charles Milns , 1816 ansässig in der Burgess Street, 1825 dann 14 Union St. hatte die Wortmarke MILNS wohl von seinem Vater Benjamin übernommen.

Anhang anzeigen 102468

Viel mehr konnte ich aber bisher auch nicht herausfinden... Bei der Recherche findet man immer wieder verschiedene Schreibweisen des Namens ...
Vielleicht weiß Peter @Hatzicho's Kotten mehr...?

Mit scharfen Grüßen aus der Klingenstadt
Rainer

Ok mal der Reihe nach, wo ich stehengeblieben war….. – Wahnsinn was hier los ist! o_O
Herzlichen Dank an Alle, die Mitmachen!

Zu dem Milns gibt es tatsächlich nicht allzu viele Informationen. Das Messer ist, klar erkennbar durch die Schulter und den gekrümmten Rücken, nach 1800 einzuordnen, also etwa um 1820 +/- herum.
Tweedales kennt nur einen Albert Milns, der aber erst später aktiv war. Demnach dürfte es sich bei dem Hersteller um keine größere Firma gehandelt haben, so sie denn direkt in Sheffield ansässig war.
Im Sketchley Directory von 1774 taucht der Name noch nicht auf, wohl aber bei Gales & Martin 1787. Hier ist ein Benjamin Wilns in Worrall als sogenannter Spotted Knifes Maker verzeichnet. Nun was waren Spotted Knifes?
Man findet den Begriff heute kaum noch, obwohl im Gales & Martin etwa 85 Hersteller in Sheffield und der Umgebung (in Sheffield selbst sind nur 9 verzeichnet) aufgeführt werden.
Das Yorkshire Historical Dictonary gibt Aufschluss, um was es sich bei diesen Messern handelte:

Die Herstellung von so genannten gepunkteten Messern war im Besteckhandel weit verbreitet. Hornschalen wurden gebrannt oder "gefleckt", um Schildpatt zu ähneln, und ein Verzeichnis von 1787 listet 85 Hersteller in und um Sheffield auf, die auf diese Technik spezialisiert waren. Es handelte sich um ein preisgünstigeres Produkt, für einkommensschwächere Käufer.

In nachfolgenden Verzeichnissen taucht das Produkt überhaupt nicht mehr auf, war also anscheinend eine sehr kurzfristige Mode-Erscheinung, trotz der vielen Hersteller. Im Robinson von 1797 ist Benjamin Milns (allerdings falsch geschrieben als MILLS) dann auch unter penknife makers zu finden, also Taschenmesser-Hersteller, immer noch in Worrall.

Der einzige tatsächliche Rasiermessermacher scheint wirklich Charles Milns gewesen zu sein, der 1816 im England Commercial Directory von Wardle & Pratt erstmals gelistet ist und dann eben im Gell Verzeichnis von 1825, das Du bereits gezeigt hast. Das passt zeitlich ja auch gut zu dem Messer, so dass immerhin eine gute Chance besteht, dass er derjenige war, der das Messer auch hergestellt hat.

Gut scharf! hatzicho
 
Das ist ein altes Teil, vermute aber eher Ende 19'tes Jhdt.
Aus Solingen.
Daniel Herder Ohligs-Solingen
Anhang anzeigen 102555Anhang anzeigen 102554Anhang anzeigen 102553Anhang anzeigen 102556Anhang anzeigen 102557Anhang anzeigen 102559
Ohne die später immer noch dazu mit aufgeprägte Krone oder Kleeblatt

Noch unbearbeiteter Fundzustand. Mal bei Zeiten schärfen.
Gut scharf!
Nun nach mehrtägiger Restaurierung wartend auf den Einsatz.20230213_214933.jpg20230213_215527.jpg

Weiß jemand ungefähr das Baujahr?
 
shafour schrieb:

Nun nach mehrtägiger Restaurierung wartend auf den Einsatz. Anhang anzeigen 102912 Anhang anzeigen 102913

Weiß jemand ungefähr das Baujahr?

Wer lesen kann hat's leichter
Hmmmmm... Handschliff Near Wedge... wohl doch noch vom alten Daniel Herder Sr. vor 1883 ...
Sieht nach einer Klinge aus der Zeit um 1860-1880 aus... leider ist die Stelle wo die # steht wohl weggeschliffen oder es gab nie eine #...
 
