Forum der Rasur

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Rasiermesser des 18. und frühen 19. Jahrhunderts

Rainer, vielen Dank für die ausführliche Antwort! Mein Vater hat sich sehr gefreut über diesen ungeahnten Schatz! Er hat aber selber keine emotionale Bindung dazu... mal schauen! :)
 
Hier mal ein Ferrara, gerade ausgepackt.

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In den Directories ist die Marke nicht zu finden....

Gott sei Dank aber in Dr. Unwinn's Markbüchern. Jonathan France registrierte "FERRARA" im Jahr 1774. Aus der Anfangszeit dürfte das Messer auch stammen. Zum einen zeigt es die typische Delle im vorderen Kopfbereich des Rückens, was es in die Zeit vor 1790 datiert. Die Angel hinten ist sehr kurz und breit, abgerundet. Hier würde ich sagen, maximal 1780. Die Schalen aus Holz gesägt, unten in einem Stück, nicht vernietet.

Das einzige Exemplar, was ich bisher zu Gesicht bekommen habe. Lange scheint Jonathan France keine Rasiermesser hergestellt zu haben. Im Gales&Martin Directory von 1787 wird er als Feilenmacher geführt, allerdings mit anderem Markzeichen.

Das Messer scheint reichlich benutzt worden zu sein. Die Schneide ist noch scharf und zeigt beim Durchzug über den Daumennagel keinerlei Ausbrüche. Beim Schärfetest am Daumennagel beist sie über der gesammten Länge sofort ein. Haartest besteht sie zwar nicht, aber mit ein paar Zügen über den Thüringer bin ich sicher, ist sie rasurbereit.
Schade, dass ich die Rasur heute schon hinter mir habe.

Immer wieder schön, diese alten Schätzchen.....

Gut scharf! hatzicho
 
Ich fang mal so an…
Meine Tochter sollte einen Vortrag für die Schule machen, bei welchem sie den ältesten Gegenstand, welchen die Familie besitzt, mitbringen und vorstellen sollte.
Da fiel mir ein, mein Opa hat mir vor 30 Jahren ein Rasiermesser geschenkt, welches er schon von seinem Opa bekommen hat. Nun bin ich über dieses Forum gestolpert und habe mit Faszination festgestellt, wie weitreichend das Thema ist.
Nun bin ich noch nicht so richtig schlau geworden und möchte gern eure Hilfe, um mal eine Einschätzung zum Alter und der Geschichte des Messers zu bekommen.
Anbei ein paar Fotos von meinem guten Stück.
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Ich hoffe ein paar aussagekräftige Bilder gemacht zu haben und hoffe die helfen zur Einordnung.
 
@Merlin
Ich bin nicht wirklich de Experte für diese alten Dinger, aber auf den ersten 2 Seiten hier im Thread findest du vieles zum Alter.


Bengall war eine Marke von Thomas R. Cadman & Sons Sheffield.

"Die Marke Bengall wurde meines Wissens erstmals von Luke Cadman 1748 eingetragen und noch bis zur Schließung der Firma 1965 verwendet. Die Punze "Cast Steel" (Gussstahl) dürfte auf eine Produktion vor/bis 1855 hindeuten, da sich später in Sheffield vorwiegend "Silver Steel" durchsetzte. (Auszug aus eine Post von Hellas)

Hier mehr zu Bengal


Ich würde dein Messer auf 1750-1790 datieren. Die gerade Linie vom Erl bis zu Schneide und Stubtail deutet darauf hin. Nur dass dann etwas Verschliff durch nachschärfen hinzukommt. (PS: im oberen Link ist eine Serie von Bengalls zu sehen. Die Punze vom Ältesten (1750) ist wie bei deinem auch getrennt geschrieben)
 
Zuletzt bearbeitet:
Auf dem 5. Bild könnten Buchstaben auf der Heftschale erkennbar sein. Ob das tatsächlich so ist, konnte ich nicht erkennen. Falls aber tatsächlich Buchstaben vorhanden sein sollten, könnten diese für einen Namen stehen.
Da sich nicht jeder selber mit dem Rasiermesser rasieren konnte, wurde das eigene Rasiermesser früher oft beim Barbier des Vertrauens abgegeben. Dieser hat dann die betreffende Person mit ihrem eigenen Rasiermesser rasiert. Um die verschiedenen Rasiermesser auseinanderhalten zu können, wurde jedes Messer mit einem Namen versehen. Ich kenne dies von französischen Barbieren her.
In Bayern wird diese Vorgehensweise von vielen Gastwirten mit Bierkrügen praktiziert.
 
Rasieren die die Gäste damit?

Eingeseift werden sie ja schon bei den Preisen…

Bestimmte Gäste haben ihren eigenen Bierkrug. Und den lagert der Gastwirt an einem bestimmten Ort. Aus diesem Bierkrug darf nämlich niemand anderes trinken als eben der exklusive Gast. Das Gleichheitsprinzip gilt hier nicht mehr und wird schlichtweg einfach übergangen. Diese Maßkrüge unterscheiden sich auch von allen anderen normalen Bierkrügen. Sie sind sehr oft mit Verzierungen versehen, haben einen zusätzlichen Deckel und sehen "edler" aus. Aus diesen Bierkrügen trinken nur sehr exklusive Kunden, zum Beispiel ein Herr M. Söder.
 
Bestimmte Gäste haben ihren eigenen Bierkrug. Und den lagert der Gastwirt an einem bestimmten Ort. Aus diesem Bierkrug darf nämlich niemand anderes trinken als eben der exklusive Gast. Das Gleichheitsprinzip gilt hier nicht mehr und wird schlichtweg einfach übergangen. Diese Maßkrüge unterscheiden sich auch von allen anderen normalen Bierkrügen. Sie sind sehr oft mit Verzierungen versehen, haben einen zusätzlichen Deckel und sehen "edler" aus. Aus diesen Bierkrügen trinken nur sehr exklusive Kunden, zum Beispiel ein Herr M. Söder.
Finde ich saucool. Wusste ich nicht, dass es sowas noch gibt.
 
