Eurasisch aufgefrischt…oder heute mal Sushi mit Pommes Frites
Mein Wacker „Best Tradition“ war ja mit mein erstes Messer aus der „Oberliga“, will sagen, es war eines der ersten neuen Messer die nicht nur Qualitativ sondern auch preislich weitaus höher anzusiedeln sind, als meine Übungsmesser. Das Schärfen zu dem frühen Zeitpunkt meiner eigenen Schärfversuche war auch eher aus der Not heraus geboren, denn ich hatte seinerzeit bei dem noch ungenutzten Messer kleine Roststellen entdeckt, man denkt sich kein Problem, doch diese waren direkt an der Schneidkannte und ein ignorieren hätte mit Sicherheit größere Schäden zur Folge gehabt. Daher habe ich es seiner Zeit (25.10.23), trotz wenig Kenntnis und Übung auf die Steine gebeten um die Schadstelle zu egalisieren. Das Ergebnis war ein rasurbereites Messer mit bereinigter Schneidkannte und war seit dem natürlich auch einige Male im Einsatz. Nun bin ich der Meinung, dass es an der Zeit ist, meine bisherigen Erfahrungen in eine neuerliche Steinzeit einfließen zu lassen, denn auch das Ergebnis der ersten Auffrischung (05.04.24) läßt so langsam nach.
Gedacht habe ich aber nicht an einen neuen Komplettaufbau der Schneidkannte, sondern „nur“ an eine Auffrischung, denn die Schneidkannte/Facette ist mir seinerzeit doch recht gut gelungen, sehr schmal und auf beiden Seiten symmetrisch. Vom Grunde her war ich angeregt durch diesen, doch schon „etwas“ älteren
Thread und meine bisherigen Erfahrungen, die ich mit den Belgiern (GBB & BBB) bereits machen konnte.
Letztendlich war es aber wieder die Neugier und wohl auch der Spieltrieb, die das Kommando übernommen haben…
Ich plane, die schnelle und vor allem nahezu risikofreie Schärfleistung meiner japanischen synthetischen Steinen (jSyn), den NANIWA‘s, mit der Leistung meines Gelben Belgischen Brockens (GBB) als Finisher zu kombinieren. Ob diese Kombi sinnvoll ist oder nicht, wurde schon hier und da erörtert und es gibt da sicherlich Befürworter und Ablehnende, wie so oft gilt hier wohl ein „…jedem das seine…“. Was verspreche ich mir? Mit den NANIWA‘S eine Auffrischung der Schneidkannte in Schärfe und neue homogenität, mit dem GBB ein letzten Zugewinn an Schärfe und gleichzeitige Sanftheit eines Natursteinfinish. Ob das alles so funktioniert wird sich dann mit Sicherheit bei der Testrasur zeigen, für mich gilt hier in erster Linie „Versuch macht kluch“…mit einem Gruß an den Spieltrieb.
Die Progression (1 x Tape):
- NANIWA SS 8k und 10k
- GBB
- Leder: QUERCUR Cordovan (der Spanier) und mein Selfmade-Riemen Nr.2
Bei der vorherigen Kontrolle mit dem Mikro habe ich zwar keinerlei größeren Schäden feststellen können, dennoch sah ich mit entsprechender Vergrößerung, dass die Schneidkannte doch eine gewisse Ähnlichkeit mit einer Säge hat. Das ist definitiv der hohen Vergrößerung des Mikro zu verdanken…Fluch und Segen zu gleich, mit einer Lupe oder gar mit bloßem Auge hätte das wohl niemand gesehen. So geht es nun mit 1 x Tape auf den ersten Stein, den NANIWA SS 8k. Nach 3 Sätzen* Wechselschübe ging es zur Kontrolle ob ich die Schneidkannte sauber „erwische“ erneut unters Mikro. Alles so wie es sein soll, kein Versatz, keine Bildung einer zweiten Facette, also weiter geht’s. Nach 8 Sätzen war ich der Meinung nu‘ ist gut und eine Kontrolle der Schneidkannte zeigte mir bereits eine schön anpolierte Facette, nach 1 1/2 Sätzen Zwischenledern auf meinem Self-Made Riemen Nr.2 wurde auch ein HT ganz gut gemeistert und ich entschied mich für den nächsten Stein, den 10k. Wie immer heißt es „Neuer Stein -> neues Tape“ und im Grunde genommen, folgte jetzt so ziemlich das gleiche Programm inkl. Zwischenledern wie auf dem 8k. Alles lief ohne große Änderungen ab, allerdings am Ende hat sich doch etwas getan…der HT verlief jetzt besser, er war über die gesamte Länge der Schneidkannte mit einem Haltepunkt von gut 1cm möglich.