@SolingerStahl und @Hatzicho's Kotten,
ich finde das hier ist der beste Thread zum Thema Rasiermesser und Stahlwarenherstellung überhaupt und die meiste Zeit lese ich staunend mit und bin beeindruckt, auf welchem Niveau ihr Euch die Bälle zuspielt und darüber hinaus Eurer Wissen mit zahlreichen passenden Beispielen aus Euren Messer-Sammlungen belegt und hier teilt.

Ich hoffe auch, daß es noch eine Weile weitergeht.
Deshalb möchte ich gerne mein ältestes Messer zeigen. Mir wurde gesagt, es sei um 1820 entstanden. Ursprünglich bin ich davon ausgegangen, daß es sich um ein französisches Messer handelt. Ich hatte es Peter auch schon einmal über PN gezeigt und nach seiner Einschätzung ist es höchstwahrscheinlich ein englisches Messer. @SolingerStahl, Du kennst dieses Messer vermutlich am besten ;). Kannst Du eventuell noch etwas zur Bestimmung beitragen?

Anhang anzeigen 102657
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Nun das Zeichen ist leider definitiv nicht in den Markbücher der Cutlers Company eingetragen. Wie bereits weiter vorne erwähnt, war die Eintragung neuer Markzeichen ab 1814 aber nicht mehr absolut verbindlich. Es entstanden neue oder abgewandelte alte Zeichen, die nicht mehr registriert wurden. Dein Messer ist wie gesagt, etwa in den Zeitraum 1820-1850 zu datieren, d.h. es kann durchaus ein Sheffielder Messermacher gewesen sein, zumal das Zeichen an sich - mit Malteserkreuz, Buchstaben und Sternen- sehr typisch für Sheffield ist. Könnte allerdings aufgrund der etwas verspielten Form auch einen Ursprung bei den Londoner Cutler haben. Vielleicht ergibt die Spur ja etwas, mal recherchieren.
Wie auch immer, ich habe zu dem Messer damals viel recherchiert und nie ein gleiches oder einen Hinweis zu dem S mit 5 Sternen und Keltenkreuz gefunden, bin aber immer sicher gewesen, daß es ein SMITH aus Sheffield war.
Im 1774er Sketchley Directory ist GEORGE SMITH & SONS Peacroft mit dem S und dem Keltenkreuz registriert.
Im 1787er Gales&Martin Directory hat THOMAS SMITH ScotlandSt. die beiden Zeichen übernommen.
Natürlich ist ein Smith als Hersteller nicht abwegig. Ein Thomas Smith taucht auch in Sketchley's Driectory schon auf, allerdings als Spring Knife Cutler und ansässig auf der Broadlane. Wenn man sich sein Zeichen 1774 aber ansieht, so sind hier bereits alle "Zutaten" in einem Markzeichen qualitativ vorhanden, wenn auch leider nicht in der richtigen Quantität:

Smith Thomas Sketchleys Malteserkreuz.jpg


Gut scharf! hatzicho
 
Im 1774er Sketchley Directory ist GEORGE SMITH & SONS Peacroft mit dem S und dem Keltenkreuz registriert.
Im 1787er Gales&Martin Directory hat THOMAS SMITH ScotlandSt. die beiden Zeichen übernommen.
Die 5 Sterne können durch einen Zusammenschluß mit einem anderen Fabrikanten dazu gekommen sein...
Im 1849er Sheffield Directory ist SMITH & HAWKSLEY Razor Manufacturers 118 RockinghamSt. gelistet... zusätzlich WILLIAM SMITH Razor Manufacturer (S.&Hawksley) StantonBroom an seinem eigenen Standort... aber auch THOMAS SMITH Razor Maufacturer SuffolkWorks 228 ShrewsburyPlace ... das passt schon eher zum Herstellungszeitraum des Messers, einer von denen wird es hergestellt haben. Da aber SMITH in Sheffield genau so mühsam zu recherchieren ist, wie SCHMITZ in Köln könnte es noch etwas dauern, bis man sich da festlegen kann...

Mit scharfen Grüßen aus der Klingenstadt
Rainer
Smith & Hawksley kann man wohl als Hersteller von Michael's @MaydayGuard Messer ausschliessen, die Gründung war erst 1845 und sämtliche bekannten Rasiermesser tragen das Zeichen "N KREUZ S unter einer KRONE".