Vielen Dank für deine Einschätzung!
Ist schon erstaunlich, wie viel Geschichte in so einem Rasiermesser steckt und wie viele Generationen so ein Gegenstand schon gesehen hat.
Wo wurden die Messer denn hergestellt?
 
Wenn ich richtig recherchiert habe, dann habe ich auch ein Schmuckstück, das hierhin passt. Und zwar ein Messer von Mottram & Sons aus Sheffield. Über Thomas Mottram gibt es unterschiedliche Angaben im Internet. Ich beschränke mich Mal auf die Sheffield Directories. Demnach war Thomas Mottram zwischen den Jahren 1841-1871 an 3 verschiedenen Adressen unter Mottram & Sons registriert. Unter anderem an der Eyre Lane ab 1841, wo auch andere Messerhersteller wie Wade & Butcher registriert waren. Da Thomas Mottram mit allerlei Eisenwaren gehandelt hat, dachte ich zuerst, dass er vielleicht bei einem der größeren die Messer hat herstellen lassen. Das hätte die zeitliche Einordnung sehr vereinfacht. Allerdings bin ich nicht fündig geworden. Aufgrund der Messerform würde ich aber eher auf die erste Dekade ab 1841 tippen.

Das Messer kam so bei mir an:

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Das Messer habe ich mit 1200 Papier abgeschliffen, das Heft aus Presshorn (meine Vermutung) abgeschliffen und mit Balistol eingeölt. Auf Hochglanz will ich das Messer nicht haben. Nichts ist schöner als Alter mit Würde.

Jetzt sieht das Messer schon deutlich besser aus:

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Ich lasse das Balistol bis morgen früh einziehen, danach wird das Messer geschärft.
 
Seltenes Messerchen ! :daumenhoch
Ich würde es eher in der letzten Schaffenszeit von Mottram einschätzen.. Büffelhornheft mit Silberstreifen, ausgeprägte Daumenmulde und volle Adresse auf dem Erl, obwohl nicht als Razor Maker in der Rolle eingetragen...
Kann gut sein, daß es von Reynolds oder W&B für ihn geschlagen und geschliffen wurde, evtl. hat er es dann mit Heft und Schärfung fertiggestellt oder tatsächlich nur als Handelsware zur Vertriebsprogrammfüllung verkauft.

Grüße aus der Klingenstadt
Rainer
 
Seltenes Messerchen ! :daumenhoch
Ich würde es eher in der letzten Schaffenszeit von Mottram einschätzen.. Büffelhornheft mit Silberstreifen, ausgeprägte Daumenmulde und volle Adresse auf dem Erl, obwohl nicht als Razor Maker in der Rolle eingetragen...
Kann gut sein, daß es von Reynolds oder W&B für ihn geschlagen und geschliffen wurde, evtl. hat er es dann mit Heft und Schärfung fertiggestellt oder tatsächlich nur als Handelsware zur Vertriebsprogrammfüllung verkauft.

Grüße aus der Klingenstadt
Rainer
Also eher 1860-1870? Deine Einschätzung ist sicherlich viel fundierter als meine. So wird es sein. Besten Dank.
 
Ganz offensichtlich reichen meine Schärfkünste für das Mottram Messer nicht aus. Heute musste ich die Rasur abbrechen. Auch nach dem zweiten Schärfversuch gelingt der HHT nicht auf voller Länge. Frustrierend. Dabei habe ich schon einige lächelnde Messer geschärft, wobei keines davon aber so sehr lächelt wie das Mottram. Da ich keine Messer besitzen möchte, die ich nicht benutze, geht das Mottram wohl in Mitgliederhandel :headbanger1
 
Wenn ich richtig recherchiert habe, dann dürfte dieses Schätzchen aus der Zeit 1820-1830 stammen:

John Bingham Criterion Razor

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Der Zustand war nicht so gut, die Klinge war sehr mitgenommen:

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Da es draußen regnet und ich sonst nichts zu tun habe, habe ich das Messer versucht wieder halbwegs passabel herzurichten.

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Ich bin mit den Ergebnis zufrieden. Gleich kommt das Messer noch auf die Steine und morgen früh ins Gesicht.
 

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Mir sind zwei sehr schöne Rasiermesser zugeflogen, die ich euch nicht vorenthalten möchte. Beide dürften von ca. 1800 sein, vielleicht etwas älter. Das eine dürfte ein Birks sein, wie das eine, das bereits @Hatzicho's Kotten vorgestellt hat. Bei dem anderen habe ich gar kein Plan, welcher Hersteller dahinter stecken könnte:
IMG_20240208_200120.jpg
IMG_20240208_200101.jpg

Ich meine, ich hätte irgendwo eine Marke mit einer Pfeife und einem "E" gesehen. Vielleicht war da Mal eine Pfeife eingestanzt:

IMG_20240208_200133.jpg
 
Sehr schöne Messer Sakaltras!
Beide klar 18. Jahrhundert. Das Messer mit der Pfeife allein kann ein Birks sein, muss aber nicht. In den Sheffielder Markbüchern sind insgesamt mehr als 130 verschiedene Einträge verzeichnet, die eine Pfeife allein oder in Kombination mit Buchstaben oder anderen Zeichen zeigen.
Das zweite Messer ist relativ deutlich ein Grönstrand. In Beitrag 114 hier im thread zwei Seiten vorher habe ich ausführlich darüber berichtet.

Gut scharf! hatzicho
 
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