Bei dem, was jetzt kommt, werden sich vielleicht einige fragen, warum macht er das? Zuerst mit dem 10k eine hohe Schärfe erreichen, warum denn jetzt mit dem GBB wieder „entschärfen“? Zum einen gebe ich da den Fragenden Recht, der NANIWA 10k erzeugt eine gute Schärfe, aber zum anderen ist es eine sehr aggressive, sehr harsche Schörfe, mit der ich mich nicht rasieren möchte. Man sollte auch die Art der Verwendung des GBB beachten, es gibt kein Anreiben, kein Slurry, kein Herunterverdünnen. Ich nutze den GBB unter ständig fließendem Wasser um die Bildung von Autoslurry zu verhindern. Nach gut 3 Sätzen geht’s unter das Mikro um zu sehen, ob und wie der GBB die Schneidkannte verändert. Bei sehr hoher Vergrößerung sehe ich, dass sich am äußersten Ende der Schneidkannte eine leichte „Verzahnung“ einstellt, dies führe ich auf die Granate im GBB zurück. Ansonsten bleibt der Poliergrad des NANIWA 10k weitestgehend unverändert. Wieder auf dem Stein stelle ich eine Veränderung der Klinge bei der Führung fest, die Klinge beginnt sich während der Bewegung an den Stein anzusaugen. Dieses Phänomen hatte ich bereits beim Nachsitzen des DOVO festgestellt, alles in allem deute ich es als sehr gutes Zeichen, denn es wird auch in anderen Berichten zum GBB beschrieben. Nach gut 8, 9 Sätzen kann ich auch beim Wenden der Klinge ein leises „Plopp“ vernehmen, phänomenal, das hatte ich bis jetzt noch nie so klar und deutlich vernehmen können. Ich hoffe mal, dass das alles gute Zeichen sind…
Nach gut 12 Sätzen DS heißt es Klinge abtrocknen und an die Haarkiste…wow…ein wirklich guter HT, ohne Ledern oder Handballenabzug. Der Meinung es reicht jetzt, ging es zum finalen Ledern. Zuerst für jeweils 2 Sätze DZ auf Leinen und Baumwolle, dann folgten die ersten 5 Sätze auf dem Spanier. Kurze Pause, Schärfbrause…HT, nochmal ein Wow, mit dem entsprechenden Testhaar gelingt der HT mit geeintem Haltepunkt von > 2cm. Das Finale nähert sich, 2 Sätze auf meinem Selfmade-Riemen Nr.2, jetzt auf dem Leder und zum Schluss noch 3-4 Sätze auf dem Spanier. Letzter HT, ich bin sehr zufrieden und es winkt eine Belohnung…ne‘ Schärfbrause…doch erst alles aufräumen und vor allem den Abend nicht vor der Rasur loben…oder so ähnlich…
Die Testrasur
Messer: Wacker BEST TRADITION
Pre: Amerikan Crew RÖ + RS: ToOBS Sandelwood + AS: ToOBS Sandelwood
Wie immer bei Testrasuren habe ich dazu ein bewährtes Setup gewählt, um das Rasurverhalten des Messers besser einzuschätzen und die Eindrücke dem Messer zuschreiben kann und nicht etwa einer unbekannten RS. Die ersten Züge die Wange hinab zeigten hier schon sehr klar und deutlich, da ist eine sehr, wirklich sehr sanfte Schneide entstanden…schon mal ein leises Hurra! Auch die Schärfe ist gut, im ersten DG vielleicht sogar etwas höher anzusiedeln, als eine Progression mit meinen jSyn & dem LaLune. Das macht sich für mich vor allem an meinen Problemzonen wie Kinnkannte und rechte Halsbereich bemerkbar…das Hurra wird ein bisserl lauter…auch gegen den Strich (dort, wo ich es mache) ist die höhere Schärfe bemerkbar, kein Tugging, es gibt kein haken oder aufstellen des Messers. Nach zwei DG folgt die problemlose Putzarbeit und das finale AS ist auch der Meinung, dass ich da doch schon ganz gut gearbeitet habe, keinerlei Mäkelei. Als Ergebnis kann ich eine sanfte, gründliche und vollkommen reizfreie Rasur verzeichnen…Ganz lautes Hurra!
Fazit:
Die Progression mag etwas „exotisch“ anmuten, hat aber bei dem Messer sehr gut funktioniert. Nun muss es sich zeigen, wie nachhaltig das Ganze wird und/oder ob die Progression bei etwaig anderen Messern das gleiche, wirklich gute Gesamtpaket erzeugt. Ein kleines Hoch auf den Spieltrieb…Hurra!
Gruß
Gregor
Anm.: 1 Satz sind immer 10 Wiederholungen (10x), egal ob Einzelschübe, Wechselschübe, Doppelzüge oder was auch immer womit wodrauf gemacht wird.
Als Zubehör/Werkzeug diente bewährtes: Edding, Tesa Tape, Schußzähler, Uhrmacherlupe+Stirnhalter, Bin-Mikroskop, ne’ Schärfbrause, groovige Musik und eine Menge Spaß am Ganzen!
Allen Angaben ohne Gewähr-Fehler sollen nicht passieren, tuen dies aber gelegentlich.
©by Gregor Langer