Smith & Hawksley Sheffield (N+S under crown) 7-8 BN silverpinnedBone $50 aarauctions a1.jpg

Bleiben also vorerst noch WILLIAM SMITH Razor Manufacturer (der dann 1845 mit William Brown Hawksley zusammenging) bei StantonBroom an seinem ursprünglichen Standort und THOMAS SMITH Razor Maufacturer SuffolkWorks 228 ShrewsburyPlace, der ein Sohn des im 1774er Directory eingetragenen Thomas Smith Spring Knife Cutler bei Broadlane gewesen sein könnte...
Bin gespannt, ob sich das noch weiter eingrenzen läßt...


Mit scharfen Grüßen aus der Klingenstadt
Rainer
 
Nun, da wir jetzt schon mal bei dem Namen sind, hier mal zwei Vertreter unterschiedlicher Smith Rasiermesser aus dem 18. Jahrhundert.
Ein George Smith, von dem schon die Rede war, gemarkt Malteserkreuz und Name SMITH.

IMG_20230215_113843031.jpg


George Smith war Mastercutler in Sheffield im Jahre 1749. Zu seiner Zeit war er einer der prominentesten Schneidwarenfabrikanten.

Smith Master Cutler 1749.jpg


Das Messer weist eine Besonderheit auf, die man nicht so häufig bei den Sheffielder Messern des 18. Jahrhunderts findet. Neben der gestempelten Marke auf dem Erl, hat sich der Hersteller auch auf dem Rasiermesserrücken verewigt.

IMG_20230215_113913005.jpg


Hier steht zu lesen: GEO SMITH MAKER

Das Messer wurde also sicherlich von George Smith selbst gefertigt. Es ist somit etwa zu datieren auf 1750 – 1770.
Ab ca. 1770 firmierte die Company unter George Smith & Sons.

Das zweite Rasiermesser ist gemarkt G. Smith und stammt aller Wahrscheinlichkeit von Georgius Smith.

IMG_20230215_114027035.jpg


In Sketchley’s Directory von 1774 wird er unter Rasiermesserschleifer in der Scotland Street in Sheffield gelistet.

G_Smith Sketchleys.jpg


In späteren Verzeichnissen taucht der Name nicht mehr auf. Zu datieren wäre das Messer damit – unter Berücksichtigung der bereits mehrfach erläuterten typischen Delle im vorderen Rückenbereich - etwa in die Jahre 1760 – 1780. Es hat keine eingeschlagene Namenskennung auf dem Rücken.

Nicht ganz klar ist, warum überhaupt von einigen Herstellern der Rücken gesondert noch einmal gestempelt wurde. Möglicherweise natürlich, um Verwechslungen mit Namensvettern zu vermeiden. So hat George Smith seine Messer zeitweise ebenfalls mit G.Smith auf dem Erl gestempelt, also analog zu Georgius im etwa gleichen Zeitraum. Diese Messer von George Smith tragen dann aber die bekannte Rückengravur. Bei Fikira auf seiner phantastische Webseite sind einige Stücke davon zu bewundern.

Vielleicht war die Rückengravur aber auch eine besondere Auszeichnung oder sollte den Stolz des Meisters über sein Werk dokumentieren. Ich kenne nur etwa eine Handvoll Rasiermessermacher, die mit dieser Besonderheit – ihrem Namen und dem Zusatz „Maker“ - ihre Messer geschmückt haben. Und alle waren bekannte Meister ihres Fachs im 18. Jahrhundert, teilweise sogar Mastercutler der Company of Cutlers.

Gut scharf! hatzicho
 
Hallo Obihörnchen,

ja über George Packwood hatte ich weiter vorne bereits geschrieben. Nun Dein Messer gehört zweifelsfrei zu den Spätwerken von Packwood. Die Schulter voll ausgeprägt, der Erl recht schmal, kein sogenanntes Stubtail – also keine verkürzte Angel.
Die Prägung Warranted wurde bis etwa Mitte des 19. Jahrhunderts genutzt, es gibt auch VR gestempelte Rasiermesser mit dem Warranted Zeichen.

Auch mit dem Begriff „Patent Steel“ kann man leider nicht allzu viel anfangen. Er deutet in jedem Fall auf die Zeit nach der Verwendung des „Cast Steel“ hin, der bis etwa 1830 zum Einsatz kam. In den 1820 und danach tat sich sehr viel bei der Stahlherstellung, viele neue Stähle und Verarbeitungsverfahren wurden entwickelt und patentiert. So beispielsweise auch der legendäre Silberstahl.

Dein Messer ist sicher nicht vor 1830 entstanden, ich würde es etwa in die Zeit um 1840 - 1850 datieren.

Gut scharf! hatzicho
 
Gehen wir doch mal nach Schweden.

Natürlich kennt beinahe jeder die berühmten Heljestrands, Tornbloms, auch vielleicht Dahlgrens und Hellmanns. Die meisten dieser Firmen wurden aber erst in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts gegründet (Dahlgren 1870, J.A. Hellberg 1891, Klas Tornblom 1900) oder hatten ihre Hochzeit - die Rasiermesserproduktion betreffend - im 20. Jahrhundert (C.V. Heljestrand, gegr. 1808). Es gab aber auch schwedische Hersteller, die bereits im 18. Jahrhundert Rasiermesser produziert haben.

Aber gehen wir erst einmal der Frage nach, wie ist aus der kleinen Stadt Eskilstuna überhaupt ein skandinavisches Sheffield oder schwedisches Solingen geworden. Nun daran haben auch die Deutschen und Sheffielder einen Anteil.
Aber zunächst ein kleiner Vergleich. Um 1800 herum betrug die Einwohnerzahl in Eskilstuna ca. 1.500. In Sheffield lebten zu dieser Zeit etwa 46.000 Menschen. 1875 war die Bevölkerung in Eskilstuna auf immerhin 7.000 angewachsen – in Sheffield waren zu der Zeit bereits mehr als 15.000 Beschäftigte allein in der Schneidwarenindustrie angestellt. In Solingen betrug die Zahl der Berufstätigen in der Schneidwarenbranche zu dem Zeitpunkt etwa 50% im Vergleich zu Sheffield.

Eskilstuna war aber bereits seit dem Mittelalter bekannt für seine Produktion an Metallwaren. Im Jahr 1658 holte der damalige schwedische König Karl X. Gustav den Schmied und Kaufmann Reinhold Rademacher nach Eskilstuna, um der ansässigen Metallwarenindustrie neuen Auftrieb zu geben. Rademacher stammte aus Litauen, seine Vorfahren waren wohl deutschen Ursprungs. Er gründete eine eigene Siedlung nur für Metallwarenfabrikation. Sie ist noch heute bekannt unter dem Namen Rademacherschmieden -Rademachersmedjorna- und ist eines der ältesten Industriemuseen überhaupt. Wer mal in Eskilstuna ist, sollte hier unbedingt einen Besuch abstatten.

Im 18. Jahrhunderts wurden Klingen- und Messerschmiede zunächst aus Deutschland, später auch aus Sheffield angeworben, um die Schneidwarenindustrie weiter zu beleben.

Wer tiefer in die Geschichte Eskilstunas und auch anderer europäischer Standorte der Klingenherstellung einsteigen möchte, dem sei hier das Buch „Schneidwarenindustrie in Europa“ (Rheinland-Verlag GmbH, Köln 1994) empfohlen, aus dem auch für diesen Beitrag einige Daten entnommen wurden.

Nun aber zurück zu den Rasiermessern. Im Stadtmuseum von Eskilstuna finden sich folgende Ausstellungsstücke:

Grönstrand Museum Eskilstuna.jpg


Dazu steht zu lesen: Zwei Rasiermesser mit Prägestempel, hergestellt von Nils Grönstrand, der in Eskilstuna-Freistadt Messerschmied, Schleifer und Meister war. 1801 wurde er zum Stadtrat in Eskilstuna gewählt.

Nun das untere Messer ist hier sicher falsch platziert, es trägt auf der Rückseite den Stempel der Pfeife mit gebogenem Stiel und Pfeil, ist sicher Georg Wostenholm zuzuschreiben und mit seinen Merkmalen, auch wenn evtl. nachgeschliffen, eher in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts oder gar später einzuordnen. Aber das ober Messer dürfte unzweifelhaft von Nils Grönstrand hergestellt worden sein, es trägt den Stempel der Pfeife und darunter das gekrönte „E“.
Das Foto hat mir freundlicherweise mein Freund Torbjörn Erikssen zur Verfügung gestellt, der in Schweden lebt und eine Webseite unterhält, die sich mit historischen Messern aus Eskilstuna beschäftig. Hier zu finden: https://eskilstunaknivar.se/

Im Laufe der Jahre haben sich auch zu meiner Sammlung einige Grönstrand Messer gesellt, die ich im Folgenden kurz vorstellen möchte.



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Auch wenn das gekrönte E nicht bei allen Messern eindeutig zu sehen ist, sondern die Prägung häufig etwas verwischt wurde, so bestätigt doch die Betrachtung unter der Lupe die Herkunft recht eindeutig. Interessant ist auch, das sämtliche Messer mit Holzheft die gleiche Form und auch die identische Vernietung aufweisen, das damit auch als original angesehen werden kann.

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Die Qualität der Grönstrand Rasiermesser ist im Hinblick auf Formgenauigkeit und Qualität des Schliffes herausragend! Nur wenige Sheffielder Messer erreichen diesen Grad an Genauigkeit. Doch dazu in einem anderen post mehr.

Hier jetzt noch einmal das erst kürzlich erworbene Prunkstück meiner kleinen Grönstrand Sammlung. Deutlich erkennbar ein Rasiermesser des späten 18. Jahrhunderts, der Erhaltungszustand ist nahezu NOS. Hier mal nicht gemarkt mit Pfeife, sondern dem Namen Grönstrand.

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Gut scharf! hatzicho
 
Wow! Das letztgezeigte Messer ist nicht restauriert? Das wäre ja ein Wunder, wie es soetwas durch die letzten 250 Jahre geschafft hat. Auch das Elfenbein noch strahlend hell! Wie aus der Schatzkammer! Sehr beeindruckend!
 
Wow! Das letztgezeigte Messer ist nicht restauriert? Das wäre ja ein Wunder, wie es soetwas durch die letzten 250 Jahre geschafft hat. Auch das Elfenbein noch strahlend hell! Wie aus der Schatzkammer! Sehr beeindruckend!
Nein, in der Tat habe ich ausschließlich die Nieten, die angelaufen waren, etwas aupoliert und zwei schwarze Flecken auf dem Rücken des Messer weggepliestet, sowie ein wenig Rost auf dem Erl im Breich des Nietes entfernt. Der Klingenbereich selbst wurde von mir nicht angetastet und man sieht auch keine typischen Spuren eines Nachschliffs. Wenn - und ausschließen kann man das sicher nie - wurde das Messer absolut professionell aufbereitet. Dagegen sprechen aber die schwarzen Flecken auf dem Rücken, die doch relativ tief waren und bei einer Restauration beseitigt worden wären sowie der vorhandene Rost unter dem Erlniet. Das Messer war auch nie rasurbereit geschärft, eine grobe Facette war gesetzt, allerdings nicht durchgeschärft.

Gut scharf! hatzicho
 
Bin mir nicht sicher, ob das Messer hier rein passt. Die "silver steel" Markierung u d die bereits leicht gebogenen Griffschalen lassen auf ein Datum nach 1820 schließen. Die Krone, könnte die Sheffield town Mark sein. Es gibt eine Reihe von maker marks, mit den Initialen JB, aber ich konnte keines eindeutig zuordnen. Würde mich freuen, wenn jemand genaueres dazu wüsste.

IMG_20230303_192403.jpg
 
Das Messer sollte ca. 1820-40 gefertigt worden sein und müsste eigentlich von JOHN BARBER & SON 29 Norfolk Street sein...
Ich kann bisher aber noch keinen Nachweis für das Zeichen CROWN + JB finden...
Vielleicht weiß Peter @Hatzicho's Kotten da mehr...
Vielen Dank für deine Rückmeldung. Sowohl die zeitliche Einordnung, als auch die Annahme, dass es sich um John Barber handeln könnte, deckt sich mit meinen Vermutungen. Mir ging es aber genau wie dir, dass ich in den Verzeichnissen nirgends diese Kombination der Symbole gefunden habe.
 
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